Inspector Alan Banks 03 Ein unvermeidlicher Mord
Lächeln. Dann hielt sie ihren Daumen oben an die Spitze des Tonklumpens und drückte ihn wenige Zentimeter nach unten. Sie füllte das Loch mit Wasser, fuhr mit dem Daumen hinein und begann den Vasenboden festzulegen.
Während sie die Innenseite mit einem Finger hielt, verlangsamte sie die Scheibe und fing an, am Boden einen äußeren Rand zu modellieren und von dort den Ton auf die gewünschte Höhe zu ziehen. Dafür benötigte sie ein paar Versuche, sie zog jedes Mal nur ein kleines Stückchen weiter und beobachtete, wie auf der Außenseite des Tons Wellen entstanden und wieder verschwanden.
Sie durfte sich von Banks nicht aus der Bahn werfen lassen. Auf keinen Fall würde sie damit anfangen, Rick auf die gleiche Weise zu verdächtigen, wie sie Paul verdächtigt hatte. Sie hatte gute Gründe gehabt, sich um ihn Sorgen zu machen, sagte sie sich. Seine gewalttätige Vergangenheit, die vermeintliche Wunde. Außerdem waren seine Fingerabdrücke auf dem Messer. Aber sie hatte überhaupt keine Gründe, jemand anderen zu verdächtigen. Hoffentlich war Paul weit fort und ließ sich nie wieder sehen. Das wäre am besten. Wenn die Polizei weiterhin glauben würde, dass er es getan hatte, ohne ihn jemals zu finden.
Draußen im Laden konnte sie Elsbeth hören, die versuchte, einen Pullover an einen Kunden zu verkaufen. »Traditionelles Dalesmuster ... selbstverständlich Wolle aus der Gegend ... handgestrickt, natürlich ...«
Sie hatte es fast geschafft. Aber ihre Hände waren unruhig, und als sie in ihre Gedanken abgetaucht war, hatte sie unkonzentriert den Druck ihres rechten Fußes verstärkt und die Scheibe beschleunigt. Plötzlich begann der Ton wie wild aus der Mitte herauszuquellen. Verrückte Formen entstanden, wie auf einem Gemälde von Salvador Dali. Der Ton sah aus wie Plastik, das in einem Feuer schmolz. Schließlich brach der ganze Klumpen auf der Scheibe in sich selbst zusammen. Und das war es dann. Mit dem Käseschneider schnitt Mara die Sauerei auseinander. Mit dem Rest hätte man vielleicht noch einen Eierbecher töpfern können, aber sie konnte sich nicht dazu aufraffen, noch einmal von vorne zu beginnen. Dieser verfluchte Banks hatte ihr den ganzen Tag ruiniert.
Angewidert riss sie sich die Schürze herunter und säuberte die Scheibe vom Rest des Tons. Dann zog sie wieder ihren Anorak an und ging nach vorne in den Laden.
»Tut mir Leid, Elsbeth«, sagte sie, »ich kann mich heute einfach nicht konzentrieren. Vielleicht mache ich einen Spaziergang.«
Elsbeth runzelte die Stirn. »Ist auch wirklich alles in Ordnung?«
»Ja. Mach dir keine Sorgen, mir geht's gut. Grüß Dottie von mir.«
»Mach ich.«
Als sie den Laden verließ, dröhnte die Klingel laut hinter ihr her.
Anstatt nach Hause zu gehen, kletterte sie am Ende der Mortsett Lane über den Zaunübertritt und machte sich auf in das Heidemoor. In Gedanken ging sie die Ereignisse des letzten Freitagnachmittags oben auf der Farm durch.
Die meiste Zeit hatte sie in der Küche zugebracht, um einen Eintopf zum Abendessen vorzubereiten, der sie alle gegen Regen und Kälte stärken sollte, und um Tee zu kochen. Zudem waren die Kinder eine Plage gewesen, erinnerte sie sich. Aufgedreht, weil so viele Erwachsene da waren, hatten sie sie nicht in Ruhe gelassen und die ganze Zeit an ihren Schürzenzipfeln gehangen. Den Gesprächen der anderen hatte sie selbst dann nicht viel Aufmerksamkeit geschenkt, wenn sie dabeigesessen hatte. Ihr war auch nicht aufgefallen, dass jemand irgendetwas vom Kaminsims genommen hatte.
Nur die Nummer, die Banks erwähnt hatte, rief etwas in ihr wach. 1139 lautete sie, oder? Kürzlich war sie erwähnt worden, bildete sie sich ein. Sie hatte nur mit einem Ohr hingehört, denn in dem Moment hatte sie an etwas anderes gedacht. An den Ashram, genau. Sie hatte sich daran erinnert, wie sie alle nach dem Abendessen, das wie jeden Tag aus wildem Reis und Gemüse bestand, im Schneidersitz im Meditationszimmer vor dem Schrein des Gurus gesessen hatten. In der Luft lag ein intensiver Geruch nach Räucherstäbchen. Sie hatten darüber gesprochen, wie leer ihr Leben für sie alle gewesen war, bevor sie den Wahren Weg gefunden hatten. Wie sie an den falschen Orten nach den falschen Dingen gesucht hatten. Und dann hatten sie händehaltend miteinander gesungen. »Amazing Grace« war damals eines ihrer Lieblingslieder. Aus irgendeinem Grund hatte sie bei der Versammlung an dem Nachmittag
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