Inspector Alan Banks 05 In blindem Zorn
ist weniger persönlich. Sagen wir, nur mal so ins Blaue hinein, sie hat gesehen, wie zwei Spione Dokumente austauschten. Da stellt sich erstens die Frage, wie sie wissen sollte, dass die beiden etwas Illegales taten, und zweitens, wie die beiden wissen sollten, dass sie eine Bedrohung darstellte.« Er schüttelte den Kopf. »Solche Dinge passieren nur in Büchern. Wirkliche Morde sind wesentlich einfacher, auf jeden Fall, was das Motiv betrifft. Nur sind sie dadurch nicht auch leichter zu lösen. Gary Hartley hätte vielleicht einen tief sitzenden Grund gehabt, seine Schwester zu töten, aber er hat es nicht getan. Ihr verlassener Ehemann hatte auch ein Motiv. Er gab Caroline die Schuld für die Trennung. Aber er scheint in seinem neuen Leben mit Patsy einigermaßen glücklich zu sein. Warum sollte er etwas tun, um dieses Leben zu zerstören? Wer weiß andererseits, was die Menschen wirklich fühlen?«
»Was wollen Sie damit sagen?«
»Er könnte es getan haben, wenn Patsy Janowski mit drinsteckt oder lügt, um ihn zu schützen. Er hat die Schallplatte vorbeigebracht, das wissen wir mit Sicherheit. Wer sie allerdings auf den Plattenspieler gelegt hat...«
Veronica schüttelte langsam den Kopf. »Claude könnte nie jemanden ermorden. Er hat natürlich auch seine schlechten Launen und seine Wutanfälle, aber er ist kein Mörder. Glauben Sie denn wirklich, dass die Musik wichtig ist?«
»Sie ist eine Art Hinweis, bedeutet aber nicht das, was ich zuerst dachte. Ich glaube, Caroline hat sie aus Neugier ausgepackt. Sie wollte wissen, was Claude als so besonders für Sie erachtete. Darüber hinaus ist Ihre Vermutung genauso gut wie meine. Vielleicht wollte sie sich die Platte sogar kurz anhören, um ihre Neugier zu befriedigen, aber ich kann nicht glauben, dass sie den Tonarm oben gelassen hat, damit sie sich ständig wiederholt.«
Veronica lächelte. »Das sieht Caroline ähnlich«, sagte sie leise. »Diese Neugier. Sie hätte ihre Weihnachtsgeschenke am liebsten sofort inspiziert. Es war so gut wie unmöglich, sie davon abzuhalten, die Geschenke schon an Heiligabend auszupacken.«
Banks lachte. »Kenne ich, meine Tochter ist genauso.«
Veronica schüttelte den Kopf. »So ein Kind ... in mancher Hinsicht.«
Banks beugte sich vor. »Was haben Sie gesagt?«
»Caroline. Ich sagte, in mancher Hinsicht war sie noch wie ein Kind.«
»Ja«, bestätigte Banks leise. »Ja, das war sie.« Er erinnerte sich an etwas, das Ruth Dünne ihm in London gesagt hatte. Er warf seinen Zigarettenstummel in das Feuer und trank seinen Tee aus.
»Hat das etwas zu bedeuten?«, fragte Veronica.
»Könnte sein.« Er stand auf. »Wenn, dann bin ich etwas schwer von Begriff gewesen. Hören Sie, ich gehe jetzt besser, so gerne ich auch hier im Warmen bleiben würde. Aber ich habe noch zu arbeiten. Entschuldigen Sie.«
»Das ist in Ordnung. Sie müssen sich nicht entschuldigen. Ich erwartete ja nicht von Ihnen, dass Sie mir Gesellschaft leisten. Das gehört nicht zu Ihrem Job.«
Banks stellte die leere Teetasse auf den Tisch. »Das wäre keine Aufgabe, die mich abschrecken würde«, antwortete er. »Doch es gibt ein paar Punkte, die ich im Revier noch einmal überprüfen muss.«
»Wenn Sie den Mörder finden«, sagte Veronica und drehte den silbernen Ring an ihrem Mittelfinger, »werden Sie es mich dann wissen lassen?«
»Sie werden es früh genug erfahren.«
»Nein. Ich will es nicht aus den Zeitungen erfahren. Ich möchte, dass Sie mir Bescheid geben, sobald Sie ihn gefunden haben. Egal wie spät es ist, Tag oder Nacht. Werden Sie das für mich tun?«
»Ist das jetzt eine Art Wunsch nach Rache? Brauchen Sie ein Hassobjekt?«
»Nein. Sie haben mir einmal gesagt, ich wäre viel zu zivilisiert für solche Gefühle. Ich möchte nur verstehen. Ich möchte wissen, warum Caroline sterben musste und was in dem Mörder vorgegangen ist.«
»Das werden wir vielleicht nie erfahren.«
Sie legte eine Hand auf seinen Arm. »Aber Sie werden es mir sagen, sobald Sie es wissen, ja? Versprochen?«
»Ich werde mein Bestes tun«, versicherte Banks.
Veronica seufzte. »Gut.«
»Was ist mit der Schallplatte?«, fiel Banks an der Tür ein. »Genau genommen gehört sie ja Ihnen.«
Veronica lehnte sich gegen den Türrahmen und schlang fröstelnd ihre Arme um sich. »Ich kann in diesem Haus leben«, erklärte sie, »besonders wenn ich es erst umgestaltet
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