Inselsommer
natürlich für dich. Bin schon gespannt, wie es dir in der Sansibar gefällt und welche Promis du sichtest. Aber heißt das, dass ich dich heute gar nicht mehr zu Gesicht bekomme?«
Es dauerte einen Moment, bis Doro antwortete:
»Ich würde nachher gern ein wenig bummeln und mir etwas Schickes zum Anziehen kaufen. Auf so einen Event war ich natürlich nicht vorbereitet. Und ich muss dringend zum Friseur. Also lauter Dinge, zu denen ich in Hamburg kaum komme. Du kannst mitkommen, wenn du willst. Denn ich schätze deinen exzellenten Geschmack in Stilfragen.«
Ich schaute auf die Uhr. Bis ich Corinna Hartmann abholte, blieb noch genug Zeit, um mit Doro die Boutiquen in Keitum oder notfalls Westerland unsicher zu machen.
»Dann bin ich in einer Stunde bei dir.« Nachdem ich aufgelegt hatte, ließ ich das Handy sinken. Doros offensichtliche Flirtlaune machte mich nachdenklich. Vielleicht war ihre Idee, mich eine Weile, zumindest räumlich, von Patrick zu trennen, gar nicht so abwegig.
13 . Kapitel
I ch glaube, das ist sie«, flüsterte Bea und verglich das Autorenfoto vom Verlagskatalog mit einer jungen Frau, die gerade aus dem Zug gestiegen war und sich suchend umschaute. Corinna Hartmann war klein, zierlich und trug ihr karottenrotes Haar streichholzkurz. Auf den ersten Blick wirkte sie so unsicher wie ein Vögelchen, das gerade aus dem Nest gefallen war. Bea ging direkt auf sie zu, streckte ihr die Hand entgegen und stellte sich vor. Ein Strahlen erhellte das blasse Gesicht der Autorin.
»Sie ahnen gar nicht, wie froh ich bin, Sie zu sehen. Ursprünglich wollte eine Mitarbeiterin der Presseabteilung mitkommen, doch sie ist heute Morgen ganz plötzlich erkrankt und bat mich, allein zu fahren.«
»Wir kümmern uns schon um Sie, keine Sorge«, mischte ich mich in das Gespräch und stellte mich vor. »Was halten Sie davon, wenn wir erst einmal im Garten von Frau Hansen Tee trinken und Kuchen essen und ich Sie anschließend in Ihr Hotel bringe? Sobald Sie sich frischgemacht haben, hole ich Sie wieder ab, und wir gehen zusammen ins Büchernest, während Frau Hansen dort noch einmal überprüft, ob alles in Ordnung ist.«
»Das klingt wundervoll«, freute Corinna Hartmann sich und schenkte mir ein dankbares Lächeln.
Eine Viertelstunde später saßen wir im Strandkorb auf Beas Terrasse und tranken Tee. Heute zeigte das Thermometer dreiundzwanzig Grad, und ich war froh, meine Beine endlich einmal ein wenig bräunen zu können. Außerdem konnte ich mich kaum am Anblick der Blütenpracht sattsehen, die den Garten in ein kleines Paradies verwandelte. Traubenhyazinthen, Tulpen, Stiefmütterchen und andere Frühblüher bildeten einen bunten Farbenteppich, der sofort gute Laune machte.
»Ihr Buch hat mir wirklich gefallen«, sagte Bea, während ich den Schokoladenkuchen anschnitt, den ich nach dem Einkaufsbummel mit Doro beim Bäcker geholt hatte.
»Wie lange haben Sie dafür recherchiert? Der Text liest sich beinahe so, als hätten Sie eine ganze Weile auf der Insel gelebt. Manche Details kann man doch mit Sicherheit nicht über Google herausfinden.«
»Ich bin froh, dass Sie die
Trauminsel
mögen«, antwortete Corinna Hartmann strahlend. »Ich weiß vom Verlag, dass Sie als äußerst kritische Leserin und strenge Einkäuferin gelten. Sie sind eine der wenigen Buchhändlerinnen, die so gut wie nichts auf die Marketingschwerpunkte und die Pressekampagnen der Verlage geben, sondern sich ihr eigenes Urteil bilden. Das finde ich absolut bemerkenswert, wenn ich bedenke, wie es zurzeit um die Buchbranche bestellt ist.« Ich horchte verwundert auf.
Das Büchernest war immer voll, wenn ich dort war.
Wovon also sprach Corinna Hartmann?
»Hier auf Sylt bekommen wir die Buchkrise zum Glück nicht so stark zu spüren«, entgegnete Bea. »Das liegt aber auch daran, dass die Touristen, die hierherkommen, genug Geld haben. Wobei für mich persönlich ein Buch kein Luxusgut ist, sondern etwas geradezu Lebensnotwendiges. Ich wäre jederzeit bereit, auf andere Dinge zu verzichten, wenn ich nur immer genug zu lesen habe.« Corinna Hartmann lächelte verschmitzt. Eine solche Einstellung musste einer Autorin runtergehen wie Öl.
»Um Ihre Frage nach der Recherche zu beantworten, Frau Hansen. Ich komme seit meiner Kindheit regelmäßig hierher. Meine Eltern waren schon immer große Sylt-Liebhaber und haben darauf gespart, dass wir mindestens einmal im Jahr zwei Wochen Urlaub auf der Insel machen konnten. Wir haben uns meistens ein
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