Inspector Alan Banks 05 In blindem Zorn
Banks.
»Einigermaßen. Die Zeiten sind hart, sehr hart.« Einer der Muskelmänner stellte Banks' Drink, eine großzügige Portion, vor ihm auf den Schreibtisch. »Aber was soll ich sagen?«, fuhr Tuffy fort. »Ich komme zurecht. Was ist bei Ihnen im Gange?«
»Ich bin in den Norden gezogen. Yorkshire.«
Tuffy hob seine Augenbrauen. »Bisschen drastisch, oder?«
»Mir gefällt es.«
»Jedem das seine.«
»Trinken Sie keinen mit?«
Tuffy schnaubte. »Anweisung meines Arztes. Ich bin ein kranker Mann, Banks. Der alte Tuffy macht es nicht mehr lange, und es werden ihm nicht viele nachweinen, das kann ich Ihnen sagen. Außer die Nächsten und Liebsten, Gott segne sie.«
»Wie geht es Mirabelle?«
»Sie ist gesund und munter. Danke der Nachfrage, Banks. Erinnert sich gern an Sie, meine Mirabelle. Ich wünschte, das könnte ich auch von mir sagen.« Es lag Humor in seiner Stimme, aber Härte in seinen tief liegenden Augen. Banks hörte hinter sich einen der Schläger sein Gewicht von einem Fuß auf den anderen verlagern. Ein Schauer lief ihm über den Rücken. »Was kann ich für Sie tun?«, fragte Tuffy.
»Ich brauche ein paar Informationen.«
Tuffy sagte nichts und saß einfach da. Banks nippte an seinem Scotch und schaute sich nach einem Aschenbecher um. Wie durch Zauberei tauchte plötzlich hinter seiner Schulter einer auf. Er stellte ihn vor sich hin.
»Vor ein paar Jahren arbeitete eine Tänzerin in Ihrem Club, Caroline Hartley. Erinnern Sie sich an sie?«
»Und wenn?« Telfers Ausdruck verriet kein Gefühl.
»Sie ist tot. Ermordet.«
»Was hat das mit mir zu tun?«
»Erzählen Sie es mir, Tuffy.«
Telfer starrte Banks einen Augenblick an, dann lachte er. »Wissen Sie eigentlich, wie viele Mädchen hier durchgehen?«, meinte er.
»Eine ganze Reihe, möchte ich wetten.«
»Eine ganze Reihe, Sie sagen es. Die Kerle verlangen ständig Frischfleisch. Wenn sie dieselbe Tänzerin zweimal sehen, glauben sie, die hätten sie schon mit Haut und Haaren gehabt. Und wie viele Jahre solle das her sein?«
»Sechs oder sieben.«
Telfer legte seine blassen, fetten Hände auf die Schreibtischunterlage. »Tja, dann werden Sie verstehen, was ich meine, oder?«
»Was ist mit Ihren Büchern?«
»Bücher? Wovon reden Sie da?«
Banks deutete auf die Aktenschränke. »Sie müssen saubere und akkurate Bücher führen, Tuffy. Cashflow, Löhne, Mieten, Clubeinnahmen. Für die Steuer, erinnern Sie sich?«
Telfer räusperte sich. »Ja, gut, und wenn?«
»Sie könnten nachschlagen. Kommen Sie schon, Tuffy, das Spielchen haben wir doch schon Vor Jahren gehabt. Ich weiß, dass Sie über jedes Mädchen, das mal hier gearbeitet hat, Unterlagen haben - falls Sie sie noch mal brauchen, sei es für ein Video oder einen Herrenabend oder was Spezielles ...«
Telfer hob eine Hand. »Schon gut, schon gut. Ich hab's kapiert. Alles läuft korrekt. Und das wissen Sie. - Cedric, guck mal, ob du die Akte finden kannst, okay?«
Einer der Schläger öffnete einen Aktenschrank. »Cedric?«, wiederholte Banks leise mit hochgezogenen Augenbrauen.
Telfer zuckte mit den Achseln. Sein Doppelkinn wabbelte. Sie saßen schweigend da, Telfer klopfte mit seinen kurzen, fetten Fingern auf den Schreibtisch, während Cedric die Akten durchwühlte und dabei murmelnd das Alphabet aufsagte.
»Gibt's nicht«, verkündete Cedric schließlich.
»Sicher?«, meinte Telfer. »Es fängt mit einem H an, Hartley. Das kommt nach G und vor I.«
Cedric knurrte. »Gibt's hier nicht. Hier ist eine Carrie Heart, aber keine Caroline Hartley.«
»Kann ich mal schauen?«, meinte Banks. »Vielleicht hatte sie einen Künstlernamen.«
Telfer nickte und Cedric reichte die Akte rüber. An die obere linke Ecke war ein postkartengroßes Schwarzweißfoto der jungen Caroline Hartley geheftet, oben ohne und lächelnd, die kleinen Brüste von den Armen zusammengepresst. Sie hätte leicht als Vierzehnjährige oder gar frühreife Zwölfjährige durchgehen können. Unter dem Foto hatte Telfer in einer erstaunlich sauberen und eleganten Handschrift die spärlichen Details festgehalten, die ihn an Caroline Hartley interessiert hatten: »Maße: 88-60-88. Haarfarbe: pechschwarz. Augenfarbe: blau. Haut: olivenfarben und samtig.« (So eine poetische Ader hätte Banks bei Tuffy gar nicht vermutet.) In der Art ging es weiter. Telfer führte anscheinend
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