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Inseln im Strom

Inseln im Strom

Titel: Inseln im Strom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ernest Hemingway
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David.
    Thomas Hudson sah, wie das Windfähnchen des Vorfachs jetzt aus dem Wasser stieg.
    «Gib was mehr», sagte Roger.
    «Drehzahl erhöhen», antwortete Thomas Hudson. Er beobachtete den Fisch und hielt das Heck so, daß der Kutter denselben Kurs lief wie der Fisch. Er konnte jetzt seine ganze purpurne Länge übersehen und das große, breite Schwert an seinem Kopf, die schneidende Rückenflosse, die zwischen seinen breiten Schultern saß, und den riesenhaften Schwanz, der ihn, fast ohne sich zu bewegen, vorantrieb.
    «Gib noch was mehr», sagte Roger.
    «Drehzahl erhöhen.»
    David hatte das Vorfach jetzt so weit hoch, daß man es erreichen konnte.
    «Bist du klar, Eddy?»
    «Bin ich», sagte Eddy.
    «Paß auf, Tom», sagte Roger, beugte sich vor und griff nach der Vorfachleine.
    «Die Bremse los. Lose», sagte er zu David und holte den Fisch langsam herauf, indem er die schwere Leine hielt und zugleich an ihr holte, um den Fisch in Reichweite der Harpune zu bringen.
    Der Fisch kam herauf und war lang und breit wie ein riesiger Baumstamm im Wasser. David beobachtete ihn und behielt das Ende der Angel im Auge, um sicher zu sein, daß alles klarlief. Zum erstenmal seit sechs Stunden fühlte er die Last nicht mehr auf seinem Rücken und in seinen Armen und Beinen, und Thomas Hudson sah seine Beinmuskeln zucken und zittern. Eddy hatte sich mit der Harpune über die Verschanzung gelehnt, und Roger holte den Fisch langsam und stetig heran.
    «Der hat mehr als ‘ne Tonne», sagte Eddy. Und dann sagte er sehr ruhig: «Roger, der Haken hängt nur noch an einer Sehne.»
    Roger fragte: «Kannst du ihn erreichen?»
    «Noch nicht», sagte Eddy. «Laß ihn kommen. Langsam, langsam.»
    Roger holte weiter an der Drahtleine, und der Fisch stieg stetig höher.
    Eddy sagte: «Er hat sich den Haken herausgefetzt. Er hängt an einem Nichts.»
    «Kannst du ihn jetzt kriegen?» fragte Roger. Seine Stimme war unverändert.
    «Noch nicht ganz», sagte Eddy, genauso ruhig. Roger holte jetzt so vorsichtig und langsam wie er konnte. Dann plötzlich, während er holte, war aller Druck aus dem Vorfach. Er richtete sich auf und hielt die leere Leine in seinen Händen.
    «Nein. Nein. Nein. Lieber Gott, nein», sagte der junge Tom.
    Eddy hing halb im Wasser mit der Harpune, und dann ließ er sich über Bord fallen und versuchte, den Fisch zu erreichen und das Eisen hineinzustoßen.
    Es war vergebens. Der große Fisch schwebte unten im Wasser, er war jetzt wie ein riesiger purpurfarbener Vogel anzusehen, und dann begann er langsam zu sinken. Sie sahen alle, wie er sank, kleiner und kleiner wurde und außer Sicht kam.
    Eddys Hut schwamm auf dem stillen Wasser, er selber hielt sich am Harpunenstiel fest. Die Harpune war am Poller im Heck vertäut.
    Roger legte seinen Arm um David, und Thomas Hudson konnte sehen, wie Davids Schultern zuckten, aber er überließ ihn Roger.
    «Wirf die Knüppelleiter über Bord, damit Eddy herauf kann», sagte er zu dem jungen Tom. «Du nimmst Davids Angel, Andy, hak sie aus.»
    Roger hob den Jungen aus dem Angelstuhl und trug ihn auf die Bank auf der Steuerbordseite des Cockpits, wo er ihn hinlegte. Seine Arme lagen um David, und der Junge lag auf seinem Gesicht.
    Eddy troff von Nässe, als er an Bord war, und er fing an, sich auszuziehen. Andrew fischte mit der Harpune Eddys Hut auf, und Thomas Hudson ging nach unten, um für Eddy ein Hemd und ein paar Jeans zu holen und ein Hemd und Shorts für David. Er wunderte sich, daß er nichts fühlte als Mitleid und Liebe zu David. Jedes andere Gefühl hatte ihn während des Kampfs verlassen.
    Als er heraufkam, lag David nackt auf der Ducht. Er lag auf dem Bauch, und Roger rieb ihn mit Alkohol ab.
    «Vorsichtig, Mr. Davis», sagte David. «An den Schultern und am Steißbein tuts weh.»
    Eddy sagte zu ihm: «Das ist’s, wo du dich verschrammt hast. Dein Vater schmiert dir Salbe auf deine Hände und Füße, das tut nicht weh.»
    «Zieh das Hemd an, Davy», sagte Thomas Hudson. «Du darfst jetzt nicht kalt werden. Und du holst ihm eine von den ganz leichten Decken herauf, Tom.»
    Thomas Hudson berührte die Stellen, wo das Geschirr die Haut des Jungen geschunden hatte, und tat Salbe darauf und half ihm in sein Hemd.
    «Ich bin ganz okay», sagte David ohne Stimme. «Kann ich eine Coca haben, Pa?»
    «Klar», sagte Thomas Hudson zu ihm. «Eddy bringt dir auch gleich etwas Suppe.»
    David sagte: «Ich habe keinen Hunger. Ich könnte jetzt nichts essen.»
    «Dann warten wir

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