Inselzirkus
kam. »Hi, Carlotta! Kristin hat mir gerade erzählt, warum du hier bist.« Sie zeigte auf Bussos Hose. »Das hast du super hingekriegt!« Sie griff nach Carlottas Arm und machte ein paar gemeinsame Schritte mit ihr. »Ich weià ja nicht, was Kristin dir erzählt hat«, tuschelte sie, »aber du solltest nicht alles glauben. Sie meint, Heidi und ich wären auf Harrys Abschussliste gelandet, in Wirklichkeit wollte er aber Kristins Rolle streichen.«
Mamma Carlotta sah sie verblüfft an. »Woher weiÃt du das?« Und als Beate zögerte, fragte sie gleich weiter: »Aus erster Hand?«
Beate nickte. »Wir müssen aufpassen, Carlotta! Ich glaube, Heidi und Kristin stecken unter einer Decke. Könnte sein, dass die beiden gemeinsame Sache mit Harry gemacht haben. Würde mich nicht wundern, wenn sie uns beiden den Mord in die Schuhe schieben wollen.«
In der Tür des Zirkuswagens, in dem die Garderobe der Schauspieler untergebracht war, erschien eine Frau. »Beate, kommst du bitte? Wir müssen deine Hose noch abstecken!«
Beate tätschelte zum Abschied Mamma Carlottas Hand. »Ich habe abgenommen«, strahlte sie, »ist das nicht groÃartig?« Sie machte die ersten Schritte rückwärts. »Wir sehen uns gleich in Käptens Kajüte, oder? Bin gespannt, wie die Location rüberkommt.«
Sie drehte sich um und lief auf den Wagen zu, in dem sie erwartet wurde. Drahtig und sportlich, mit langen federnden Schritten.
Der Wachmann stand immer noch da und starrte Mamma Carlotta an. Also fasste sie sich ein Herz und ging auf die Schranke zu, als hätte sie das reinste Gewissen der Welt. Da sie nicht umgehend geöffnet wurde, fragte sie erstaunt: »Wollen Sie mich nicht rauslassen?«
»Sagen Sie mir erst mal, wie Sie hier reingekommen sind!«
Mamma Carlotta sah den Wachmann so an, wie sie Dino angeblickt hatte, wenn der dahintergekommen war, was er zu Weihnachten bekommen würde, und sie ihn unbedingt im Unklaren lassen wollte. »Haben Sie das vergessen? Sie haben mir höchstpersönlich die Schranke geöffnet.«
Der Wachmann starrte sie an, als wollte er von ihrem Gesicht ablesen, dass sie ihn zum Narren hielt. »Das wüsste ich aber!«
Mamma Carlotta schüttelte den Kopf, als habe sie soeben erkannt, dass es mit der geistigen Gesundheit des Wachmanns bergab ging. »Sie sprachen mit einem Reporter des Inselblattes. Da haben Sie mir wohl ganz in Gedanken die Schranke geöffnet.«
Es war nicht zu übersehen, dass der Wachmann das für ausgeschlossen halten wollte. Trotzdem erkannte Mamma Carlotta die Unsicherheit, die in seine Augen stieg.
»Bei meinem Onkel Ludano fing es auch so an. Aber der ist uralt geworden, machen Sie sich also keine Sorgen!«
Als sie sah, wie das Gesicht des Wachmanns fahl wurde, tat er ihr beinahe leid. Aber dann erinnerte sie sich daran, dass er es nicht anders verdient hatte. Wer ihre Antipasti zurückwies und auf ihre Zabaione verächtlich hinabblickte, musste bestraft werden.
Als kleinen Trost schenkte sie ihm ein freundliches Lächeln, als er die Schranke anhob. Doch es bewirkte nicht viel. Als sie bei Busso Heinemann angekommen war, warf sie einen Blick zurück und sah, wie der Wachmann ängstlich seine Schläfen massierte.
Dieser Sieg machte sie selbst geradezu verwegen. Todesmutig blickte sie dem Tiger ins Gesicht, während sie Busso seine Jeans reichte.
Erik hatte den Wagen in der Nähe der Friesenkapelle geparkt. In einem der Häuser am Dorfteich wurde ein Familienfest gefeiert, die Gäste hatten sämtliche Parkmöglichkeiten in der Nähe des Inselzirkus ausgeschöpft. Sören hätte den Wagen vermutlich einfach ins Feld gefahren, aber Erik ging mit seinem Auto nicht so unbekümmert um wie sein Assistent, der um einen freien Nachmittag für seinen Umzug gebeten hatte.
Als Erik die Fahrertür aufschloss, warf er einen Blick zum Friedhof, aber den Gedanken, Lucias Grab zu besuchen, verwarf er gleich wieder. Er fühlte sich nicht gut. Die Fragen, die er sich an Lucias Grab immer stellte, würden alles noch schlimmer machen. Warum gerade sie? Warum war sie ausgerechnet an diesem Tag nach Niebüll gefahren? Warum hatte alles so kommen müssen? Manchmal fragte er sich sogar, warum er Lucia nach Sylt geholt hatte. Wäre sie in ihrer Heimat geblieben, könnte sie noch leben!
Nein! Er lieà sich auf den Fahrersitz fallen und
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