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Inselzauber

Inselzauber

Titel: Inselzauber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriella Engelmann
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aus seinen Armen zu befreien. »Aber Sie kennen Bea. Wenn die sich etwas in den Kopf gesetzt hat, ist es schwer, dagegen anzukommen. Und da ich für eine Woche quasi ihre Schülerin, oder nennen wir es besser Praktikantin bin, mache ich erst mal brav, was sie sagt.«
    »Um dann später das genaue Gegenteil davon zu tun«, vervollständigt Lorenz Petersen meinen Satz. »So hast du es zumindest als Kind immer gemacht. Ich hoffe, wir sehen uns zur Christmette. Und denk daran: Wann immer du etwas brauchst, wenn Bea und Veronika unterwegs sind, Lina und ich sind für dich da. Mach’s gut, min Deern, bis Freitag.« Spricht’s und verschwindet hinter der nächsten Böschung.
    Ich kann gerade noch »Grüßen Sie bitte Lina von mir« hinter ihm herrufen und dabei zusehen, wie mein Atem kleine Wölkchen bildet. »Komm, Timo, es ist Zeit, nach Hause zu gehen und Paula, das unfreundliche Monster, in den Kindergarten zu bringen«, rufe ich nach dem Berner Sennhund. Er schnüffelt gerade neugierig an einer Straßenlaterne, als hätte er sie nicht schon mindestens tausendmal gesehen und gerochen.

    »Da seid ihr ja endlich«, begrüßt Bea den Hund und mich und dirigiert uns sofort energisch ins Auto.
    Paula nimmt völlig selbstverständlich vorne neben meiner Tante Platz, während ich mir mit Timo die Rückbank teile.
    Der Kindergarten ist am anderen Ende des Dorfes, gleich neben der Boy-Lornsen-Grundschule. Die Fenster dort sind mit selbstgebastelten Kerzen aus rotem und gelbem Tonpapier geschmückt, und in den Hecken, die den Spielplatz säumen, hängen Lichterketten. Ein Klettergerüst und eine Schaukel laden zum Herumtollen ein, und bei ihrem Anblick muss ich sehnsuchtsvoll an den Sommer denken. Gegenüber liegt die Kurverwaltung mit dem dazugehörigen Schwimmbad, nebenan ist eine Apotheke. Alles ist nur ruhig und friedlich wie jetzt, solange keine Touristen auf der Insel sind. Irgendwie graut mir schon vor der Zeit, wenn hier wieder Hochbetrieb herrscht. Aber wer weiß, was bis dahin ist?
    Vielleicht bin ich dann schon gar nicht mehr auf Sylt?

    Als wir Paula abliefern, verabschiedet sie sich nicht von mir, sondern drückt lediglich Bea einen feuchten Kuss auf die Wange. Dennoch beruhigt meine Tante mich netterweise im Hinblick auf die Babysitterqualitäten, die in Zukunft von mir gefordert werden.
    »Keine Sorge«, sagt sie lachend, als sie den Blick bemerkt, den ich dem Mädchen zuwerfe, nachdem es ausgestiegen ist. »Das mit euch beiden wird schon noch. Am Anfang ist Paula immer ein wenig schüchtern. Außerdem ist sie über Weihnachten und Silvester bei ihren Großeltern in Stuttgart, so dass du dich hier in Ruhe einleben kannst, ohne dich um sie kümmern zu müssen.«
    Aha, denke ich erleichtert, da habe ich ja noch einmal Glück gehabt!
    Dann erreichen wir die Bücherkoje – meine berufliche Herausforderung für die kommenden drei Monate. Gerührt betrachte ich die reetgedeckte Kate, die mit ihren beleuchteten Schaufenstern verträumt in den Morgen blinzelt. Die Eingangstür wird umsäumt von mehreren Rosenstöcken, die für Keitum so typisch sind. Natürlich sind sie um diese Jahreszeit längst verblüht und warten nun im Winterschlaf darauf, dass der Frühling sie wieder wachküsst. Die Tür ist in den friesischen Farben Blau-Weiß gestrichen und wird links und rechts von den beiden Schaufenstern flankiert.
    Neugierig betrachte ich, welche Themen Bea darin präsentiert: Im rechten steht ein großes Lebkuchenhaus, der Boden ist mit weißer Watte ausgelegt, die wohl Schnee darstellen soll. Auf einem Schlitten liegen mehrere Astrid-Lindgren-Bücher, darunter und daneben Koch- und Backbücher, ein Band mit alten Sylter Sagen und eine wunderschön illustrierte Bibel. Kein Zweifel, in wenigen Tagen ist Weihnachten.
    Das linke Fenster steht offensichtlich im Zeichen der guten Vorsätze, die so mancher an Silvester fasst. Ein großer Schornsteinfeger, Blumentöpfe mit vierblättrigem Klee und Luftschlangen weisen auf den Jahreswechsel hin. Diätbücher, Reiseführer, Esoterik-Ratgeber oder Gesundheitsbücher sprechen ihre eigene Sprache – je nachdem, ob man sie als Mahnung oder Inspiration verstehen will. Beide Fenster sind liebevoll dekoriert und alles andere als kitschig überladen – sie sehen eben ganz nach Bea aus!
    Meine Tante öffnet die Eingangstür, und schon schlägt mir der typische Duft entgegen, der in fast allen Buchhandlungen hängt: diese köstliche Mischung aus dem Staub, den Bücher anziehen, dem

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