Inspector Alan Banks 03 Ein unvermeidlicher Mord
sage ich immer. Die Leute haben komische Vorstellungen vom Sonntag, wissen Sie. Besonders religiöse Typen. Nach einem netten kleinen Schwatz mit dem Allmächtigen fühlen sie sich völlig sicher und selbstgefällig, aber wenn irgendetwas ihre Routine stört, gehen sie an die Decke. Der ideale Tag für Razzien und Verhöre, glauben Sie mir. Man muss nur warten, bis sie es sich mit der Sonntagszeitung gemütlich gemacht haben. Sie erwähnten vorhin ein paar Aussteiger auf einem Bauernhof, oder?«
»Das sind keine Aussteiger«, sagte Banks. »Sie versuchen nur, in der Gemeinschaft selbstständig und autark zu leben. Sie nennen den Hof Maggie's Farm«, fügte er hinzu. »Das ist der Titel eines alten Bob-Dylan-Songs. Wahrscheinlich auch eine Anspielung auf Thatcher.«
Burgess grinste. »Immerhin haben sie Sinn für Humor. Und den werden sie verdammt noch mal auch brauchen, bis wir mit ihnen fertig sind. Wir werden sie aufsuchen und ein bisschen auf Zack bringen. Wenn wir auch sonst nichts finden, Drogen werden da bestimmt rumfliegen. Wollen wir uns die Razzien aufteilen? Irgendwelche Vorschläge?«
Banks hatte keine Lust, erneut mit Dorothy Wycombe aneinander zu geraten, und Sergeant Hatchley in die FEEFZentrale zu schicken käme dem Besuch eines Elefanten im Porzellanladen gleich. Das gleiche Ergebnis hätte man, wenn Burgess hoch zu Maggie's Farm fahren würde. Ein Treffen mit Ms. Wycombe jedoch, dachte er, könnte Dirty Dick ganz gut tun.
»Ich nehme den Hof«, sagte er. »Überlassen wir Hatchley die Kirchengruppe, Richmond die Studenten, dann können Sie sich um FEEF kümmern. Während wir die Fragen stellen, können ein paar Uniformierte die Durchsuchungen vornehmen.«
Burgess' Augen verengten sich misstrauisch, dann lächelte er. »Okay, abgemacht«, sagte er.
Er weiß, dass ich ihm die Scheiße anhänge, dachte Banks, aber er lässt sich trotzdem darauf ein. Eingebildetes Arschloch.
Burgess schlang den Rest seines Essens runter. »Ich würde ja gerne noch auf ein Bier bleiben«, sagte er, »und meine Augen weiter an der hübschen Glenys weiden, aber die Pflicht ruft. Wollen wir hoffen, dass wir morgen genug Grund haben, das Mittagessen zu zelebrieren. Warum holen Sie heute Nachmittag nicht einfach etwas Schreibarbeit nach? Noch gibt es nicht viel zu tun. Und heute Abend können Sie mir vielleicht ein paar dieser urigen Dorfkneipen zeigen, von denen ich in den Tourismusbroschüren gelesen habe.«
Die Aussicht auf einen Kneipenbummel mit Dirty Dick Burgess, gleich nach einem Abend mit der Abgeordneten Honoria Winstantley, reizte Banks ungefähr so sehr wie ein Schlag ins Gesicht mit einem nassen Fisch, doch er sagte höflich zu. Schließlich gehörte es zum Job, und Burgess war sein Vorgesetzter. Wahrscheinlich würden sie für ein paar Tage zusammenarbeiten, und es würde nicht schaden, so gut wie möglich miteinander auszukommen. Mach das Beste draus, hatte Gristhorpe gesagt. Zudem erinnerte sich Banks dunkel, dass Burgess nach ein paar Gläsern nicht die schlechteste Gesellschaft war.
Burgess rutschte vom Hocker und schritt zur Tür. »Ciao, Glenys, Schätzchen«, rief er beim Weggehen über die Schulter. Banks bemerkte, wie Cyrils Hand sich mit finsterem Blick um den Zapfhahn krallte.
Banks schob seinen leeren Teller zur Seite und zündete sich eine Silk Cut an. Er fühlte sich erschöpft. Diesem Burgess nur zuzuhören erinnerte ihn bereits an alles, was er in seiner Zeit bei der Londoner Polizei gehasst hatte. Doch Burgess hatte Recht: Sie untersuchten einen politischen Mord, und die ansässigen Aktivistengruppen zu kontrollieren war der erste logische Schritt.
Es war der offensichtliche Genuss, mit dem der Superintendent die Aufgabe betrachtete, der Banks missfiel und der ihn so sehr an seine Zeit in London erinnerte. Außerdem erinnerte er sich an Burgess' Verhörmethoden, die er wahrscheinlich von der spanischen Inquisition gelernt hatte. Auf ein paar unschuldige Menschen, die einfach an die atomare Abrüstung und die Zukunft der menschlichen Rasse glaubten, kamen schwere Zeiten zu. Burgess ähnelte einem Pitbull-Terrier, er würde nicht loslassen, bis er hatte, was er wollte.
Ach, wie schön wäre jetzt ein netter britischer Mord auf dem Dorfe, dachte Banks, genau so einer wie in den Romanen: eine überschaubare Gruppe von fünf oder sechs Verdächtigen, ein zweifelhaftes Testament und keine Eile, um das Puzzle zusammenzusetzen. Aber so ein
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