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Inspector Alan Banks 05 In blindem Zorn

Titel: Inspector Alan Banks 05 In blindem Zorn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Robinson
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sein.«
      »Hat sie Ihnen jemals etwas über ihre Vergangenheit erzählt? «
      »Nein, nicht viel. Kam mit ihrer Mama und ihrem Papa nicht aus und ist in die große Stadt abgehauen. Die übliche Geschichte.«
      »Hat sie mal ihren Bruder erwähnt?«
      »Nein. Ich wusste gar nicht, dass sie einen hatte.«
      »Hat sie Ihnen mal von ihren Träumen erzählt?«
      »Träume?« Er runzelte die Stirn. »Nein, warum?«
      »Spielt keine Rolle. Was ist mit Ihnen? Was haben Sie getan, nachdem sie weg war?«
      »Ich? Tja, ich bin nicht gerade der Fremdenlegion beigetreten, aber ich bin abgehauen und habe versucht, zu vergessen. Ich habe die Wohnung für ein Jahr untervermietet und bin durch Europa gezogen. Hauptsächlich durch Frankreich, Weintrauben pflücken und so was. Dann bin ich zurückgekommen, habe einen Job als Fahrradkurier gekriegt und jetzt mache ich gerade meinen Taxischein. Ich bin fast so weit. Mit ein bisschen Glück habe ich binnen eines Jahres meine Lizenz.«
      »Viel Glück.« Banks hatte davon gehört, wie schwierig es war; Tag für Tag mit einem Moped durch die Abgase zu fahren und sich über achtzehntausend Straßennamen und die zahllosen Verbindungsstrecken dazwischen zu merken. Aber das wurde von jedem verlangt, der sich in London als Taxifahrer qualifizieren wollte. »Haben Sie sie vergessen?«, wollte er wissen.
      »So richtig schafft man das nie, oder? Was hat sie getan, nachdem sie mich verlassen hat? Wissen Sie es?«
      Banks gab ihm eine gekürzte Geschichte von Carolines Leben bis zu ihrem Tod, und nachdem er geendet hatte, saß Grey wieder reglos da.
      »Was Sex angeht, war sie immer komisch«, sagte er. »Nicht dass ich vermutet hätte, dass sie, nun - lesbisch war. Ich habe nichts gegen Lesben. Leben und leben lassen, sage ich immer. Aber Sex schien für sie immer eine Art Versuch oder Test zu sein, wissen Sie. So als wollte sie herausfinden, ob sie es wirklich mochte oder nicht. Ich denke, dass sie Sex nicht mochte, machte es ihr irgendwie leichter, auf den Strich zu gehen. Es war nur ein Job. Sie musste es nicht gern tun.«
      Banks nickte. Es war allgemein bekannt, dass viele Prostituierte Lesbierinnen waren.
      Es gab nichts mehr zu sagen. Er stand auf und streckte seine Hand aus. Grey beugte sich vor und schüttelte sie.
      »Haben Sie am Zweiundzwanzigsten gearbeitet?«, fragte Banks.
      Grey lächelte. »Mein Alibi? Ja, ja, habe ich. Sie können es überprüfen. Und jetzt muss ich auch gleich los. Wenn man den Taxischein macht, dann kommt man nebenbei zu nichts anderem als essen, atmen, schlafen.«
      »Ich weiß.«
      »Außerdem habe ich keine Ahnung, wo Eastvale liegt.«
      Auf dem Weg nach draußen bot Banks Grey noch eine Zigarette an, aber er lehnte ab. »So gut schmeckt es auch wieder nicht, und ich kann es mir gegenüber nicht rechtfertigen, wieder anzufangen. Danke, dass Sie mir ... Sie wissen schon ... von Carolines Leben erzählt haben. Wenigstens scheint jemand sie glücklich gemacht zu haben. Das hat sie verdient.« Er schüttelte den Kopf. »Als ich sie kannte, war sie nur ein verstörtes Mädchen. Wir hatten nie eine Chance.«
      Draußen schlug Banks seinen Kragen hoch und ging über die kleinen Plätze und durch die Nebenstraßen in Richtung Notting Hill Gate. Als er zum Studium nach London gekommen war, hatte er zuerst in dieser Gegend gewohnt. Damals waren die großen Häuser mit ihren weißen Fassaden in einem schlechten Zustand und die kleinen Wohnungen gerade noch erschwinglich gewesen. Für ein L-förmiges Zimmer hatte Banks sieben Pfund die Woche bezahlt, eine Maus gab es gratis dazu. Ansonsten wohnten in dem Haus ein arbeitsloser Jazztrompeter, ein ernsthafter Sozialarbeiter, im zweiten Stock eine missmutig und magersüchtig aussehende Frau, die Perlenketten und einen Kaftan trug und nie mit jemandem sprach, sowie Jimmy, der vergnügte und charmante Busfahrer, den Banks verdächtigte, nebenbei Marihuana zu verkaufen.
      Als er in der Powis Terrace an dem Haus vorbeikam, spürte er einen Anflug von Nostalgie. In diesem kleinen Zimmer, vor dessen Fenster jetzt Spitzengardinen hingen, hatten er und Sandra sich in diesen sorglosen Zeiten, in denen er unglücklich mit seinem Wirtschaftsstudium gewesen war, aber noch nicht genau gewusst hatte, was er mit seinem Leben anstellen sollte, zum ersten Mal geliebt.
      Mit der unvermeidlichen Mischung aus Musikern, Poeten, Künstlern, Durchgeknallten, Revolutionären und

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