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Inselzirkus

Titel: Inselzirkus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisa Pauly
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halbe Stunde vorher losgegangen war.
    In diesem Fall war von den Dreharbeiten nichts zu sehen, sie fanden am Strand, in der Nähe des Restaurants Wonnemeyer, statt. Aber vor dem Eingang des Campingplatzes, direkt unter einer Laterne, stand ein Bus mit der Aufschrift »Eidam-TV«, daneben ein junger Mann, der mit einer Kabeltrommel hantierte, und ein Camper, der auf ihn einredete. Augenscheinlich regte er sich darüber auf, dass Eidam-TV sich unterstand, einen Teil des Strandabschnitts abzusperren, wo er seinen Abendspaziergang zu machen pflegte. »Der Strand ist für alle da!«, hörte Erik ihn rufen. »Wozu zahle ich Kurtaxe?«
    Der Angestellte von Eidam-TV war, wie Erik kurz darauf feststellte, Kölner, konnte es aber, was Schwerfälligkeit und Gelassenheit anging, ohne Weiteres mit einem Friesen aufnehmen. Er beantwortete jeden Einwand des Campers, der immer ärgerlicher wurde, mit demselben stoischen »Kommt nicht infrage!« und zeigte keinerlei Ungeduld – nicht einmal als der Camper erkennen ließ, dass er auch vor Tätlichkeiten nicht zurückschrecken würde, sollte ihm der Weg durch die Dünen versperrt bleiben. Selbst als er feststellte, dass die Kriminalpolizei von Sylt per Fahrrad aufgetaucht war und ebenfalls Zugang zum Drehort verlangte, blieb er ruhig und winkte Erik und Sören durch, während der Camper tobte, weil das Leben ungerecht war, die Fernsehfritzen sich überall breitmachten und die Obrigkeit sich Sachen herausnahm, die dem kleinen Touristen verwehrt blieb. Und dabei war er es, der Kurtaxe bezahlte!
    Ein paar Minuten später stiefelten Erik und Sören über den Schlängelpfad durch die Dünen. Aus der Dämmerung war längst Dunkelheit geworden. Aber zum Glück war der helle sandige Pfad, der das Heidekraut durchschnitt, unter dem klaren Mondlicht gut zu erkennen. Eigentlich hätte er gern mit seinem Assistenten über den Anruf der Staatsanwältin gesprochen, aber da mit keiner intelligenten Antwort zu rechnen war, unterließ er es.
    Sie hatten kaum den Inselzirkus verlassen, als Eriks Handy geklingelt hatte und die Nummer von Frau Dr. Speck im Display zu erkennen gewesen war. Am liebsten hätte Erik sein Handy in die Jackentasche zurückgesteckt. Er hatte damit gerechnet, dass sie ihm Vorschriften machen wollte, wie er mit der Presse umzugehen habe, dass er Rücksicht auf den prominenten Namen nehmen und daran denken müsse, welche Schwierigkeiten auf die Polizei und die Staatsanwaltschaft zukommen konnten, wenn ein Verdächtiger verhaftet wurde, den die ganze Nation kannte. Womöglich hatte es sogar schon eine Beschwerde gegeben, weil irgendjemand bemerkt hatte, dass die Mordkommission volltrunken am Tatort erschienen war.
    Aber zu Eriks großem Erstaunen bekam er weder Ermahnungen noch versteckte Drohungen zu hören, mit denen Frau Dr. Speck sonst immer großzügig umging, wenn sie mit dem Westerländer Polizeirevier zu tun hatte.
    Seufzend hatte Erik sich gemeldet, weil er fürchtete, dass er am nächsten Tag dem Chefredakteur des Inselblattes, mit dem die Staatsanwältin befreundet war, ein Interview geben müsse und dass anschließend sämtliche Blätter der Regenbogenpresse in seinem Büro erscheinen würden.
    Aber Frau Dr. Speck bewies mal wieder, dass sie für jede Überraschung gut war. »Was habe ich gehört, Wolf? Bruce Markreiter steht in Verdacht, diesen Journalisten erschossen zu haben?« Ehe Erik fragen konnte, wo sie diese Auskunft bekommen hatte, fuhr sie schon fort: »Dass mir das nicht an die große Glocke kommt! Verstanden?«
    Â»Wie meinen Sie das?«, fragte Erik verdutzt.
    Â»Wie ich es gesagt habe!« Die Staatsanwältin schätzte es nicht, wenn jemand ihrem Tempo nicht folgen konnte und umständlicher dachte und redete als sie. »Ich halte Ihnen die Presse vom Leib! Jeden Journalisten, der sich bei Ihnen meldet, verweisen Sie an mich! Klar?«
    Â»Klar!«
    Â»Und Sie informieren mich laufend über Ihre Ermittlungsergebnisse. Kapiert?«
    Â»Kapiert!« Erik war diesmal über den minimalistischen Redestil der Staatsanwältin froh gewesen, der es ihm gestattet hatte, ebenso knapp zu antworten.
    Voller Erstaunen hatte er sein Handy wieder eingesteckt, nachdem die Staatsanwältin ihm jede erdenkliche Hilfe zugesichert hatte.
    Der Weg war nicht weit, schon bald hatten sie den Dünenkamm überschritten und

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