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Inselzauber

Inselzauber

Titel: Inselzauber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriella Engelmann
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gießt. Petrus ist Nele, Leon, den Touristen und mir an diesem Tag jedoch hold, so dass wir ideales Fahrradwetter haben, weil anstelle der steifen Brise heute nur ein laues Frühlingslüftchen weht.
    »Da bin ich ja mal gespannt, wie Nele und Alexander das mit dem Segeln hinbekommen wollen«, kommentiert Leon die Witterung, als wir uns nach Ladenschluss auf die Räder schwingen und in Richtung Rantum fahren.
    Ich habe von Bea noch Knuts altes Fernglas und eine Radkarte bekommen und mich für meine Verhältnisse relativ sportlich gekleidet. Nicht so schick und gestylt wie Nele, sondern eher praktisch. Schließlich will ich Fahrrad fahren und keinen Schönheitswettbewerb gewinnen.
    Bis Rantum brauchen wir bei ziemlich hohem Tempo eine Stunde, und ich bemerke schmerzlich, wie wenig ich für diese Form von Bewegung trainiert bin. Ich bin zwar fit, was das Stehen und die Spaziergänge mit Timo betrifft, jedoch nicht beim Radfahren. Daher bin ich froh, als wir den Ortseingang erreichen und ein Schild mit dem Hinweis »Hafen« auftaucht – das Ziel unserer Tour. Vom Deich aus kommen wir an einen Anleger, an dem kleine Sportboote ankern. Sofort muss ich wieder an Nele denken und frage mich, wie es ihr wohl geht. Wir fahren weiter in Richtung Norden und erreichen schließlich den Damm, der das Rantum-Becken zur offenen See hin abgrenzt.
    Dort liegt das Naturschutzgebiet, in dem sich unzählige Brut- und Rastvögel niedergelassen haben. Von Onkel Knut kenne ich noch die gängigsten Vogelarten und freue mich darüber, dass ich gegenüber Leon mit meinem Wissen angeben kann.
    »Das da sind Seeschwalben«, doziere ich, »und dieser Vogel hier ist eine Uferschnepfe, auch wenn er aussieht wie ein ägyptischer Ibis.«
    »Und wie heißt dieses gefiederte Exemplar hier?«, versucht Leon mich auf die Probe zu stellen.
    Kühn behaupte ich, dass es sich hierbei um einen Säbelschnäbler handle. Keine Ahnung, ob das wirklich stimmt, doch es macht Spaß, sich einfach mal mit etwas anderem zu beschäftigen als mit seinen Mitmenschen oder der Arbeit.
    Die Natur hat ihren eigenen Rhythmus, und wenn man sich darauf einlässt, erscheint einem so manches nicht mehr so furchtbar wichtig.
    »Sieh mal. Schön, nicht?«, flüstere ich Leon zu und gebe ihm mein Fernglas. Auf einer der unzähligen Steininseln füttert gerade eine Silbermöwe ihre Jungen, die im kuscheligen Nest auf ihr Abendessen warten.
    »Willst du eigentlich Kinder?«, fragt Leon mich unvermittelt.
    Ich bin irritiert. Welch intime Frage, die so gar nicht im Kontext zu der Harmlosigkeit einer Radtour steht. »Ich wollte Kinder mit Stefan. Ob ich jetzt noch welche will, weiß ich ehrlich gesagt nicht (jedenfalls nicht, wenn ich an meine täglichen Begegnungen mit Paula denke). Momentan weiß ich noch nicht einmal, wie es mit mir selbst weitergeht, daher stellt sich diese Frage einfach gar nicht. Und du?«, spiele ich den Ball an Leon zurück. »Hattest du mit Julia Kinder geplant?«
    »Nein«, lautet die prompte Antwort, auf die sogleich ein tiefer Seufzer folgt. »Ich hätte schon gern welche, schließlich stamme ich aus einer Großfamilie mit zwei Brüdern und einer Schwester. Aber dass das mit Julia nichts werden würde, war eigentlich von Anfang an klar. Sie hat, seitdem ich sie kenne, in erster Linie ihre Karriere im Kopf. Sie wollte immer schon viel reisen und im Ausland arbeiten. Keine ideale Voraussetzung, um eine Familie zu gründen.«
    »Hmm«, sage ich und nicke. So etwas hatte ich mir schon gedacht. »Aber was ist mit dir? Du bist auf Sylt geboren. Wird dir das alles nicht manchmal zu eng? Hast du nie das Bedürfnis, noch einmal etwas anderes zu sehen?«, frage ich und starre gleichzeitig auf die unendliche Weite des Meeres, die im absoluten Widerspruch zu dem steht, was ich soeben über die Beengtheit des Lebens auf der Insel gesagt habe.
    »Ich glaube, du hast ein falsches Bild von mir«, antwortet Leon beinahe ärgerlich. »Ich bin nicht hier festgewachsen, auch wenn es manchmal vielleicht den Anschein hat. Ich bin zwar auf Sylt geboren, aber studiert habe ich in Freiburg. Vor dem Studium war ich ein Jahr in England und habe dort ein Volontariat im Vertrieb eines Buchverlags gemacht. Nach der Uni habe ich eine Weile in Köln gelebt und dort für die
Rundschau
gearbeitet. Und, ach ja, gelegentlich pflege ich auch Urlaub zu machen und tatsächlich zu verreisen. Ich war schon in …«
    » STOPP !«, rufe ich und halte Leon den Mund zu. »Ich hab es verstanden, bitte

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