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Inspector Alan Banks 05 In blindem Zorn

Titel: Inspector Alan Banks 05 In blindem Zorn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Robinson
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die Klingel und blieb vor der Gegensprechanlage stehen. Keine Antwort. Er versuchte es erneut und wartete ein paar Minuten. Es sah so aus, als wäre Grey nicht zu Hause. So wie die Dinge im Moment lagen, war Grey kaum ein Hauptverdächtiger, aber er stand stellvertretend für ein offenes Problem, das gelöst werden musste. Er war der Einzige, der die vollständige Geschichte über Carolines Kind kannte. Gerade als Banks gehen wollte, meinte er, Geräusche hinter der Tür zu hören. Und tatsächlich ging die Tür auf, ein junger Mann mit zerzaustem Haar und verschlafenen Augen schaute hinaus und stopfte ein weißes Hemd in seine Jeans.
      Als er Banks sah, zog er die Stirn in Falten. »Wasislos? Wie spät ist es?«
      »Halb zehn. Tut mir Leid, dass ich Sie störe.« Banks stellte sich vor und zeigte seinen Dienstausweis. »Ich komme wegen Caroline Hartley.«
      Zuerst schien ihm der Name nichts zu sagen, doch dann klaffte plötzlich Greys Mund auf. »Verdammt noch mal!«, murmelte er. »Kommen Sie lieber rein.«
      Banks folgte ihm nach oben in eine Zweizimmerwohnung, die man als »lauschig« bezeichnen konnte. Die Möbel benötigten eine neue Polsterung und die gesamte Wohnung hätte staubgewischt und gründlich geputzt werden müssen.
      »Ich habe noch geschlafen«, erklärte Grey, der sich bückte, um den Gasofen anzustellen. »Entschuldigen Sie mich eine Minute.« Als er zurückkam, hatte er sein Gesicht gewaschen, das Haar gekämmt und hielt einen Becher mit löslichem Kaffee in der Hand. »Wollen Sie welchen?«, fragte er Banks.
      »Nein, danke. Es wird nicht lange dauern. Was dagegen, wenn ich rauche?«
      »Fühlen Sie sich wie zu Hause.«
      Grey setzte sich ihm gegenüber, vorgebeugt, als würde er sich über seinen dampfenden Kaffeebecher krümmen. Er war ein schlaksiger Kerl mit einem länglichen, blassen Gesicht, das von früherer Akne oder Windpocken vernarbt war. Seine leicht vortretenden Augen waren wässrig blau, zudem hätte er eine Rasur und einen Haarschnitt vertragen können.
      »Schlechte Nachrichten?«, fragte er, als wäre er daran gewöhnt, dass das Leben eine lange Kette von schlechten Nachrichten war.
      »Wollen Sie sagen, Sie wissen es nicht?«
      »Anscheinend, sonst hätte ich ja nicht gefragt. Nun?«
      Banks holte tief Luft. Er hatte angenommen, Grey hätte von dem Mord bereits durch die Zeitungen erfahren. »Caroline Hartley ist am zweiundzwanzigsten Dezember in Eastvale ermordet worden«, sagte er schließlich.
      Zuerst schien Grey nicht zu reagieren. Blasser konnte er nicht mehr werden, und deshalb hätte man es auch kaum gemerkt, wenn sein Gesicht Farbe verloren hätte. Außerdem waren seine Augen bereits feucht genug, um den Eindruck zu erwecken, er sei den Tränen nahe. Alles, was er tat, war, für eine Weile stumm und reglos dazusitzen, und zwar so stumm und so reglos, dass Banks sich fragte, ob er überhaupt noch atmete. Banks versuchte sich Grey und Caroline als Paar vorzustellen, aber es gelang ihm nicht.
      »Ist alles in Ordnung mit Ihnen?«, fragte er.
      »Kann ich eine haben?« Grey deutete auf die Zigaretten. »Ich habe eigentlich damit aufgehört, aber ...«
      Banks gab ihm eine Zigarette, die er anzündete und deren Rauch er inhalierte wie ein Sterbender den Sauerstoff. »Ich schätze, dass ist auch kein Höflichkeitsbesuch, oder?«
      Banks schüttelte den Kopf.
      Grey seufzte. »Ich habe Caroline seit ungefähr acht Jahren nicht mehr gesehen. Seit sie in schlechte Gesellschaft geraten ist.«
      »Tuffy Telfer?«
      »Das ist der Kerl. >Er ist doch nur wie ein Vater zu mir<, höre ich sie noch sagen.«
      Lieber nicht, dachte Banks. »Haben Sie ihn mal kennen gelernt?«
      »Nein. Keine zehn Sekunden hätte ich mich bei ihm beherrschen können. Ich hätte diesem Arschloch sofort eins auf die Nuss gegeben.«
      Keine Chance, dachte Banks. Colm Grey wäre nicht auf hundert Meter an Tuffy Telfer herangekommen, ohne dass man ihm wenigstens beide Arme und Beine gebrochen hätte. »Was hat Sie und Caroline veranlasst, sich zu trennen?«, fragte er.
      »Einfach alles.« Grey schnippte etwas Asche in den Kamin neben dem Gasofen und griff wieder nach seinem Kaffee. »Ich nehme an, alles begann wirklich den Bach runterzugehen, als sie schwanger wurde.«
      »Was war los? Wollten Sie ihr den Laufpass geben?«
      Grey starrte Banks an. »Ganz im Gegenteil. Wir waren verliebt. Ich jedenfalls. Aber als sie schwanger

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