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Inseln im Strom

Inseln im Strom

Titel: Inseln im Strom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ernest Hemingway
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jeden Tag auf dem Markt ein, was er brauchte. Sie hatten Thomas Hudson noch nicht zurückerwartet, und der Chinese war bestimmt schon auf dem Markt, um das Essen für die Boys für diesen Tag zu besorgen. Thomas Hudson dachte, wenn einer von den Jungen kommt, schickst du ihn ins Dorf und läßt dir Obst holen und ein paar Eier.
    Er machte etwas Wasser heiß und goß sich eine Kanne Tee auf, die er, zusammen mit einer Tasse und Untertasse, in die Halle zurücktrug. Die Sonne war jetzt aufgegangen, und das Zimmer war hell. Er saß in dem großen Sessel, trank den heißen Tee und sah zu den Bildern hinüber, die im klaren, hellen Winterlicht an den Wänden hingen. Ein paar sollte ich vielleicht austauschen, dachte er. Die besten hängen im Schlafzimmer, und ins Schlafzimmer gehe ich nicht mehr.
    Nach der Zeit an Bord wirkte die Wohnhalle vom Sessel aus riesig. Er wußte nicht genau, wie lang sie war. Damals, als er die Fußbodenmatte bestellt hatte, hatte er es gewußt, aber er hatte es vergessen. Wie lang sie auch sein mochte, an diesem Morgen wirkte sie dreimal so lang. Das war eine von diesen Beobachtungen, die man machte, wenn man frisch an Land gekommen war, und die andere war die leere Eisbox.
    Die Bewegung des Schiffs in der hohen, wirren See, die der Nordweststurm quer über den starken Strom hin aufgewühlt hatte, war jetzt vorbei. Sie war ihm so fern gerückt wie die See selber. Er sah die See durch die offenen Türen der weißen Halle und in den Fenstern hinter den baumbestandenen Hügeln, durch die sich die Chaussee zog, und hinter den nackten Hügeln mit den alten Befestigungen, die weiter weg waren, auf dem Hafen und der weißen Stadt dahinter. Aber die See sah nur blau aus über der Stadt, die weiß ausgestreckt dalag. Sie war jetzt so weit entfernt wie alles, was vorüber war, und er bildete sich ein, daß er sie so im Gedächtnis festhalten könnte, jetzt, wo die Bewegung vorüber war, und bis zu dem Augenblick, wo es Zeit war, wieder auszulaufen.
    In den nächsten paar Tagen können die Krauts sie behalten, dachte er. Ich möchte nur wissen, ob die Fische sich an sie heranwagen und um sie herumschwimmen, wenn sie bei diesem Wetter unter Wasser sind. Ich möchte wissen, bis in welche Tiefe das Wasser sich bewegt. Es gibt hier Fische in jeder Tiefe, bis zu der sie tauchen können. Wahrscheinlich interessieren sich die Fische sehr für sie. Die Rümpfe von manchen Unterseebooten müssen hübsch bewachsen sein, und die Fische gingen ihnen bestimmt nicht von der Pelle. Aber bei diesen kurzen Reisen, die sie machten, waren sie möglicherweise auch nicht sehr bewachsen. Die Fische würden sich trotzdem an sie halten. Einen Moment stellte er sich vor, wie es heute draußen, vor der Küste, wirklich sein mochte, wenn man die blauen Wasserberge mit den weißen Gischtfahnen vor sich hatte, und er schüttelte den Gedanken ab.
    Der Kater auf der Decke wurde wach, als der Mann die Hand ausstreckte und ihn streichelte. Er gähnte, reckte die Vorderpfoten und rollte sich wieder zusammen.
    «Ich habe niemals eine Frau gehabt, die mit mir zusammen aufgewacht wäre», sagte der Mann, «und Boise ist auch nicht besser. Schlaf weiter, Boy. Es ist außerdem gar nicht wahr. Ich habe eine Frau gehabt, die mit mir wach wurde, sogar schon vor mir. Du kennst sie nur nicht. Du kennst überhaupt keine Frau, die irgend etwas taugte. Du hast Pech gehabt, Boise. Pfeif drauf.
    Weißt du was, Boy? Wir werden uns eine ordentliche Frau zulegen. Wir können uns beide in sie verlieben. Wenn du sie ernähren kannst, kannst du sie haben, aber ich kenne keine, die lange mit Baumratten auskommt.»
    Der Tee hatte seinen Hunger für einen Moment betäubt, aber jetzt war er wieder sehr hungrig. Auf See würde er vor einer Stunde ein großes Frühstück bekommen haben, und den Tee wahrscheinlich noch eine Stunde früher. Auf der Heimreise hatten sie zuviel Seegang gehabt, um kochen zu können, und er hatte ein paar Sandwiches mit Corned beef und grobgeschnittenen Zwiebeln auf dem Peildeck gegessen. Jetzt aber war er sehr hungrig, und es machte ihn verrückt, daß in der Küche nichts aufzutreiben war. Ich muß ein paar Dosen Lebensmittel anschaffen, damit wir was haben, wenn wir hereinkommen, dachte er. Aber ich müßte ein Regal anschaffen, das man abschließen könnte, damit sie es nicht aufessen können, und ich mag in einem Haus kein Essen hinter Schloß und Riegel haben.
    Schließlich goß er sich einen Scotch mit Wasser ein und saß da und

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