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Inseln im Strom

Inseln im Strom

Titel: Inseln im Strom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ernest Hemingway
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las die Zeitungen, die zusammengekommen waren, und er merkte, wie der Alkohol seinen Hunger und seine Nervosität beschwichtigte, die ihn bei der Rückkehr befallen hatte. Du kannst dich ja heute betrinken, sagte er zu sich, du mußt dich nur vorher zurückmelden. Bei der Kälte würden nicht viele Leute in die Floridita kommen, trotzdem würde es dort angenehm sein. Er wußte noch nicht genau, wo er essen wollte, dort oder im Pacifico. Im Pacifico ist es vielleicht zu kalt, dachte er. Ich kann schließlich einen Sweater und einen Mantel anziehen, und hinter der Mauer der Bar gibt es einen Tisch, der in Lee steht, und dort wird es geschützt sein.
    «Schade, daß du nicht gern ausgehst, Boise», sagte er zu dem Kater, «wir könnten uns einen guten Tag in der Stadt machen.»
    Aber Boise ging nicht gern in die Stadt. Er hatte Angst, daß es wieder zum Tierarzt ging, und vor den Tierärzten hatte er immer noch Angst. Goats würde sich wahrscheinlich im Auto besser halten, und vielleicht würde es ihm sogar an Bord gefallen, bis auf die Spritzer. Aber ich will sie aus dem Spiel lassen, alle. Ich hätte ihnen nur irgend etwas mitbringen sollen, irgendeine Kleinigkeit. Ich werde etwas Katzenminze in der Stadt besorgen, wenn es welche gibt, und Goats und Willy und Boy damit heute abend betrunken machen. Vielleicht ist noch etwas Katzenminze in der Schublade im Katzenzimmer, aber sie wird trocken geworden sein und nicht mehr wirken. Die Wirkung verflog in den Tropen, und die Katzenminze, die man im Garten ziehen konnte, hatte überhaupt keine Wirkung. Ich wünschte, es gäbe auch für uns etwas so Harmloses wie Katzenminze, und es hätte auf uns denselben Effekt wie auf Katzen, dachte er. Warum gibt es so etwas nicht für uns?
    Die Katzen reagierten ganz verschieden auf Katzenminze. Boise, Willy, Goats und sein Bruder Littless, Furhouse und Taskforce waren alle süchtig, aber die Princessa, wie die Boys im Haus die blaue Perserkatze Baby getauft hatten, rührte Katzenminze nicht an. Auch Onkel Woolfie nicht, die graue Perserkatze. Bei Onkel Woolfie, der genauso stupid wie schön war, konnte es einfach Blödheit oder Angst vor dem Ungewohnten sein. Onkel Woolfie rührte nie etwas Neues an und roch vorsichtig, wenn etwas Ungewohntes zu fressen gab, bis die anderen Katzen es weggeputzt hatten und für ihn nichts mehr übrig war. Aber Princessa, die Großmutter von allen, war intelligent, zimperlich, aristokratisch und Grundsätzen zugeneigt und die zärtlichste von allen. Sie fürchtete sich vor dem Katzenminzengeruch und floh davon, wie wenn es ein Laster wäre. Princessa war eine kapriziöse, aristokratische Katze, rauchgrau mit goldenen Augen und den feinsten Manieren, und sie war so würdevoll, daß sie jedesmal, wenn sie läufig war, tat, als wenn es das erste Mal wäre, und ihr Benehmen erklärte und demonstrierte am Ende, wie es zu all den Skandalen in königlichen Häusern kommen konnte. Seit er Princessa einmal läufig erlebt hatte – es war nicht das tragische erste Mal gewesen, sondern sie war schon groß und schön –, wußte Thomas Hudson, daß sie ihre ganze Würde auch über Bord werfen konnte und imstande war, in äußerste Zügellosigkeit zu verfallen, und Thomas Hudson hatte sich vorgenommen, nicht eher zu sterben, als bis er mit einer Prinzessin ins Bett gegangen war, die genauso wunderbar war wie Princessa. Sie mußte vor der Liebe genauso gravitätisch und zimperlich und schön wie Princessa sein und im Bett dann genauso schamlos und besessen. Manchmal träumte er nachts von dieser Prinzessin, und er nahm in diesen Träumen alles vorweg, was überhaupt passieren konnte, aber er wollte es einmal wirklich und richtig erleben und verließ sich darauf, daß er es auch bekommen würde, wenn es eine solche Prinzessin überhaupt gab.
    Der Kummer war, daß die einzige Prinzessin, mit der er es je getrieben hatte – abgesehen von den italienischen Prinzessinnen, die nicht zählten –, ein ziemlich einfaches Mädchen mit nicht sehr hübschen Beinen und plumpen Fesseln gewesen war. Immerhin hatte sie eine hübsche weiße Haut gehabt und schimmerndes, viel gebürstetes Haar, und er hatte ihr Gesicht gemocht, auch ihre Augen. Er hatte sie überhaupt gemocht, und ihre Hand hatte sich gut angefühlt, als er im Suez-Kanal mit ihr an der Reling gestanden hatte, und die Lichter von Ismailia waren vorbeigekommen. Sie mochten einander sehr, und sie waren dicht daran, sich ineinander zu verlieben. Es war so weit gekommen,

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