Inselsommer
hatte ich dummerweise nicht an Patrick gedacht.
»Ich … ich … das ist eine tolle Idee, ehrlich! Ich müsste nur eben Doro und Helen anrufen und für morgen Abend absagen.« Bevor ich zum Telefon greifen konnte, nahm Patrick mich an der Schulter und hielt mich fest.
»Heißt das, dass du den ersten Freitagabend nach fast drei Wochen lieber mit deinen Freundinnen verbringen willst?«
Mit einem Schlag waren all die Lebendigkeit, all das Jungenhafte aus seinem Gesicht verschwunden. »Sag mal, Paula, was ist eigentlich los mit dir? Seit du von dieser Insel zurück bist, habe ich das Gefühl, du bist eine andere Frau geworden. Du bist ständig in Gedanken, du bist distanziert, du scheinst dich nicht zu freuen, mal wieder Zeit mit mir verbringen zu können.« Beschämt ließ ich den Kopf sinken.
Es tat mir leid, Patrick so zu enttäuschen.
Um ihn zu besänftigen, gab ich ihm einen Kuss.
»Ich weiß, dass ich mich momentan ein bisschen seltsam verhalte. Seit einiger Zeit bin ich irgendwie unzufrieden mit mir. Helen würde sagen, das sind die Hormone, auch wenn ich persönlich finde, dass es dafür etwas zu früh ist …« Patrick sah nicht besonders überzeugt aus. Ich an seiner Stelle hätte diese lahme Begründung auch nicht geglaubt.
Dennoch sagte er in einer Mischung aus Bedauern und Gereiztheit:
»Na wenn das so ist, solltest du dich morgen Abend besser mit deinen Freundinnen treffen. Vielleicht schaffen die es ja, dich aufzumuntern.«
20 . Kapitel
O ha, das klingt gar nicht gut!« Doro kaute aufgeregt an einer Karotte herum, die sie zuvor in einen Joghurt-Dip getaucht hatte. »Und wer hat jetzt eure Karten?«
»Ich nehme an, seine Sekretärin Nicole. Sie steht total auf Ballett«, antwortete ich schulterzuckend.
Wir saßen in weiche Decken gekuschelt auf Helens riesiger, urgemütlicher Sofalandschaft, auf der auch eine fünfköpfige Familie problemlos Platz gefunden hätte. Nachdem der gestrige Tag vergleichsweise schön gewesen war, zeigte sich die Stadt heute von ihrer unfreundlichen Seite. Es stürmte, der Himmel war grau, und das Thermometer brachte es auf knapp fünfzehn Grad. An sich die beste Voraussetzung für einen gemütlichen Freundinnen-Abend auf der Couch, hätte ich nur bessere Laune gehabt.
»Patrick hat gestern nur das Nötigste mit mir gesprochen und war heute Morgen schon vor mir weg«, erklärte ich. »Das ist seine Art, mir zu zeigen, dass er gerade total genervt ist. Aber lasst uns jetzt bitte von etwas anderem reden. Helen, was hast du in den letzten drei Wochen getrieben?«
Helen sah wie immer umwerfend aus.
Ihre hellen Haare waren frisch gesträhnt, ohne dass es künstlich wirkte. Dank ihrem regelmäßigen Fitnesstraining hatte Helen eine straffe Figur und einen strahlenden Teint, obwohl sie von uns am meisten arbeitete. Allerdings konnte sie als Single jede freie Minute selbst gestalten und besaß die nötigen finanziellen Mittel, um regelmäßig zum Friseur, zur Kosmetik oder zur Massage zu gehen.
»Ich habe zwei Prozesse gewonnen, war beim Pilates, beim Zumba und einmal allein im Kino, also nichts Besonderes. Wie gut, dass ich euch beide habe, sonst würde in meinem Leben nichts Aufregendes passieren.«
Ich sah zu Doro hinüber und zog fragend meine Augenbrauen hoch. Hieß das etwa, dass sie Helen von Mats erzählt hatte? Doro nickte. Sie war schon eine Stunde vor mir da gewesen, weil ich bei ArtFuture von einem Redakteur aufgehalten worden war, der mich nach den Plänen für die nächste Saison gefragt hatte. Es hatte mich all meine Energie gekostet, so zu tun, als hätte ich viele Ideen und hielte sie nur aus Marketinggründen geheim. Vincent hatte sich am Morgen bei Jule krank gemeldet, und so hatten wir beide alle Hände voll zu tun gehabt, denn freitags kamen grundsätzlich mehr Besucher in die Galerie als an den anderen Tagen.
»So, ihr beiden Turteltäubchen, dann wollen wir mal über euch und eure merkwürdigen Kapriolen sprechen anstatt über mein langweiliges Leben«, sagte Helen mit ernster Miene und blickte von mir zu Doro. »Was ist eigentlich mit euch auf einmal los? Liegt das an der Sylter Luft, oder habt ihr jetzt eine kollektive Ehekrise?«
»Wenn ich das nur wüsste«, seufzte Doro und schob sich eine Handvoll Erdnussflips in den Mund. Helens
Büfett
bestand wie immer aus einer Mischung aus gesunden und kalorienhaltigen Snacks, die man nebenbei essen konnte, ohne Teller und Besteck zu benötigen. »Das Einzige, was ich momentan weiß, ist, dass ich es
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