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Inselzirkus

Titel: Inselzirkus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisa Pauly
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können, als sie an der Einmündung vorbeifuhren, und sich ansonsten darauf konzentrieren müssen, trotz der schwankenden Last auf ihrem Gepäckträger zügig voranzukommen.
    Carolins Stimme hatte sie sich erst aus dem Ohr gewischt, als die Friesenkapelle in Sicht gekommen war. Ihr Vater sei noch nicht zu Hause, hatte sie kühl erklärt, er habe mit dem neuen Mordfall zu tun. Und ihre Nonna solle sich ruhig mit ihren neuen Bekannten rumtreiben, ihr wäre das total egal. »Schleim dich nur ein! Vielleicht bekommst du dann sogar eine echte Nebenrolle! Ich werde heute Abend weiter an ›Minna von Barnhelm‹ arbeiten. Wahrscheinlich bewerbe ich mich später am Theater. Meine Großmutter hat mir ja meine Zukunftsaussichten beim Fernsehen verdorben!« Und damit hatte sie aufgelegt.
    Mamma Carlottas Herz hatte geblutet. Carolin war der Meinung, dass sie sich herumtrieb! Dass sie ihr sämtliche beruflichen Perspektiven kaputt machte! Und dass sie das alles nur tat, um selbst an eine größere Rolle zu kommen! Wie brachte sie das nur wieder in Ordnung?
    Leider war ihr auf Anhieb nichts eingefallen, womit sie sich Carolins Liebe zurückholen konnte, so blieb ihr nichts anderes übrig, als darauf zu vertrauen, dass ihre Enkelin bald erkennen würde, was der Chefautor für ein Mann war. Vielleicht würde sich am nächsten Tag herumsprechen, was mit ihm geschehen war. Und dann musste sich jeder vernünftige Mensch sagen, dass Harry Jumperz eine solche Rache verdient hatte. Jedes noch so junge Küken wusste dann, dass es einmal zum Huhn wurde. Und wenn vier Hühner dafür sorgten, dass es Harry Jumperz an den Kragen ging, dann würde auch Carolin erkennen, dass der Weg vom Küken zum Huhn nicht weit war. Und dass ein Huhn, wenn es reichlich Eier gelegt hatte, im Suppentopf landete! Jedenfalls, wenn der Koch Harry Jumperz hieß!
    Das Taxi wendete gerade vor der Friesenkapelle und kehrte in den Ort zurück. Kristin sprang vom Gepäckträger, um die letzten Meter zu Fuß zu gehen, was Mamma Carlotta, die im Fahrradfahren nicht sehr geübt war, ins Straucheln brachte. Schlingernd hielt sie auf Heidi und Beate zu, verzweifelt bemüht, ihnen auszuweichen, aber dennoch unfähig, eine andere Richtung einzuschlagen als auf die beiden zu.
    Heidi fing sie schließlich auf, indem sie nach dem Lenker griff, während Kristin geistesgegenwärtig den Gepäckträger packte und damit verhinderte, dass das Rad zu Boden fiel. Als es sicher am Zaun des Friedhofs stand, zogen Heidi und Beate aus jeder ihrer Manteltaschen ein Sektfläschchen hervor.
    Mamma Carlotta war sehr erstaunt gewesen, dass Tove so etwas im Angebot hatte. Und er selbst war nicht  minder verwundert gewesen, dass jemand danach fragte. Die Piccoloflaschen gehörten anscheinend noch zur Erstausstattung von Käptens Kajüte, aber da Wein und Sekt im Gegensatz zu Grillgut und Mayonnaise ruhig etwas länger lagern durften, setzte Mamma Carlotta das Fläschchen genauso freudig an die Lippen wie die anderen drei.
    Â»Auf uns«, rief Heidi. »Auf den Club der Bösen Hühner!«
    Â»Pscht«, machte Mamma Carlotta. »In der Nähe der Schranke kampiert ein Obdachloser.«
    Â»Das trifft sich gut«, rief Heidi lachend. »Dem schenken wir nachher Harrys Hose.«
    Diese Idee fand Mamma Carlotta genauso originell wie die anderen drei. Sie hatte nun wieder nichts anderes im Sinn, als es dem Kerl heimzuzahlen, der ihre Enkeltochter belästigt hatte. Ohne Hose sollte er dastehen und merken, wie schnell es mit seiner Autorität dann vorbei war. Ohne Hose war jeder Mann der Lächerlichkeit preisgegeben, ob der kleine Unterschied wirklich ein kleiner oder ein großer war. Dass Jumperz gezwungen sein würde, die Nacht in der Kulissenhalle zu verbringen, geschah ihm ganz recht. Vor allem aber, dass er am nächsten Morgen würde bekennen müssen, von vier Hühnern überwältigt worden zu sein, die ihm die Hose ausgezogen und ihn hilflos zurückgelassen hatten. Ganz Eidam-TV würde sich totlachen!
    Plötzlich fiel ihr etwas ein. »Was ist, wenn er in den Zirkuswagen geht, in dem die Garderobe aufbewahrt wird, und sich was zum Anziehen holt?«
    Aber Heidi konnte sie beruhigen. »Die Kleidung sämtlicher Darsteller wird abends ins Hotel gebracht. Die Zirkuswagen sind nicht sicher genug. Stell dir vor, wir fangen heute mit einer Szene an, die

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