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Inside Polizei

Inside Polizei

Titel: Inside Polizei Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Schubert Stefan
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einen Makel auf den Staatsdienst werfen. Während seiner Laufbahn führte Marius ein langes Gespräch mit einem ranghohen Beamten des Landeskriminalamtes, über dessen Schreibtisch viele dieser als geheim klassifizierten Vorgänge wanderten. Und dieser meinte: »Es gibt keine Straftat in Deutschland, die nicht auch schon von einem Polizeibeamten begangen worden ist. Ganz egal, ob Mord, Totschlag, Vergewaltigung, Erpressung, Banküberfall, Kindesmissbrauch oder der klassische Ladendiebstahl für zwei Euro zehn. Es ist alles dabei. Prozentual gesehen, sicherlich weniger häufig als in einer Vergleichsgruppe mit anderen Berufen, aber doch ist jeder Straftatbestand Polizisten vor Gericht schon nachgewiesen worden. Das ist ja auch verständlich. Polizisten sind in erster Linie nun mal Menschen, und Menschen machen Fehler und begehen Straftaten. Polizist hin oder her.«
    In dem riesigen eingezäunten und von der Außenwelt abgeschotteten Polizeiareal fanden sich unterschiedlichste Cliquen von Polizisten zusammen. Manche einten die gleichen Hobbys, der ähnliche Musikgeschmack oder übereinstimmende politische Ansichten, andere waren vollkommen unterschiedlich wie in jedem anderen Großbetrieb auch. Abends, nachdem der verwaltungstechnische Wasserkopf die Kaserne verlassen hatte und nur einzelne Aufsichtsbeamten zurückgeblieben waren, hockten diese Gruppen junger Polizisten zusammen. Es gab zutätowierte Kollegen, die jetzt zwar gesittet ein kurzärmeliges Hemd trugen, am Wochenende aber im Ecstasy- und Kokainrausch auf Techno abtanzen. Es gab eine Heavy-Metal-Fraktion, und genauso hallten auch deutsche Schlager und Lieder der Böhsen Onkelz durch die Korridore der Kaserne. Die Hits der 80er-Jahre erfreuten sich jedoch der größten Beliebtheit.
    Einige Lehrgangsteilnehmer kifften mehr oder weniger regelmäßig, und auch Marius und seine Clique sammelten ihre ersten Drogenerfahrungen innerhalb der Polizeikaserne. Doch mit Joints konnten sie nichts anfangen und kämpften beim Inhalieren eher gegen den Husten als eine berauschende Wirkung an. Sie probierten als Alternative in heißem Tee aufgelöstes Haschisch, bevor sie sich in das Rotlichtviertel der nächsten Stadt stürzten, aber auch diese Erfahrung enttäuschte sie. Also blieben die jungen Polizeischüler bei Bier und anderem Alkohol.
    Die Programme sämtlicher politischer Parteien hatten ihre Anhänger in dieser Mammutbehörde, inklusive der Ränder des politischen Spektrums. Von dem ökologisch korrekten Typen bis hin zum konservativen Hardliner war alles vertreten. Umfrageergebnisse innerhalb von Polizeikasernen würden aber sicherlich von den Wahltrends einer Vergleichsgruppe in » Freiheit « deutlich abweichen. Dazu waren das Berufsbild und die Arbeitsrealitäten dieser Männer und Frauen zu speziell, als dass sie als repräsentativ gelten könnten.
    Nachdem sich bis zur Mittagszeit der Selbstmord des Kollegen in Dannenberg herumgesprochen hatte, war vielen der Appetit auf den überbackenen Nudelauflauf gründlich vergangen, doch sie würgten ihn dennoch wortlos hinunter, denn Reserven zu schaffen war wichtiger als das persönliche Empfinden. Nach einem kurzen Besuch des Toilettencontainers ging es wieder zurück in den Einsatzabschnitt. Bei Marius und seinen Kollegen war immer noch nichts los, das änderte sich auch nicht bis 1900. Nach zwölf Stunden ermattendem Streckenschutz hieß es dann endlich zurück in die Behausung. Der Container wartete schon, doch geredet wurde heute nur das Nötigste. Und wieder hieß es essen, Toilette, Container lüften und schlafen.
    Doch um 0130 klingelte plötzlich das Diensthandy und übermittelte die sofortige Alarmierung. Der Vorgesetzte drängte zur Eile und befahl die unverzügliche Besetzung und Sicherung des zugeteilten Einsatzabschnittes. Zusätzlich ordnete die Einsatzführung das Anlegen der vollen Schutzmontur an: eine Körperweste mit Metalleinlagen und Kunststoffprotektoren an den Armen zur Abwehr und zum Schutz vor Messerattacken, Schlägen und Wurfgeschossen aller Art und Beinschoner aus hartem Kunststoff, die weit über die Knie reichten. Abgerundet wurde die Schutzausrüstung von robusten Lederhandschuhen mit Protektoren auf der Außenseite und dem Einsatzhelm. Dieser bestmögliche Schutz von Polizisten wurde allerdings schwer erkauft, genauer gesagt zehn Kilogramm schwer, denn dieses Gewicht trug nun jeder Beamte zusätzlich mit sich herum. Zwei, drei Stunden bei einem Fußballeinsatz war das leicht zu

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