Inselzirkus
morgen fortgesetzt wird! Was wäre, wenn in der Nacht die Kleidung geklaut würde?«
Nun, da es so weit war, freute Mamma Carlotta sich sogar, dass ihr die Flucht an den heimischen Herd nicht gelungen war. Heidi hätte sie nie wieder eine moderne, emanzipierte Frau genannt, wenn ihr Spaghetti alla carbonara wichtiger gewesen wären als Harry Jumperzâ wohlverdiente Strafe. Und Erik hatte sie damit ebenfalls heimgezahlt, dass er sie bei Eidam-TV gesucht hatte wie ein Kind, das daran gehindert werden sollte, sein erstes Bier zu trinken. Sosehr sie die Fürsorge ihres Schwiegersohns schätzte, das ging zu weit! Dass sie nun etwas plante, was er niemals gutheiÃen würde, geschah ihm ganz recht.
Heidi sah auf die Uhr. »Der Zeitpunkt ist günstig«, sagte sie. »Der Wachmann patrouilliert stündlich. Immer zur vollen Stunde! Wir haben also fünfzig Minuten Zeit.«
Kurz darauf schlichen sie den Zaun entlang, bis sie auf die Wand der Leichtbauhalle trafen. Mamma Carlotta hatte vorher festgestellt, dass die Decke, die Busso Heinemanns Zuhause darstellte, leer war und dass er den Einkaufswagen von Feinkost Meyer mit seinen Habseligkeiten tief ins Gebüsch geschoben hatte. Er war also unterwegs und würde hoffentlich erst zurückkehren, wenn die Rache an Harry Jumperz vollzogen war.
Nun war sie unversehens zur Anführerin der Bösen Hühner geworden, weil sie als Einzige einen Weg kannte, der auf das Gelände von Eidam-TV führte, ohne dass die Alarmanlage ausgelöst wurde. Hoffentlich hatte sie Fietjes Worte richtig in Erinnerung! Und hoffentlich hatte sich nichts geändert, seit er Bruce dabei beobachtet hatte, wie dieser mit einer Frau in das Gelände eingedrungen war.
Als sie an der Stelle angekommen waren, die Fietje beschrieben hatte, drängte sich Mamma Carlotta den anderen voran durch ein dichtes Gebüsch â und stand dann tatsächlich vor einem Spalt, der sich zwischen der Wand der Leichtbauhalle und dem Sicherheitszaun öffnete. Ein schmaler Spalt! Sehr schmal sogar.
»Höchstens GröÃe vierzig«, flüsterte Heidi. »Das wird knapp.« Sie bedachte Mamma Carlotta, die in ihrem ganzen Leben noch nicht mit der KleidergröÃe vierzig geliebäugelt hatte, mit einem vielsagenden Blick und strich sich dann über die eigenen Hüften. »Was ist, wenn Carlotta und ich da nicht durchpassen?«
Beate schlüpfte ihnen voran. Kein Problem bei ihrer schlanken Figur. Dann reichte sie Heidi die Hand, die sich in den Spalt schob, und begann zu ziehen. Auf der andere Seite tat Kristin ihr Bestes, Heidi durch den Spalt zu schieben. Erleichtert stöhnte sie auf, als es geschafft war.
Ãchzend hielt sich Heidi die Seiten. »Gott sei Dank!«
Augenblicke später stand Mamma Carlotta voller Stolz neben ihr. Es hatte sich gezeigt, dass sie zwar molliger war als Heidi, aber augenscheinlich schmalere Hüften hatte und deshalb viel leichter durch den Spalt gekommen war.
»Im Bürowagen brennt Licht«, flüsterte Kristin.
»Keine Panik«, raunte Heidi zurück. »Das hat der Wachmann angemacht. Bei der nächsten Patrouille löscht er es wieder. Immer im Wechsel. Damit beweist er, dass er stündlich da war.«
»Und dadurch wird Bewegung vorgetäuscht«, ergänzte Beate.
Heidi verteilte die Masken, und kurz darauf standen sich vier groÃe Hühner gegenüber. Ein seltsames Bild. Obwohl ihr die Situation mit einem Mal so absurd erschien, dass man eigentlich nur in Gelächter ausbrechen konnte, blieb Mamma Carlotta ernst. Genau wie die anderen drei. Die Heiterkeit war mit einem Schlag verflogen. Würde es ihnen gelingen? Würde Jumperz womöglich einer von ihnen die Maske herunterziehen? Oder sich so erbittert wehren, dass es zu Verletzungen kam? Aber keine gab sich die BlöÃe, ihre Zweifel zu äuÃern. Sie hatten A gesagt, jetzt kam es auf das B an!
Vier groÃe Hühner schlichen auf den Eingang der Kulissenhalle zu, wo ein schwaches Licht brannte. Die Nacht war hell und ruhig. Kein Geräusch in der Nähe, nur von ferne war gelegentlich der Motor eines Autos zu hören. Mamma Carlotta vernahm das Atmen der anderen drei, spürte die Bewegung neben sich, ohne zu wissen, ob es Kristin, Heidi oder Beate war, die unruhig von einem Bein aufs andere trat. Die Spannung, die der ausgelassenen Vorfreude gefolgt war, wurde zur Last.
Mamma Carlotta hoffte schon, jemand
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