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Inseln im Strom

Inseln im Strom

Titel: Inseln im Strom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ernest Hemingway
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er keinen will, solange David noch im Dreck sitzt.»
    «Vielleicht will er jetzt einen, wo Dave Schatten hat. Ich frag ihn mal.»
    Er ging an Deck.
    Thomas Hudson hörte Roger sagen: «Ich glaube nicht, Tommy…»
    «Aber Sie haben doch heute noch gar keinen gehabt, Mr. Davis», drängte Tom.
    Roger sagte: «Danke schön, Tommy. Trink du eine Flasche Bier für mich.» Dann rief er zum Ruder hinauf: «Langsam voraus, Tom, dann liegt er nicht so auf der Bremse.»
    «Langsam voraus», wiederholte Thomas Hudson.
    Der Fisch kreiste noch immer tief, aber auf dem Kurs, den der Kutter jetzt hielt, kürzte er seine Kreise etwas. Es war der Kurs, den er selber einschlagen wollte. Die Bucht der Leine war jetzt deutlicher zu sehen. Seit die Sonne hinter dem Kutter stand, sah man, wie tief die Leine ins Wasser hinabhing, und Thomas Hudson, der genau hinter dem Fisch hersteuerte, war erleichtert. Wir hatten Glück, daß der Tag so still war, dachte er, denn David hätte die Schläge nie abwettern können, die ihm dieser Fisch versetzt hätte, wenn etwas See gewesen wäre. Jetzt, wo David im Schatten war und das Meer still blieb, fing er an, sich wohler bei der Sache zu fühlen. Er hörte Eddy sagen: «Danke, Tommy», und dann kam der Junge herauf mit dem Glas, das in Papierservietten gewickelt war, und Thomas Hudson probierte, nahm einen Schluck und schmeckte die Kälte, die die Schärfe der Zitrone hatte, und den starken Lackgeschmack von Angostura, und der Gin machte das eiskalte Kokosnußwasser steifer.
    «Ist es gut so, Pa?» fragte der junge Tom. Er hatte sich eine Flasche Bier aus der Eisbox mitgebracht, die von der Kälte beschlagen war und in der Sonne zu tropfen anfing.
    «Tadellos», sagte sein Vater. «Du hast ganz ordentlich Gin hineingetan.»
    «Hab ich auch», sagte der junge Tom, «weil das Eis so schnell schmilzt. Wir müßten eine Art Thermosbehälter für die Gläser haben, dann würde es nicht so schnell schmelzen. Ich werd mir das mal in der Schule überlegen. Ich glaube, ich könnte welche aus Kork machen. Vielleicht kann ich dir zu Weihnachten welche machen.»
    «Guck dir mal Dave an», sagte sein Vater.
    David arbeitete jetzt mit dem Fisch, als wenn der Kampf eben erst angefangen hätte.
    «Er ist flach wie ein Brett», sagte der junge Tom. «Sieh mal, seine Brust sieht genau aus wie sein Rücken. Es sieht aus, als wären Brust und Rücken einfach aneinandergeklebt, aber er hat die längsten Oberarmmuskeln, die es gibt. Sein Bizeps ist genauso lang wie die Muskeln, die er auf der Rückseite der Arme hat, ich meine den Trizeps. Er ist ganz merkwürdig gebaut, Pa. Er ist ein so komischer Junge, und einen besseren Bruder als ihn gibt’s nicht.»
    Eddy, unten im Cockpit, hatte sein Glas ausgetrunken und frottierte wieder Davids Rücken. Dann wischte er seine Brust und seine langen Arme ab.
    «Geht’s gut, Davy?»
    David nickte.
    Eddy sagte zu ihm: «Hör mal, ich hab schon einen ausgewachsenen Mann gesehen, stark wie ‘n Bulle, und der machte schlapp, und dabei hatte er erst die Hälfte der Schinderei hinter sich, die du mit deinem Fisch gehabt hast.»
    David arbeitete weiter.
    «Dabei war er ein Mordskerl, dein Vater und Roger kennen ihn beide, trainiert, fischte die ganze Zeit, kriegte den größten Fisch an den Haken, der jemals angebissen hat, und machte schlapp. Hörte einfach auf, weil’s ihm weh tat. Der Fisch tat ihm weh, also hörte er auf. Du mußt’s nur mit der Ruhe machen, Davy.»
    David sagte kein Wort. Er sparte seine Luft und pumpte, ließ nach, holte und spulte auf.
    «Dieser verdammte Fisch ist so stark, weil er ein Mann ist. Wenn’s ‘n Weibchen wäre, hätte er schon lange aufgegeben. Dann wär ihm drinnen was geplatzt, die Därme oder das Herz oder der Rogen. Bei dieser Sorte Fische sind eben die Männchen die stärkeren. Bei vielen anderen Fischen ist es umgekehrt, aber nicht beim Schwertfisch. Er ist furchtbar stark, Davy, aber du kriegst ihn schon.»
    Die Leine fing wieder an auszulaufen. David machte die Augen einen Moment zu, stemmte seine Füße gegen die Verschanzung, lehnte sich gegen die Angelrute und ruhte sich aus.
    «Das ist richtig, Davy», sagte Eddy. «Man muß nur arbeiten, wenn man arbeitet. Jetzt schwimmt er nur rundherum, aber der Druck hält ihn, daß er arbeiten muß, und er verausgabt sich die ganze Zeit.»
    Eddy drehte den Kopf und guckte in den Niedergang. Thomas Hudson sah an der Art, wie er die Augen zusammenkniff, daß er nach der großen Messinguhr an der

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