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Inseln im Wind

Inseln im Wind

Titel: Inseln im Wind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elena Santiago
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noch allzu reich, doch sein ganzes Wesen verströmte so viel Verlässlichkeit und Geradlinigkeit, dass er ihr wie ein Fels in der Brandung erschien.
    » Ich liebe dich so«, flüsterte sie.
    » Und ich liebe dich. Hier, nimm das als Unterpfand meines Versprechens.« Er schob ihr einen Ring auf den Finger, einen schmalen Goldreif mit einem kleinen, aber schön geschliffenen Rubin.
    » Oh«, hauchte Felicity abermals. Mehr konnte sie nicht sagen. Hingerissen betrachtete sie den Ring, der ihr kostbarer erschien als die Kronjuwelen der Königin.
    Niklas küsste sie kurz, aber innig auf den Mund, legte den Arm um sie und brachte sie zur Tür der Kapitänskajüte. Dort draußen an Deck würden die Matrosen sie wie üblich von allen Seiten feixend anstarren, doch diesmal war es ihr völlig gleichgültig. Niklas hatte ihr einen Verlobungsring an den Finger gesteckt, und in spätestens einem Jahr, von heute an, würde sie seine Frau sein.
    » Pass gut auf dich auf«, sagte sie, ihn fest umklammernd, bevor er die Tür öffnete. Er erwiderte ihre Umarmung.
    » Dasselbe rate ich dir. Gib auch acht auf deine Cousine. Duncan spielt ein gefährliches Spiel.«
    Überrascht legte sie den Kopf in den Nacken, um zu ihm aufsehen zu können.
    » Was meinst du damit?«
    » Er ist ein … wie nennt ihr es? Hasardeur. Er hat immer ein zweites Paar Würfel in der Tasche, und auch die sind noch gezinkt.«
    » Glaubst du, er treibt ein falsches Spiel mit Lizzie?«, fragte Felicity beklommen.
    » Ich will nichts unterstellen, aber Vorsicht ist besser als Nachsicht.«
    » Misstraust du ihm? Ich dachte, ihr beiden seid Freunde.«
    » Das dachte ich auch immer, aber offenbar gibt es Geschäfte, bei denen die Freundschaft aufhört«, meinte Niklas freimütig. » Und manchmal vielleicht sogar die Liebe.«
    Nun war es unwiderruflich Zeit für den Abschied. Er öffnete die Tür. Felicity vergaß augenblicklich alle Fragen, die sich ihr zu Duncans Plänen aufgedrängt hatten. Weinend warf sie Niklas die Arme um den Hals, ohne darauf zu achten, ob sie damit Blicke auf sich zog. Tränenblind ließ sie sich von ihm zum Fallreep führen, und während sie mittschiffs unter den Augen des Kapitäns und der gesamten Mannschaft in die schwankende Barke kletterte, konnte sie ihr Schluchzen kaum unterdrücken.
    Als der Fährmann, den sie fürs Übersetzen angeheuert hatte, sie zurück zum Hafenkai ruderte, verharrten ihre Blicke auf der Eindhoven. Das Geräusch der Ankerwinde war immer noch zu hören, doch es wurde bereits vom Herabrollen der Segel und dem Pfeifen des Bootsmanns übertönt. Die Segel flatterten, blähten sich und fingen die von Osten kommende Brise ein, während die Besatzung des Schleppboots sich in die Riemen legte und die Eindhoven ein Stück weit hinaus und vor den Wind schleppte. Dann wurden die Leinen gelöst, der Schlepper driftete seitlich weg, die Eindhoven nahm Fahrt auf und glitt mit prall gefülltem Tuch majestätisch davon. Felicity hatte die Arme um ihren Oberkörper geschlungen und blickte dem stolzen holländischen Kauffahrer nach, doch sie sah nur noch die verschwommenen Umrisse des Schiffs und weiße Flecken anstelle der Segel.
    38
    E lizabeth war bereit zum Aufbruch. Sie hatte Pearl für den Ausritt gesattelt und ungeduldig auf Felicitys Rückkehr gewartet, während Jonathan vor dem Stall ein empört gackerndes Huhn über den staubigen Hof jagte. Er war zornig, weil er es nicht fangen konnte, und das Huhn war zornig, weil er nicht aufgab. Schließlich stellte es sich dem allzu beharrlichen Verfolger und pickte ihm erbost in den großen Zeh. Da der dazugehörige Fuß in einer kleinen, offenen Sandale steckte, begann Jonathan sofort bitterlich zu weinen. Felicity traf gerade rechtzeitig ein, um den heulenden Kleinen auf den Arm zu nehmen und ihn wortreich zu trösten. Zwischendurch sprach sie von gezinkten Würfeln und erging sich in ominösen Andeutungen über unehrliche Kaperfahrer, doch davon wollte Elizabeth nichts hören. Ihre Gedanken kreisten unablässig darum, dass ihre Schwiegermutter sie zusammen mit Duncan gesehen hatte. Voller Unbehagen fragte sie sich, ob Martha es für sich behalten oder mit Harold darüber sprechen würde. Elizabeth kam zu dem Schluss, dass sie nicht auf Marthas Verschwiegenheit vertrauen konnte. Ihre Schwiegermutter befand sich in einem Zustand krankhafter Verwirrung, wodurch ihr Verhalten unkalkulierbar wurde. Ob nun Roberts Tod alte Wunden aufgerissen und ihren Geist getrübt hatte oder ob sie

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