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Inselsommer

Inselsommer

Titel: Inselsommer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriella Engelmann
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Schwiegermonster sicher irgendwann hellhörig wird. Aber vielleicht kann ich dich ja als Alibi benutzen? Zum Beispiel, indem ich dir beim Umzug nach Sylt helfe. Dieser kleine Palast, von dem du erzählt hast, ist doch garantiert total renovierungsbedürftig, nicht wahr?«
    Es dauerte einen Moment, ehe ich begriff, worauf sie hinauswollte.
    »O ja, aber klar. Und was heißt hier überhaupt Palast? Im Grunde ist es eine Ruine. Keine Ahnung, ob diese Bruchbude jemals bewohnbar sein wird. Und wer könnte mir da besser helfen als du, meine Liebe?!«

29 . Kapitel
    D iesen Samstag hatte ich frei, denn Vero wollte ein letztes Mal in der Küche nach dem Rechten sehen, bevor sie sich ausschließlich um das Wohlergehen ihres Mannes kümmerte. Aus diesem Grund sollte ich nach der Mittagszeit im Büchernest vorbeikommen, um alle noch anstehenden Fragen zu klären.
    Zuvor wollte ich noch Patrick anrufen und ihm sagen, dass ich voraussichtlich Ende der Woche nach Hamburg kommen, meine Sachen und mein Auto holen würde.
    Diesmal meldete Patrick sich bereits nach dem ersten Klingeln.
    »Ach, du bist es«, sagte er anstelle einer Begrüßung und klang, als habe er den Anruf von jemand anderem erwartet. »Seit wann telefonierst du denn mit unterdrückter Nummer?«
    Es machte mich dermaßen nervös, seine Stimme nach so langer Zeit zu hören, dass ich kaum wusste, was ich antworten sollte. Deshalb fragte ich, wie es ihm ging.
    »Danke, alles bestens«, antwortete er knapp, als wolle er einen unangenehmen Geschäftspartner abwimmeln.
    Da musst du jetzt durch, Paula. Du hast deinen Mann zutiefst verletzt und kannst jetzt nicht erwarten, dass er sich vor Freundlichkeit überschlägt!,
versuchte ich mich zu beruhigen. Also erklärte ich sachlich und in aller Kürze, was ich wollte. Patrick antwortete nicht gleich, und ich spürte, wie sich ein feiner Schweißfilm auf meiner Oberlippe bildete und meine Hände feucht wurden.
    »Komm vorbei, wann immer du willst, Hauptsache, tagsüber. Und wirf bitte den Wohnungsschlüssel in den Briefkasten«, entgegnete er schließlich nüchtern.
    Mir wurde schwindelig.
    Aber wieso sollte ich den Schlüssel abgeben?
    Noch
gehörte uns die Wohnung gemeinsam!
    »Ist sonst noch was?«, fragte Patrick, und ich brachte nur hervor:
    »Nein, nein, das war’s.«
    Schon war das Telefonat beendet, und ich fühlte mich, als hätte mir jemand einen Eimer Wasser über den Kopf gegossen.
    Ich brauchte dringend Ablenkung, am besten machte ich einen Spaziergang. Also nahm ich meine Jeansjacke von der Garderobe und marschierte ohne genaues Ziel los.
    Irgendwann fand ich mich am Watt wieder und wie durch Zauberhand vor Adalberts Haus. Gerade als ich kehrtmachen wollte, um nicht gesehen zu werden, hörte ich ihn meinen Namen rufen. Ein wenig unwillig näherte ich mich dem Zaun.
    »Na, heute gar nicht im Büchernest?«, fragte Adalbert, der offenbar gerade mit Gartenarbeit beschäftigt war: Er trug einen Weidenkorb bei sich, in dem schon jede Menge Unkraut lag, und eine Heckenschere. Er tippte sich an die Stirn und lachte. »Dumme Frage, sonst wärst du … oh, pardon, ich bitte um Entschuldigung … wären Sie ja nicht hier.«
    »Das
Du
nehme ich sehr gern an«, antwortete ich und freute mich über die Vertrautheit, die sich jedes Mal zwischen uns einstellte.
    Adalbert war ein Mensch, in dessen Nähe ich mich sofort wohl fühlte.
    »Hast du Lust auf ein Tässchen Tee, oder musst du dringend weiter?«
    Ich überlegte.
    Wollte ich Adalbert wirklich meine schlechte Stimmung zumuten?
    Oder brauchte ich genau diese Abwechslung, um mich aufzumuntern?
    »Wenn ich damit nicht deine Arbeit torpediere«, antwortete ich, und Adalbert öffnete das hölzerne Gartentor. Ich folgte ihm auf die Terrasse, wo er seinen Korb abstellte und mir einen Platz anbot:
    »Mach es dir gemütlich, während ich uns eine schöne Tasse Tee zubereite. Worauf hast du Lust? Auf einen kräftigen Friesen, einen zarten Grüntee, oder steht dir der Sinn eher nach etwas Fruchtigem, wie zum Beispiel Sanddorn?«
    »Sanddorn klingt lecker, hab ich noch nie getrunken. Aber er soll ja sehr gesund sein.«
    »Ja, diese kleinen Früchtchen haben einen außergewöhnlich hohen Vitamin-C-Gehalt und schmecken deshalb auch etwas säuerlich, was nicht jedermanns Geschmack ist«, antwortete Adalbert und ging in die Küche.
    Ich genoss die Aussicht auf das Wattenmeer, das ich mittlerweile liebte und auf das ich jetzt nicht mehr verzichten musste, wenn Sylt meine Heimat werden

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