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Inselzirkus

Titel: Inselzirkus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisa Pauly
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einbilden. Das passiert mir oft. Manchmal fürchte ich, dass ich schon unter Verfolgungswahn leide.« Er spielte gedankenverloren mit dem Einband eines Buches, das neben ihm auf dem Bett lag.
    Obwohl es nicht seine Art war, fiel Erik mit seiner Frage ins Haus: »Besitzen Sie eine Waffe?«
    Bruce Markreiter nickte, ohne zu zögern. »Ja. Und einen Waffenschein auch.« Dann fuhr er sich mit beiden Händen durch die Haare, eine Geste, die Erik einstudiert vorkam. Sicherlich wusste Markreiter, dass eine perfekte Frisur für sein gutes Aussehen nicht nötig war. Im Gegenteil! Ihm stand das Legere, Nachlässige besonders gut. Und er schien zu glauben, dass sein angenehmes Äußeres ihm Vorteile verschaffen könnte.
    Â»Welches Kaliber?«, fragte Erik und versuchte, Bruce Markreiter spüren zu lassen, dass er sich nicht vom attraktiven Äußeren eines Schauspielers beeindrucken ließ.
    Â»7,65!«, kam es zurück.
    Wie aus der Pistole geschossen, dachte Erik und musste über seine heimliche Wortspielerei lächeln. Dann erst wurde ihm die Bedeutung der Antwort klar, und seine Miene wurde schnell wieder ernst. »Tatsächlich Kaliber 7,65?«, wiederholte er ungläubig. »Wo ist die Waffe?«
    Â»Hier!« Bruce Markreiter zeigte auf einen Schrank, der über seinem Bett angebracht war.
    Bei dieser Gelegenheit fiel Erik auf, dass Markreiters Fingernägel tatsächlich perfekt manikürt und seine Hände sehr gepflegt waren. Erik bemühte sich, gegen den Teil seiner Antipathie anzugehen, der nichts mit dem Fall zu tun hatte. Sonst würde er Bruce Markreiter womöglich eine Schuld nachweisen wollen, weil der sich die Hände maniküren ließ und teure Lederhandschuhe trug, um sie zu schützen.
    Markreiter erhob sich, um die Waffe aus dem Schrank zu holen, aber Erik hielt ihn zurück. »Stopp! Das mache ich selbst!«
    Bruce Markreiter ließ sich wieder zurücksinken. »Was soll das?«, fragte er und verlor schlagartig jede Konzilianz. »Sie behandeln mich wie einen Verdächtigen!«
    Erik sah sich genötigt, seine Stimmlage und auch seinen Tonfall zu verändern. »Max Triebel war einer Geschichte auf der Spur, die morgen auf dem Titel der Blitz stehen sollte. Dabei ging es um Sie, Herr Markreiter.« Er stand auf, damit er auf den Schauspieler hinabblicken konnte. »Ich halte es für möglich, dass Sie das verhindern wollten. Sie wissen, dass Max Triebel erschossen wurde, und ich weiß, dass Sie im Besitz einer Pistole sind. Was ich noch weiß: Triebel wurde von einem Geschoss mit dem Kaliber 7,65 getötet. Im Klartext: Sie stehen unter Mordverdacht.«
    Seine Entschlossenheit blieb nicht ohne Wirkung. Bruce Markreiter starrte mit offenem Mund zu ihm hoch. Anscheinend war lange nicht mehr so direkt und unverhohlen mit ihm umgegangen worden. »Ich soll den Journalisten umgebracht haben? Sind Sie von allen guten Geistern verlassen? Ich habe gar keine Munition. Nur die Waffe! Als Abschreckung! Falls ich mal wieder von einem Fan verfolgt werde.«
    Erik öffnete das Schrankfach und blickte hinein. »Wo ist die Pistole?«
    Markreiter erhob sich ebenfalls und blickte ihm über die Schulter. »Da! Rechts! Oder … etwa nicht?« Er ließ die Arme sinken und sah aus wie ein Schüler, der durch offenkundige Reue das Strafmaß verringern wollte. »Tatsächlich, sie ist weg. Gestohlen!«

    Mamma Carlotta lief durch alle Räume. Niemand zu Hause! Die Tomatensuppe stand kalt auf dem Herd, die Vorbereitungen der Spaghetti alla carbonara waren nicht fortgeschritten, nicht mal von der Zabaione hatte jemand genascht. Wie es aussah, waren die Kinder zu irgendwelchen Freunden gegangen, um mit ihnen über ihre Erlebnisse beim Casting zu sprechen, und Erik und Sören anscheinend noch mit dem neuen Mordfall beschäftigt. Sie war allein zu Hause – ein unerträglicher Zustand für Carlotta Capella!
    Daheim in Umbrien war sie nie allein. Die Familie war groß, und außer Lucia waren alle in dem Dorf geblieben, wo sie zur Welt gekommen waren. Sechs Kinder und Schwiegerkinder und unzählige Enkel! Wie sollte man da jemals allein sein? Außerdem gab es immer die Möglichkeit, zu einem Nachbarn zu gehen. Dort saß die Nonna oder der Nonno bei gutem Wetter vor der Tür, und da das Wetter meistens gut war, brauchte man nur die Gasse entlangzugehen und hatte jede Menge

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