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Inseln im Wind

Inseln im Wind

Titel: Inseln im Wind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elena Santiago
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mir aus den Augen!«, herrschte Harold ihn an.
    Robert ließ sich das nicht zweimal sagen. Mit wankenden Schritten entfernte er sich, und gleich darauf hörte man eine Tür zuschlagen. Harold klopfte mit dem Stiel der Peitsche in seine Hand. Ein Teil seines Zorns schien verraucht. Er gab Deirdre, die nicht gewagt hatte, sich zu erheben, einen heftigen Tritt.
    » Verschwinde. Mit dir befasse ich mich nachher noch.«
    Die junge Irin rappelte sich hoch und hastete davon, und Elizabeth hätte es ihr gern gleichgetan, doch sie blieb mit hoch erhobenem Kopf vor ihrem Schwiegervater stehen. Ihr Herz raste, der Schock ließ ihre Glieder zittern, aber sie wich keinen Schritt zurück.
    » Willst du deinen Gästen ein Schauspiel bieten? Dann schlag mich, nur zu. Es wird den Leuten sicher gefallen.« Sie deutete nach unten in den Hof, wo ein halbes Dutzend Gäste sich versammelt hatten und mit großen Augen nach oben schauten.
    Mit angewiderter Miene rollte Harold die Peitsche zusammen und steckte sie zurück in den Gürtel.
    » Hätte ich dich schlagen wollen, so hättest du die Peitsche schon geschmeckt. Und diese Hure hat die Schläge wahrhaftig verdient.«
    » Weil Robert sich an sie herangemacht hat?«, gab sie verachtungsvoll zurück. » Dann müsstest du die halbe Frauenwelt auf Barbados auspeitschen.«
    Er erblasste sichtlich.
    » Hüte deine Zunge!«, stieß er hervor.
    Sie senkte ihre Stimme, damit die Gäste unten im Hof sie nicht mehr verstehen konnten.
    » Ich sage die Wahrheit, und du weißt es. Das Mädchen verdient keine Strafe, denn die Schuld trifft allein Robert.«
    Ein gequälter Ausdruck trat auf sein Gesicht, doch dann begannen seine Kiefer zu mahlen, und ruckartig schüttelte er den Kopf.
    » Die Peitsche ist noch viel zu mild für sie. Eigentlich gehört sie gebrandmarkt und an den Pranger gestellt. Man kann sie gar nicht hart genug züchtigen, denn sie war schon wieder bei den verdammten Papisten.«
    Die Iren waren katholisch und hingen somit einem geächteten Glauben an. Folglich hatten sie keine Kirche auf Barbados. Elizabeth hatte munkeln hören, dass manche von ihnen sich an verborgenen Plätzen in den Wäldern zusammenfanden, wo ein verfemter Priester namens Edmond, den noch niemand gesehen haben wollte, ihnen nach römischem Ritus die Messe las. Dass Deirdre auch zu solchen Treffen ging, hörte Elizabeth zum ersten Mal. Bislang hatte sie nicht einmal gewusst, ob die ganzen Gerüchte über heimliche Messen im Dschungel überhaupt stimmten.
    » In meinem Haushalt kann ich keine papistischen Umtriebe dulden«, schloss Harold. Er spuckte aus, als müsse er einen üblen Geschmack loswerden. Dann sah er Elizabeth an. In seinem Gesicht arbeitete es heftig, er rang mit sich. » Es tut mir leid, dass ich dir Angst eingejagt habe. Ich … Es war nicht recht, die Peitsche gegen dich zu erheben.« Mit diesen Worten drehte er sich abrupt um und ging davon.
    Am nächsten Morgen war Deirdre mitsamt ihren wenigen Habseligkeiten fortgelaufen. Die alte Rose weinte, als Elizabeth zu ihr kam und sie fragte, wo Deirdre hin sei.
    » Das weiß allein der Himmel!«, schluchzte sie. » Ich bete für das Seelenheil des armen Mädchens.«
    » Hat sie sich bei den Papisten im Dschungel versteckt?«
    Die alte Frau bekreuzigte sich.
    » Fragt mich nicht, Mylady, ich kann es nicht sagen. Ich weiß nur eins: Sie kommt gewiss nicht wieder.«
    18
    I n der Woche darauf ging das Leben weiter, als sei nichts geschehen. Elizabeth wusste, dass Duncan noch auf Barbados war, doch sie sah ihn nicht wieder. Dafür traf sich Felicity fast täglich mit Niklas Vandemeer. Entweder besuchte sie ihn auf seinem Schiff oder er sie auf Dunmore Hall, oder sie verabredeten sich in Bridgetown zu einem Strandspaziergang. Mit von der Partie waren jeweils Martha oder die alte Rose, denn die guten Sitten verboten es, dass eine unverheiratete junge Frau aus gutem Hause sich ohne Anstandsbegleitung mit einem Mann traf.
    Die Treffen im Beisein von Martha fand Felicity nicht sonderlich ersprießlich, da der Herrin von Dunmore Hall jegliche Anwandlungen vornehmer Zurückhaltung fremd waren. Sie neigte zu endlosem Geschwafel, drangsalierte den holländischen Kapitän mit allerlei naiven Fragen und scheute sich auch nicht, ihn mit bewundernden Blicken zu taxieren, während Felicity vor Wut schäumend danebensaß und kaum zu Wort kam. Schließlich überwog ihr Ärger über Martha die Freude daran, Niklas zu sehen, weshalb sie ihre Verabredungen nach einigen Tagen

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