Inselzirkus
gesagt.«
»Aber warum das Ganze?« Sören bog mit quietschenden Reifen in die StrandstraÃe ein.
»Ich nehme an, dass sie selbst die Stalkerin ist.«
Sören gab einen Laut von sich, als habe ein Gedanke ihn erschreckt. »Hat nicht Ihre Schwiegermutter so etwas gesagt?«
Aber Erik winkte ärgerlich ab. Auf keinen Fall wollte er sich vorhalten lassen, dass Mamma Carlotta ihm voraus gewesen sei, dass der Fall womöglich längst gelöst wäre, wenn er auf sie gehört hätte.
»Sie hat Markreiter vor Max Triebel gerettet, der irgendwas Böses über ihn schreiben wollte. Hat ihn einfach abgeknallt. Während sie ihn beobachtet hat, ist ihr aufgegangen, dass er sich heimlich mit Alina Olsted trifft. Wahrscheinlich hat sie genau das angenommen, was auch Carolin geglaubt hat.«
Sören nickte. »Dass sie seine Geliebte ist. Aber da hat sie was Raffinierteres gefunden, als sie einfach abzuknallen. Die Olsted sollte ausgeschaltet werden, indem sie verleumdet wird.« Sören hielt vor dem Hotel Windrose und wollte aus dem Wagen springen. »Hoffentlich ist sie in ihrem Zimmer.«
Erik griff nach seinem Arm und hielt ihn zurück. »Schauen Sie mal!« Er wies auf eine junge Frau, die die DünenstraÃe entlanggelaufen kam. Immer wieder sah sie sich um, erst an der Einmündung zum Mittelweg wurde sie langsamer. Sie stieà die Luft von sich, griff in ihre Haare, strich sie nach hinten, dann atmete sie tief durch und ging mit zügigen Schritten auf das Hotel Windrose zu. »Die sieht aus, als wäre sie auf der Flucht.«
Sie erreichten Sandra Zielcke erst an der Eingangstür. Erschrocken fuhr sie herum, für Sekundenbruchteile leuchtete die Angst aus ihren Augen. Aber sie hatte sich schnell in der Gewalt. »Wollen Sie zu mir?«
Erik nickte. »Woher kommen Sie?«
»Geht Sie das was an?«
Erik betrachtete ihr erhitztes Gesicht, ihre schnellen Augen, das nervöse Zucken über der linken Braue. »Sind Sie vor jemandem weggelaufen?«
Sandra Zielcke lachte. »Ich war joggen! Was dagegen?«
»In StraÃenkleidung?«
»Warum interessiert Sie das?«
Erik beantwortete diese Frage nicht. »Möchten Sie mit uns auf Ihrem Zimmer sprechen oder lieber in der Lobby?«
»Ãberhaupt nicht!« Sandra Zielcke wandte sich dem Aufzug zu und wollte auf einen Knopf drücken.
Aber Eriks Stimme hielt sie zurück. »Dann also im Kommissariat! Sie sind vorläufig festgenommen. Folgen Sie uns bitte!«
Sie hatten Sandra Zielcke bis zur Friesenkapelle verfolgt, dann mussten sie aufgeben. Sandra war schon auf der anderen Seite des Dorfteichs angekommen, und es sah nicht so aus, als würde ihr bald die Puste ausgehen.
Mamma Carlotta hielt sich keuchend die Seiten, und Tove schnaufte so heftig, dass sie sich besorgt nach seinem Blutdruck erkundigt hätte, wenn es ihr gelungen wäre, ein Wort herauszubringen. Fietje dagegen kam im Bummelschritt heran, sehr zufrieden, dass er zeitig erkannt hatte, wie unsinnig die ganze Rennerei war. »Ich dachte mir gleich, dass die sich nicht fangen lässt.«
Mamma Carlotta öffnete ihre Jacke, zog sich den Schal vom Hals und bemühte sich um ruhige Atmung. Die Verfolgungsjagd hatte ihr alles abverlangt, ihre Knie zitterten, der Schweià brach ihr aus allen Poren. Dabei hatte sie sich bis zu dieser Stunde für topfit gehalten, wo sie doch, wenn sie dem Nachbarn bei der Weinlese half, immer länger durchhielt als ihre Schwiegertöchter. Nun aber musste sie sich wohl zu den Einschränkungen bekennen, die das Alter mit sich brachte. Wenn sie allerdings sah, wie schlecht Toves Kondition war, obwohl er erstens ein Mann und zweitens drei Jahre jünger war, konnte sie wohl doch mit sich zufrieden sein. Von Fietje ganz zu schweigen, der es vermutlich nicht einmal schaffen würde, sich vor Massimo, dem Wachhund von Signora Fabiani, in Sicherheit zu bringen.
Als Mamma Carlotta wieder bei Atem war, erzählte sie Tove und Fietje von Massimo, der sich gelegentlich von seiner Kette losriss und dann seinen Spaà daran hatte, die Dorfbewohner zu jagen. Erstaunliche sportliche Leistungen kamen dabei immer wieder zutage. Dinos Neffe Gerardo hatte sich zwei Wochen nach seiner Flucht vor Massimo sogar beim Perugia-Lauf angemeldet, derart überrascht war er von seiner eigenen Leistungsfähigkeit gewesen. »Aber da er in Perugia nicht von Massimo gehetzt wurde und
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