Inselsommer
Hand küsste.
»Ist ja schon ein wenig schmierig, nicht wahr?«, flüsterte Sönke mir ins Ohr, und ich musste ihm insgeheim zustimmen.
»Vielleicht schreibt er ja besser, als er sich aufführt«, wisperte ich zurück. Obwohl ich den Roman bereits gekauft hatte, lag er noch ungelesen im Pavillon.
Doch zu meinem großen Erstaunen war ich bereits nach kürzester Zeit gefesselt und vergaß, dass ich Herrn Nardi zuvor noch in die Kategorie
Lackaffe
gepackt hatte. Am Ende der Lesung beschloss ich, mir auch seine anderen Bücher zu kaufen. Als großer Applaus aufbrandete, beobachtete ich Larissa, die über das ganze Gesicht strahlte und so stolz wirkte, als sei der Autor ihre persönliche Entdeckung.
Eine Stunde später waren bis auf zwei einsame Exemplare alle Bücher verkauft – Rieke hatte offenbar mit ihrer Befürchtung nicht ganz unrecht gehabt. Marco Nardi signierte mit schier unendlicher Geduld und ließ sich mit den Damen fotografieren, die schmachtend an seinen Lippen hingen. Bea beobachtete zufrieden lächelnd das Treiben.
»Wir sollten öfter Literatur-Popstars einladen, das ist gut fürs Geschäft.« Sie nahm die letzten beiden Exemplare vom Tisch. »Und wir müssen weder Bücher wegräumen noch an den Verlag zurückschicken.«
»Funktioniert aber nur, wenn Verpackung und Inhalt übereinstimmen«, warf Adalbert ein. Er hatte sich ebenfalls ein Buch gekauft, es sich jedoch nicht signieren lassen. »Und, liebe Bea? Was habt ihr noch vor? Wollen wir alle zusammen essen gehen, oder bleibt ihr in kleinem Kreis?«
Bea neigte den Kopf zur Seite, als müsse sie erst über eine Antwort nachdenken.
»Wir gehen in besagtem kleinen Kreis essen, mein Lieber. Und dazu gehörst du natürlich auch!« Für einen Augenblick umspielte ein kleines Lächeln Adalberts Lippen. Doch dann strafften sich seine Schultern, und er räusperte sich.
»Na, wenn das so ist, schließe ich mich euch gerne an. Wohin soll es denn gehen?«
»Ich habe einen Tisch in der Alten Friesenwirtschaft im Gurtstieg reserviert. Dort ist es intimer und gemütlicher. Das wird bestimmt ein schöner Abend.«
51 . Kapitel
D onnerstagabend war ich wieder in Hamburg. Helen öffnete die Tür und fiel mir um den Hals. Neben ihr stand Doro und strahlte wie ein Honigkuchenpferd.
»Da isse ja wieder!«, freute sie sich und umarmte mich stürmisch, nachdem Helen mich losgelassen hatte. Es war eine Wohltat, meine beiden Freundinnen endlich wiederzusehen, anstatt immer nur mit ihnen zu telefonieren. In den vergangenen Wochen hatte ich doch weitestgehend alles mit mir selbst abmachen müssen.
»Bitte lass Paula leben«, sagte Helen grinsend. »Und lass sie endlich rein. Ich habe keine Lust, unsere Wiedersehensparty auf dem Flur zu feiern. Komm, Paula, gib mir deinen Koffer.«
»Lange her, seit wir zuletzt auf deiner Couch gelümmelt haben«, sagte Doro kauend. Wir saßen auf Helens Sofa und aßen mit Schafskäse gefüllte Teigrollen, die Helen beim Türken um die Ecke für uns geholt hatte. Helen sah fantastisch aus. Offenbar waren die Beauty-Behandlungen auf dem Weingut ein voller Erfolg gewesen.
»Wisst ihr eigentlich, dass wir zum ersten Mal seit Jahren alle drei Singles sind?«, fragte ich, weil mir einfiel, dass Doro ab sofort ebenfalls eine
freie Frau
war.
»Du vergisst Mats«, empörte sich Doro, nahm sich ein drittes Teigröllchen und biss voller Genuss hinein.
»O ja, bitte entschuldige«, antwortete ich etwas betreten, weil ich mich immer noch schwer mit der Vorstellung tat, dass Doro sich von Thomas getrennt hatte.
»Meine Süßen, ich unterbreche euch ja nur ungern bei euren Beziehungsthemen, aber darf ich euch daran erinnern, dass ich gerade zwei Wochen in einem wunderschönen Land Urlaub gemacht habe?«, mischte sich Helen ein. »Also, meine Damen: Bereit für eine kleine Bildershow auf meinem Laptop?«
Sofort dachte ich an Ineke Alwart, mit der ich am Tag zuvor telefoniert hatte, bedauerlicherweise ohne Erfolg. Obwohl ich ihr das Konzept von ArtFuture haarklein auseinandergesetzt und in den höchsten Tönen von der Galerie geschwärmt hatte, hatte ich sie nicht umstimmen können.
Ineke hielt konsequent an ihrem Standpunkt fest, und ich hatte ihre Entscheidung wohl oder übel zu akzeptieren.
Während Helen uns wunderschöne Naturaufnahmen und Bilder aus dem Schloss in der Nähe von Bordeaux zeigte, dachte ich unwillkürlich an meine gemeinsamen Reisen mit Patrick und hatte große Mühe, mich zu konzentrieren.
Ich hatte Patrick, ohne
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