Inseln im Strom
Goats gesagt, «du hast die Medizin gefunden.»
Nachdem er die Kapsel abgewaschen hatte, indem er sich aus der Karaffe neben dem Bett etwas Wasser in die hohle Hand gegossen hatte, nahm er sie mit einem Schluck Wasser ein, legte sich ins Bett und merkte, wie sie zu wirken begann. Er lobte Goats, und der große Kater schnurrte über das Lob, und seitdem war ‹Medizin› sein Zauberwort.
Wenn er auf See war, dachte er viel an Goats und Boise, aber Goats hatte nichts Tragisches an sich. Obgleich er einige wirklich schlimme Sachen hinter sich hatte, war er vollkommen intakt, und selbst wenn es ihm in einem seiner schauderhaften Kämpfe schlecht ergangen war, war er nicht wehleidig. Selbst wenn er nicht mehr imstande gewesen war, bis zum Haus heraufzukommen und sich keuchend und schweißnaß unter dem Mangobaum unterhalb der Terrasse verkrochen hatte, und man sah, wie breit seine Schultern und wie schmal und dünn seine Flanken waren, und er dalag, zu kaputt, um sich zu rühren, und sich nur gequält hatte, die Luft bis in die Lungen zu bekommen, hatte er kein Selbstmitleid gezeigt. Er hatte den breiten Kopf eines Löwen und war genauso unbesiegt. Goats mochte den Mann, und Thomas Hudson mochte ihn gerne, respektierte ihn und war ihm zugetan, aber es konnte keine Rede davon sein, daß Goats in ihn oder er in Goats vernarrt gewesen wäre und daß es soweit mit ihnen gekommen wäre wie mit ihm und Boise.
Mit Boise wurde es einfach immer schlimmer und schlimmer. In der Nacht, als er und Goats den Kater auf dem Avocadobaum entdeckt hatten, war Boy lange draußen geblieben und nicht hereingekommen, als der Mann zu Bett gegangen war. Er schlief in dem großen Bett im Schlafzimmer am äußersten Ende des Hauses, wo es auf allen drei Seiten des Raums große Fenster gab, so daß der Wind die ganze Nacht hindurchgehen konnte. Wurde er wach, so hörte er den Nachtvögeln zu, und er war wach und horchte hinaus, als er Boise auf die Fensterbank springen hörte. Boise sagte sonst nie etwas, aber als er auf dem Fensterbrett saß, rief er den Mann, und Thomas Hudson ging hin und öffnete die Jalousie. Boise sprang ins Zimmer. Er hatte zwei Baumratten im Maul.
Boise hatte im Mondlicht, das durchs Fenster hereinfiel und den Schatten des großen ceiba- Baums auf das breite weiße Bett warf, mit den Baumratten gespielt. Er war über den Fußboden gesprungen, hatte sich herumgeworfen und die Ratten über den Fußboden gepuscht, dann hatte er eine weggeschleppt, um die andere zu hetzen und kirre zu machen, und er war in seinem Spiel wieder so wild gewesen wie als ganz junge Katze. Am Ende hatte er die Ratten ins Badezimmer getragen, und gleich danach hatte Thomas Hudson gemerkt, daß er zu ihm ins Bett gesprungen war.
«Also du frißt gar keine Mangos, wenn du auf dem Baum bist?» hatte der Mann ihn gefragt, und Boise hatte seinen Kopf an ihm gerieben. «Du hast also nur nach dem Rechten gesehen und gejagt? Kater Boise, alter Bruder, frißt du sie nun auch, wo du sie hast?»
Boise hatte nur seinen Kopf an ihm gerieben und geschnurrt, sein ganz leises Schnurren, und war eingeschlafen, weil er müde war von der Jagd. Aber er hatte unruhig geschlafen, und am Morgen hatte er sich für die beiden Baumratten überhaupt nicht mehr interessiert.
Jetzt wurde es dämmerig, und Thomas Hudson, der nicht hatte schlafen können, sah zu, wie es hell wurde und wie die grauen Stämme der Königspalmen aus dem ersten Morgengrauen hervortraten. Erst sah man nur die Stämme und die Silhouette der Palmwipfel. Als das Licht zunahm, sah er, wie die Wipfel sich im Sturm bewegten, und später, als die Sonne hinter den Hügeln aufzugehen begann, waren die Stämme weißlich-grau, und ihre wehenden Zweige waren hellgrün, und das Gras auf den Hügeln war braun von der Winterdürre. Die Kalkgipfel der Berge in der Ferne sahen aus, als wären sie schneebedeckt.
Er stand vom Fußboden auf, streifte die Mokassins und einen alten Morgenmantel über, und während Boise weiterschlief, zusammengerollt auf der Decke, ging er quer durch die Halle und durchs Speisezimmer hinüber in die Küche. Die Küche lag im Nordflügel des Hauses, und der Wind draußen stürmte und peitschte die nackten Äste des flamboyán- Baumes gegen Mauern und Fenster. In der Eiskiste war nichts zu essen, und der Fliegenschrank war leer bis auf ein paar Zutaten, eine Dose voll amerikanischen Kaffees, eine Büchse Lipton’s Tee und eine Dose Erdnußöl zum Kochen. Der chinesische Koch kaufte
Weitere Kostenlose Bücher