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Inseln im Strom

Inseln im Strom

Titel: Inseln im Strom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ernest Hemingway
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Füße?»
    «Sie tun nicht weh», sagte David, «nur die Hände und die Arme und der Rücken tun weh.»
    «Ich kann dir ein Kissen unter die Füße tun.»
    David schüttelte den Kopf. «Da kleben sie nur fest», sagte er. «Sie sind jetzt schon ganz klebrig. Sie tun wirklich nicht weh.»
    Der junge Tom kam aufs Peildeck zurück und sagte: «Er hat sich seine ganzen Fußsohlen aufgeschunden. Seine Hände sind auch schlimm. Er hat sich Blasen gescheuert, und jetzt sind sie alle aufgegangen. Pa, ich weiß nicht…»
    «Es ist genauso, als wenn er gegen einen starken Strom anschwimmen müßte, Tommy, oder als müßte er auf einen Berg steigen oder er säße auf einem Pferd und wäre hundemüde.»
    «Ich weiß, aber nur zugucken und nichts tun können ist furchtbar, wenn du sein Bruder bist.»
    «Ich weiß, Tommy. Jungen müssen einmal etwas durchstehen, wenn sie Männer werden wollen. David ist jetzt dabei.»
    «Ich weiß schon, Pa. Aber wenn ich seine Füße sehe und seine Hände, dann weiß ich einfach nicht…»
    «Wäre es dir lieber, wenn Roger oder ich ihn dir abnehmen würden, wenn es dein Fisch wäre?»
    «Nein. Ich würde weitermachen mit ihm, bis ich tot umfiele. Aber David zugucken ist etwas anderes.»
    «Wir müssen einkalkulieren, wie ihm zumute ist», sagte sein Vater, «und was jetzt das Wichtigste für ihn ist.»
    «Ich weiß», sagte der junge Tom hoffnungslos. «Für mich ist es eben bloß Davy. Ich weiß nicht, warum die Welt so sein muß und warum solche Sachen Brüdern passieren müssen.»
    «Das weiß ich auch nicht», sagte Thomas Hudson. «Du bist ein guter Kerl, Tommy. Nur, bitte, glaub mir: ich wäre längst dazwischen gegangen, wenn ich nicht wüßte, daß David, wenn er den Fisch bekommt, zeit seines Lebens etwas haben wird, innendrin, was ihm alles andere leichter macht.»
    Eddy sagte etwas. Er hatte wieder über die Schulter in die Kajüte geguckt und sagte: «Vier Stunden genau, Roger. Trink mal etwas Wasser, Davy. Wie ist dir?»
    «Gut», sagte David.
    «Ich werde jetzt was Nützliches tun», sagte der junge Tom, «ich mache Eddy einen Drink. Willst du auch einen, Pa?»
    «Nein, den lasse ich aus», sagte Thomas Hudson.
    Der junge Tom ging nach unten, und Thomas Hudson beobachtete David, der langsam arbeitete, müde, aber ohne Unterlaß. Roger stand über ihn gebeugt und sprach leise zu ihm, und Eddy im Heck beobachtete die Bucht der Leine im Wasser. Thomas Hudson versuchte sich vorzustellen, wie es unter Wasser sein mochte, wo der Schwertfisch jetzt schwamm. Es war dunkel, natürlich, aber wahrscheinlich konnte der Fisch sehen, wie die Pferde sehen. Es mußte sehr kalt sein. Er überlegte sich, ob der Fisch allein war oder ob ein zweiter neben ihm schwamm. Sie hatten keinen anderen Fisch zu sehen bekommen, aber das bewies noch nicht, daß der Fisch allein war. Es konnte sehr wohl noch ein zweiter bei ihm in der Dunkelheit und Kälte sein.
    Thomas Hudson überlegte sich, warum der Fisch eingehalten hatte, als er das letzte Mal auf Tiefe gegangen war. Hatte er seine größte Tiefe erreicht, wie ein Flugzeug seine größte Höhe erreichen kann? Oder hatten das Reißen an der federnden Angelrute und der schwere Druck der Leine und der Wasserwiderstand ihn entmutigt, so daß er jetzt ruhig in der Richtung schwamm, die er sich ausgesucht hatte? Gab er jedesmal nur ein wenig nach, wenn David Leine einholte, um sich das unbequeme Reißen zu erleichtern, das ihn quälte? Thomas Hudson dachte, wahrscheinlich ist es das, und David würde noch allerhand auszustehen haben, wenn der Fisch noch bei Kräften war.
    Jung-Tom hatte Eddy seine eigene Flasche gebracht, und Eddy hatte einen langen Zug daraus genommen und Tom dann gebeten, sie in die Köderkiste zu tun, damit sie kalt bleibe. «Und zur Hand hab ich sie dort auch», setzte er hinzu. «Wenn ich noch lange zugucke, wie Davy mit dem Fisch zugange ist, dann werde ich glatt zum Säufer.»
    «Ich kann sie Ihnen doch jedesmal bringen, wenn Sie wollen», sagte Andrew.
    «Bring sie ja nicht, wenn ich sie will», sagte Eddy, «bring sie nur, wenn ich darum bitte.»
    Der älteste Junge war wieder zu Thomas Hudson heraufgekommen, und zusammen sahen sie, wie Eddy sich über David beugte und ihm genau in die Augen sah. Roger hielt den Stuhl fest und beobachtete die Leine.
    «Paß mal auf, Davy», sagte Eddy zu dem Jungen und sah ihm dicht ins Gesicht. «Das mit deinen Händen und Füßen ist mir verdammt egal. Sie tun weh, und sie sehen schlimm aus, aber das

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