Inspector Alan Banks 03 Ein unvermeidlicher Mord
zurück. »Danke, Mrs. Evans«, sagte er. »Es war sehr nett von Ihnen, dass Sie gleich vorbeigekommen sind. Constable Craig wird Sie nach Hause fahren.« Mrs. Evans nickte ernst, und Craig begleitete sie hinaus.
Sobald er wieder allein war, kontrollierte Banks den Busfahrplan und fand heraus, dass der Bus, der um zwei Uhr sechsundvierzig von Eastvale abfuhr, tatsächlich die regelmäßige Verbindung nach York war. Vor vier Uhr neun kam er dort nicht an. Als Nächstes telefonierte er mit dem Bahnhof in York. Nachdem er mit einer Reihe missmutiger Angestellter gesprochen hatte, wurde er schließlich mit einer freundlichen Frau verbunden, die für Informationen zuständig war. Durch sie stellte er fest, dass Boyd fast jeden Zug zwischen vier Uhr fünfzehn und fünf Uhr genommen haben konnte, Züge nach Leeds, London, Newcastle, Liverpool sowie Edinburgh. Natürlich könnte er mitten auf einer dieser Verbindungen ausgestiegen sein und Anschlusszüge nach überallhin genommen haben. Auch wenn es aussichtslos zu sein schien, rief er Sergeant Hatchley zu sich und beauftragte ihn damit, die Belegschaften der Zugrestaurants und die Zugschaffner ausfindig zu machen. Das bedeutete eine Fahrt nach York und könnte einige Zeit in Anspruch nehmen, aber wenigstens taten sie etwas. Natürlich machte Hatchley ein langes Gesicht - anscheinend hatte er bereits Pläne für den Abend -, aber Banks kümmerte sich nicht darum. Hatchley war mit keiner anderen Arbeit beschäftigt. Und warum sollte man mit dem eigenen Schwanz wedeln, wenn man einen Hund hat?
Am Abend aß Banks zu Hause eine Dose Irish Stew und trabte in Erwartung eines Anrufes von Hatchley ruhelos durchs Haus. Um neun Uhr, unfähig, sich aufs Lesen zu konzentrieren und beinahe voller Reue, dass er nicht selbst nach York gefahren war, schaltete er den Fernseher ein und sah einer schönen, blonden Polizistin zu, die gemeinsam mit ihrem großmäuligen amerikanischen Partner durch London jagte und die Stadt mit Blei übersäte. Es war nur Hintergrundlärm, mit dem er versuchte, die Leere des Hauses zu füllen. Schließlich hielt er es mit sich selbst nicht mehr aus und telefonierte mit Sandra.
Dieses Mal fühlte er sich nach dem Telefonat noch einsamer als sonst. Aber das Gefühl dauerte nicht lange an. Zwanzig Minuten später meldete sich Hatchley aus York. Er hatte es geschafft, die Adressen der meisten Zugschaffner und Restaurantmitarbeiter aus den von York abfahrenden Zügen zu bekommen, aber niemand von ihnen wohnte in der näheren Umgebung. Alles in allem schien diese erste Spur im Sande zu verlaufen. Das konnte vorkommen. Banks forderte Hatchley auf, das Revier der Kriminalpolizei von York aufzusuchen und von dort mit möglichst vielen Bahnangestellten zu telefonieren. Für den Fall, dass dabei etwas herauskam, sollte er ihn zurückrufen. Aber er meldete sich nicht mehr. Um halb zwölf ging Banks ins Bett. Vielleicht würden sie morgen früh, wenn Boyds Foto in allen Tageszeitungen des Landes erschien, den Durchbruch erzielen, den sie brauchten.
* ZEHN
* I
Der entscheidende Durchbruch kam am frühen Freitagmorgen. Das Rossghyll-Gästehaus erwies sich als Sackgasse, die gesamte Belegschaft der aus York abfahrenden Züge war zu beschäftigt gewesen, um sich an irgendjemanden zu erinnern, doch aus Edinburgh meldete sich ein Frisör, der Paul Boyd auf dem Foto in der Morgenzeitung wiedererkannt hatte. Obwohl Banks den Akzent des Mannes nur schwer verstehen konnte, erfuhr er von ihm, wie Pauls neue Frisur aussah. Noch viel wichtiger aber war die Erkenntnis, dass Paul den roten Anorak gegen einen neuen grauen Dufflecoat eingetauscht hatte.
Sobald er aufgelegt hatte, orientierte sich Banks auf der Landkarte. Paul war statt nach London oder Liverpool nach Norden gereist. Das war ein cleverer Schritt gewesen, durch den er Zeit gewonnen hatte. Doch jetzt, wo sein Foto auf den ersten Seiten aller Boulevardzeitungen war, lief seine Zeit ab. Banks und seine Männer hatten nicht nur sein Foto so schnell wie möglich in die Zeitungen gebracht, sondern auch eine Beschreibung von Boyd an die Polizei aller größeren Städte, Häfen und Flughäfen verteilt. Das war reine Routine und alles, was sie bei ihrem begrenzten Erkenntnisstand tun konnten, aber nun gab es einen konkreten Anhaltspunkt.
In der Annahme, dass Paul mit Sicherheit das Land würde verlassen wollen, holte Banks seine nationale Straßenkarte hervor, fuhr mit dem Finger die
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