Inseln im Strom
daß sie sich in acht nehmen mußten, wenn sie in Gegenwart anderer miteinander redeten, und daß er, als sie jetzt hier im Dunkeln an der Reling standen und sich bei den Händen hielten, merkte, was unzweifelhaft zwischen ihnen bestand. Er wußte es sicher und hatte mit ihr darüber gesprochen und sie etwas gefragt. Seitdem waren sie sich klar darüber, daß sie vollkommen offen miteinander über alles reden konnten.
«Ich würde ja gerne», sagte sie, «und du weißt es. Er geht aber nicht, und das weißt du auch.»
«Irgendwie geht’s schon», hatte Thomas Hudson gesagt, «es geht immer irgendwie.»
«Du meinst im Rettungsboot?» sagte sie. «Im Rettungsboot will ich nicht.»
«Sieh mal an», sagte er und legte ihr die Hand auf die eine Brust und merkte, wie sie groß wurde und sich gegen seine Finger dehnte.
«Das ist schön», sagte sie, «aber weißt du, daß ich zwei davon habe?»
«Ich weiß.»
«Das ist wunderbar», sagte sie. «Ich liebe dich, Hudson. Ich hab’s heute gerade gemerkt.»
«Gemerkt?»
«Ich hab’s gerade gemerkt. Es war nicht sehr schwierig. Hast du auch etwas herausbekommen?»
«Da war nichts herauszubekommen», log er.
«Das ist schön», sagte sie, «aber nicht im Rettungsboot. Auch nicht in deiner Kabine, auch nicht in meiner.»
«Wir können zu dem Baron gehen.»
«Beim Baron ist doch immer jemand in der Kabine. Dieser verrückte Kerl. Aber ist es nicht hübsch, einen verrückten Baron mitzuhaben? Es ist genau wie früher.»
«Ja», sagte er, «aber ich könnte es so einrichten, daß niemand darin wäre.»
«Nein, das geht nicht, Lieb mich nur, wie du’s gerade machst, und lieb mich so sehr du kannst und mach weiter.»
Er tat es, und dann machte er etwas anderes.
«Nein», sagte sie, «das nicht, das halt ich nicht aus.»
Dann machte sie etwas und sagte: «Hältst du es aus?»
«Ja.»
«Gut», sagte sie, «das ist gut. Aber küß mich nicht. Wenn du mich hier an Deck küßt, dann können wir genausogut alles andere machen.»
«Und warum machen wir nicht alles andere?»
«Wo denn, Hudson, wo denn? Sag mir bloß, wo?»
«Ich will dir sagen, warum wir’s machen sollten…»
«Ich weiß schon, warum. Das Problem ist, wo.»
«Ich liebe dich sehr.»
«O ja, ich auch. Aber weiter geht’s nicht. Bloß gut, daß wir uns so lieben.»
Dann machte er etwas, und sie sagte: «Bitte… wenn du das machst, muß ich gehen.»
«Komm auf die Bank.»
«Nein, laß uns hier bleiben, wo wir sind.»
«Magst du das, was du machst?»
«Ja, ich mach’s gerne. Ist das schlimm?»
«Nein, aber du kannst es nicht ewig weitermachen.»
«Schön», sagte sie und drehte ihren Kopf zu ihm herum, küßte ihn schnell, und dann guckte sie wieder über die Wüste, die im Mondlicht vorbeiglitt. Es war Winter, und die Nacht war kühl, und sie standen dicht beieinander und sahen unverwandt auf die Wüste. «Jetzt kannst du’s machen. Endlich nützt einem so ein Nerzmantel in den Tropen etwas. Aber nicht, ehe ich soweit bin.»
«Nein.»
«Du versprichst es.»
«Ja.»
«O Hudson, bitte, bitte jetzt.»
«Du?»
«O ja. Mit dir immer. Jetzt. Jetzt. O ja. Jetzt.»
«Ist es wirklich soweit?»
«Ja. Du kannst es mir glauben.»
Hinterher standen sie da, und die Lichter von Ismailia waren nahe herangekommen, und das Kanalufer drüben glitt ruhig weiter.
«Jetzt genierst du dich meinetwegen?» fragte sie.
«Nein, ich liebe dich sehr.»
«Aber es ist nicht gut für dich, und ich war egoistisch.»
«Ich glaub nicht, daß es schlecht für mich ist, und du warst nicht egoistisch.»
«Glaub nicht, daß ich nichts davon gehabt hätte. Bestimmt. Ich hab bestimmt etwas davon gehabt.»
«Dann ist es gut. Gibst du mir einen Kuß?»
«Nein, es geht nicht. Laß nur deine Hand dort, fest.»
Später sagte sie: «Macht es dir etwas aus, daß ich ihn so gerne mag?»
«Nein, er ist so stolz darauf.»
«Ich sag dir was, aber du darfst es niemandem sagen.»
Sie erzählte ihm etwas, was ihn nicht sehr überraschte.
«Ist das verrückt?»
«Nein», sagte er, «das ist bloß so komisch.»
«Ach, Hudson», sagte sie, «ich lieb dich so sehr. Geh, und mach dich ein bißchen zurecht, und dann komm wieder hierher. Oder wollen wir eine Flasche Champagner im Ritz trinken?»
«Das wäre hübsch. Aber dein Mann?»
«Er ist noch beim Bridge. Ich seh ihn durchs Fenster. Wenn er fertig ist, sucht er uns und setzt sich zu uns.»
Also waren sie ins Ritz gegangen, das im Heck des Schiffs lag und hatten eine
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