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Inselzirkus

Titel: Inselzirkus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisa Pauly
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herausgeplatzt: »Ich war in Käptens Kajüte«, hatte sie trotzig bekannt und die Entgegnung auf sämtliche Vorwürfe, die sie von ihm erwartete, gleich vorweggenommen: »Ich weiß, du hast mich oft genug vor diesem Wirt gewarnt. Aber ich kann nichts dafür! Eidam-TV hat sich ausgerechnet diese Kaschemme für Fernsehaufnahmen ausgesucht.«
    Sie war aufgesprungen und hatte sich in Positur gestellt.
    Â»Ich gehe in diese Kaschemme und sage …« Ihre Stimme hatte sich verändert, sie hatte mit einem Mal langsam und ausdrucksvoll gesprochen, ihre Miene war so feierlich geworden, als habe sie etwas kundzutun, was die Welt verändern konnte. »›Was ist das für eine … Bettola!‹ Und wenn ich herauskomme, muss ich sagen: ›Der Espresso schmeckt wie Spülwasser.‹«
    Das wiederholte sie dreimal, jeweils in einer anderen Klangfarbe, aber immer mit dem gleichen Gesichtsausdruck, der nicht zu den belanglosen Worten passte.
    Unter anderen Umständen hätte Erik sie darauf aufmerksam gemacht, dass ihr Urteil über den Espresso besser leicht dahingesagt werden sollte, aber gestern Abend hatte er nichts tun wollen, was Mamma Carlotta missfiel. Und natürlich hatte er sich auch jeden Vorwurf verboten. Anscheinend konnte seine Schwiegermutter wirklich nichts dafür, dass sie den Abend ausgerechnet in Käptens Kajüte verbracht hatte. Wenn die Produktionsgesellschaft diese Kulisse angemietet hatte, so war das nicht ihre Schuld.
    Als die Küchentür ging, zog Erik sich ins Bad zurück. Dort hörte er einen Garderobenbügel klappern und kurz darauf die Haustür ins Schloss fallen. Mamma Carlotta ging zum Bäcker, um frische Brötchen zu holen! Während er die Zahnpasta auf seine Zahnbürste drückte, stellte er fest, dass ihm die Aussicht auf ein gutes Frühstück gefiel. Hoffentlich ging es Sören genauso gut wie ihm. Sie würden heute eine Menge zu tun haben.

    Mamma Carlotta drückte die warme Brötchentüte an sich, als sie den Bäckerladen verließ. Wie gut, dass Herr Arfsten keinen Zweifel an ihrer Darstellung gehabt hatte! Nein, er hatte zu allem genickt, was Mamma Carlotta vorgetragen hatte.
    Selbstverständlich musste ein Irrtum vorliegen, wenn seine Verkäuferin behauptete, die Schwiegermutter von Hauptkommissar Wolf hätte seine Bäckerei eine Kaschemme genannt. Nachdem Mamma Carlotta ein drittes und viertes Mal beteuert hatte, dass sie von einem ganz anderen Lokal gesprochen hatte, war er restlos überzeugt gewesen.
    Zufrieden hatten sich die beiden voneinander verabschiedet. Herr Arfsten, weil er sicher sein konnte, dass seine Bäckerei ein Ort war, an den Mamma Carlotta jederzeit gerne zurückkehren würde, und sie, weil sie die Gelegenheit hatte nutzen können, dem Bäcker einen Hinweis auf seine Verkäuferin zu geben, mit deren Freundlichkeit es nicht weit her war. Für diese Anspielung hatte sich Herr Arfsten sogar herzlich bedankt. So hatte Mamma Carlotta glücklich von ihm scheiden können, mit dem guten Gefühl, etwas bewirkt zu haben.
    Nun musste sie nur noch in ihrer eigenen Familie für Ordnung sorgen. Denn Carolin hatte am Abend zuvor nicht einmal ihren Gutenachtgruß erwidert und war zu Bett gegangen, ohne ihre Nonna eines Blickes zu würdigen. Sie war dabei geblieben: Erst hatte ihre Großmutter sich eine Sprechrolle unter den Nagel gerissen und sich dann auch noch unterstanden, sie vor dem Chefautor lächerlich zu machen. Beides war unverzeihlich! Schmollend hatte Carolin sich an »Minna von Barnhelm« geklammert und wollte niemanden sonst an sich heranlassen.
    Mamma Carlotta seufzte heimlich. Wie gut, dass ihre Enkelin nie erfahren würde, was in der letzten Nacht geschehen war! Schlimm genug, dass der Schrei sie die ganze Nacht verfolgt hatte …
    Bis zu jenem Augenblick hatte sie das Abenteuer in sich aufgesogen, hatte sich unter dem großen Hühnerkostüm stark gefühlt und ihre Überlegenheit sogar genießen können. Der Club der Bösen Hühner führte ja nichts Böses im Schilde, das hatte sie sich immer wieder gesagt. Seine vier Mitglieder sorgten gewissermaßen für Recht und Ordnung. Auf ungewöhnliche Weise zwar, aber der Zweck heiligte bekanntlich die Mittel. Ein Kerl wie Harry Jumperz hatte es nicht anders verdient.
    Doch dann dieser Schrei! Harry Jumperz war zu Tode erschrocken, als er sich

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