Inseln im Strom
den Fall, daß wir ihm Lose geben müssen. Und du, Andy, bleibst bei Eddy, und gibst ihm alles, was er haben will, und gibst ihm den Stropp und auch die Handspake, wenn er danach fragt.»
Der Fisch kam jetzt stetig höher, und David pumpte in ununterbrochenem Rhythmus.
«Tom, komm lieber herunter und stell dich ans untere Ruder», rief Roger hinauf.
«Ich bin schon dabei», sagte Thomas Hudson zu ihm.
«Entschuldige», sagte er, und er sagte zu David: «Denk daran, daß du die Angel hochhältst und alles klar ist, falls ich ihm Lose geben muß. Mach die Bremse auf, sobald ich das Vorfach zu fassen gekriegt habe.»
«Roll die Leine ordentlich auf», sagte Eddy, «jetzt darf sie sich nicht verklemmen, Davy.»
Thomas Hudson jumpte vom Peildeck herunter ins Cockpit und griff nach dem Ruder und dem Gas-und Schalthebel, die dort waren. Man konnte von hier aus das Wasser nicht so gut übersehen wie vom Peildeck, aber im Notfall war es einfacher und die Verständigung war leichter. Es war ganz komisch, an Deck zu sein, nachdem man so viele Stunden lang von oben zugesehen hatte, dachte er. Es war, als hätte man aus der Loge auf die Bühne oder in den Ring oder von der Barriere auf die Rennbahn gehen müssen: alles war plötzlich größer und näher, und die Leute sahen größer aus und nicht so verkürzt wie von oben.
Er sah jetzt Davids blutende Hände und seine wie rotlackierten, zerschundenen Füße, und er sah die Schwielen, die das Geschirr quer über seinem Rücken gemacht hatte, und den fast verzweifelten Ausdruck in seinem Gesicht, wenn er im letzten Moment jeder Hol den Kopf beiseite drehte. Er guckte in die Kajüte, und die Messinguhr zeigte ihm, daß es zehn nach sechs war. Auch die See sah jetzt anders aus, aus der Nähe, und er stand im Schatten und beobachtete die weiße Leine, die von der gebogenen Angelrute in Davids Händen ins Wasser lief, und die Rute pumpte unablässig. Eddy kniete im Heck, die Harpune in seinen sonnengefleckten Händen, und er sah hinunter in das beinahe purpurne Wasser und versuchte den Fisch zu entdecken. Thomas Hudson merkte, daß er die Harpunenleine in Buchten um die Gabel der Harpune gelegt und ihr Ende am Heckpoller belegt hatte, und er sah wieder hinüber nach Davids Rücken, seinen gestreckten Beinen und seinen langen Armen, die die Angelrute hielten.
«Kannst du ihn sehen, Eddy?» fragte Roger von seinem Posten hinter dem Stuhl her.
«Noch nicht. Mach weiter, Davy, mach ruhig weiter.»
David reckte sich immer wieder hoch, beugte sich vor und spülte auf der Trommel auf, die jetzt voll Leine war. Jede Drehung brachte ihm ein Stück mehr ein.
Einmal stoppte der Fisch einen Augenblick, und die Rute schwippte gegen das Wasser und etwas Leine lief aus.
«Das kann nicht sein», sagte David.
Eddy sagte: «Es kann doch sein. Man weiß das nie.»
Aber David stemmte die Angel langsam hoch und quälte sich ab mit dem Gewicht, und nach dem ersten Zug kam die Leine wieder so leicht und stetig herein wie vorher.
«Er hat nur ‘ne Pause gemacht», sagte Eddy. Der alte Filzhut saß ihm im Genick, und er peilte hinunter in das klare, dunkle, purpurfarbene Wasser. «Da ist er», sagte er.
Thomas Hudson ließ das Ruder los, um über das Heck zu gucken. Der Fisch war zu sehen, tief, achteraus, und er sah winzig aus, die Tiefe verkürzte ihn, aber schon während des kurzen Moments, den Thomas Hudson ihn beobachtete, schien er an Größe zuzunehmen. Er wuchs noch nicht so schnell, wie ein Flugzeug wächst, das im Anflug ist, aber es war eine ständige Zunahme.
Thomas Hudson legte den Arm auf Davids Schulter und ging ans Ruder zurück. Er hörte Andrew sagen: «Guck ihn mal an», und diesmal konnte er ihn vom Ruder aus sehen, noch immer tief und ein Stück achteraus, und jetzt sah er braun aus, aber an Länge und Masse hatte er zugenommen.
«Halt sie steady!» sagte Roger, ohne nach achtern zu gucken, und Thomas Hudson sagte: «Steady.»
Der junge Tom sagte: «Sieh nur… guter Gott!»
Er war wirklich riesig, größer als jeder Schwertfisch, den Thomas Hudson je gesehen hatte, und seine ganze riesige Länge war jetzt blaupurpurn und nicht mehr braun, und er schwamm stetig hinter dem Kutter her, achteraus und auf Davids Seite.
«Laß ihn kommen, laß ihn kommen, Davy», sagte Roger. «Er kommt jetzt genau richtig. Gib einen touch», sagte Roger, während er den Fisch beobachtete.
«Einen touch voraus», gab Thomas Hudson zur Antwort.
«Spill auf, spill auf», sagte Eddy zu
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