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Inside Polizei

Inside Polizei

Titel: Inside Polizei Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Schubert Stefan
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Offiziell ist dies natürlich nicht erlaubt.
    Durch den neuen, extrem harten Einsatz-Mehrzweckstock, den Tonfa, wurde eine Vielzahl von neuen Hebel- und Grifftechniken möglich. Zum Beispiel wenn der Polizist den Tonfa im Kreuzgriff führt und damit den hockenden Blockierer umklammert. Durch das Heranziehen des Tonfa mit Muskelkraft entsteht Druck auf den Knochen des polizeilichen Gegenübers, der Knochen und die darüber befindlichen Nerven werden damit zu einem schmerzhaften Hebel umfunktioniert.
    Für diese Art des Einschreitens eignet sich so ziemlich jeder Knochen eines Störers. Arm-, Handgelenk-, Schienbein- oder Oberschenkelknochen erlauben eine Vielzahl von Varianten, je nachdem, welche Extremitäten gerade am besten zu greifen sind. Dieses Vorgehen führt zu enormen Schmerzen, die jeglichen Widerstandswillen sofort brechen. Diese Eingriffstechnik verfügt über eine Menge von Vorteilen: Außenstehende nehmen diesen Griff und seine Auswirkungen kaum wahr, selbst vor einer kritischen Fernsehkamera sieht dieses Vorgehen unspektakulär und angemessen aus, nichtsdestotrotz fügen diese Griffe große Schmerzen zu, jedoch ohne grobe sichtbare Verletzungen zu hinterlassen.
    Polizisten und Atomkraftgegner waren also gleichermaßen motiviert, trainiert und kampfbereit, der Showdown 2010 konnte beginnen. 19 992 Beamte, 11 836 Landespolizisten und 8156 Bundespolizisten standen bereit und waren mit Hubschraubern, Wasserwerfern und Räumfahrzeugen im Einsatz. Allein Nordrhein-Westfalen entsandte neun Einsatzhundertschaften, drei Diensthundestaffeln, zwei technische Einheiten, einen Trupp samt Lichtwagen und Marius. Der 39-jährige, in zweiter Ehe verheiratete Mann bestritt seit nunmehr 18 Jahren seinen Dienst bei der Landespolizei und verfügte über reichhaltige Einsatzerfahrung.
    Donnerstag, der 4.11.2010, ein regnerischer Tag, bewölkt mit zwischenzeitlichen Schauern und Höchstwerten von elf Grad, war der vorgegebene Anreisetag der Polizeikräfte. Gegen Mittag verließen sie ihre Dienststellen und reisten aus ganz Deutschland in die vorgesehenen Unterkünfte. Diesmal waren aber beinahe keine Polizisten aus Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg vertreten, denn sie wurden geschont. Die Polizeiführung verschaffte ihnen so eine dringend benötigte Verschnaufpause. Wegen der eskalierenden und lang anhaltenden Demonstrationen, Blockaden und Proteste um das Großprojekt Stuttgart 21 waren die südlichen Einsatzhundertschaften an ihre Belastungsgrenze gelangt oder sogar darüber hinausgegangen.
    Die Folge davon war, dass jeder Mann und jede Frau, der oder die eine Uniform trug und nicht absolut unabkömmlich war, seinen Marschbefehl in das Wendland erhalten hatte. Wie an einem Spinnennetz gezogen, reisten Tausende Einsatzkräfte in ihre Einsatzabschnitte. Allein im Großraum Lüneburg wurden 10 000 Polizeibeamte untergebracht. Somit dürfte die 73 000 Einwohner zählende Hansestadt für kurze Zeit zu der Stadt mit der höchsten Polizeidichte weltweit aufgestiegen sein.
    Nachdem Marius für einen Moment den Anblick dieser künstlich geschaffenen Kolonie in sich aufgesogen hatte, galt es nun, schnell zu handeln, denn die wichtigste Entscheidung des Einsatzes stand an. Von ihr hing ein Großteil des eigenen Empfindens und Wohlergehens der nächsten fünf Tage ab. Die Bettenwahl!
    Nach der Zuteilung der Container hieß es, möglichst schnell, aber nicht zu offensichtlich zu seinem neuen Zuhause zu eilen. Die Raumcontainer der Firma eines deutschen Weltmarktführers waren alles, nur keine Platzwunder. Jeder einzelne hatte eine Länge von 5,85 Metern, eine Breite von 2,24 Metern und eine Höhe von 2,50 Metern, doch von innen wirkten sie ziemlich eng. Durch die Außentür betrat man einen kleinen Vorraum von nicht mal zwei Metern mal einem Meter, an dessen Wand eine Kleiderstange montiert war, die erfolglos wohl so etwas wie eine Garderobe darstellen sollte. Ein billiger Bürotisch und zwei Stühle raubten den Platz, den die zwei Etagenbetten noch übrig gelassen hatten. Die Container waren so eng, dass sie trotz vier Betten nur von drei Mann belegt wurden. Es gab so wenig Platz, dass die Polizisten sich nur nacheinander umziehen und ihre Einsatzkleidung anlegen konnten. Mangels Alternativen – es fehlten jegliche Schränke oder Regale – wurde ein oberes Bett als Ablage für mitgeführte Privatsachen, Koffer, Taschen und sämtliche Einsatzausrüstungen genutzt.
    Und nun hieß es schnell zu sein, um das beliebteste Bett des

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