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Inspector Alan Banks 05 In blindem Zorn

Titel: Inspector Alan Banks 05 In blindem Zorn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Robinson
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Der Text ging mit der Behauptung weiter, dass Vivaldis Vertonung kaum feierlich genug für die Beerdigung eines Kindes war, aber Banks schenkte dem keine weitere Beachtung mehr. Er nahm sich das Textblatt vor, das im Plattencover steckte, und las die Übersetzung. So wenig Worte für so viel Musik.
      Dem Übersetzer zufolge bedeutete »Sit nomen Domini benedictum ex hoc nunc et usque in saeculum« »Geheiligt sei der Name Gottes, von jetzt an und für immerdar«. Was das mit Beerdigungen oder Kindern zu tun hatte, war Banks schleierhaft. Er begriff, dass er nicht genug über die Liturgie wusste. Er würde mit einem Kleriker sprechen müssen, wenn er wirklich die wahre Bedeutung der Musik herausfinden wollte.
      Die Hauptsache war jedoch, dass Banks' neu gewonnenes Wissen über die Musik zu den Informationen passte, die er durch Glendennings Obduktion erhalten hatte. Caroline Hartley hatte ein Kind geboren. Gemäß Banks' bisherigen Theorien war dieser Umstand entweder der Grund ihrer Flucht nach London gewesen oder er hatte sich erst ergeben, als sie sich dort aufgehalten hatte. Ein weiteres Gespräch mit Veronica Shildon könnte das aufklären.
      Wo war das Kind? Was war mit ihm passiert? Und wer war der Vater? Wenn er ein paar dieser Fragen beantworten könnte, würde er vielleicht wissen, wo er beginnen sollte.
      Was die musikalischen Kenntnisse betraf, kam Claude Ivers von allen Kandidaten am ehesten dafür infrage, die Platte vorbeigebracht zu haben. Banks war ohnehin weit davon entfernt, mit Ivers' Darstellung zufrieden zu sein. Natürlich würde der Musiker leugnen, in der Mordnacht Veronicas Haus aufgesucht zu haben. Sein Groll gegen Caroline Hartley war bekannt. Aber er musste doch bemerkt haben, dass er die Platte vergessen hatte. Warum sollte er ein solches Risiko eingehen? Bestimmt würde er wissen, dass die Polizei Methoden hatte, auch ohne Namensschildchen am Geschenkpapier herauszufinden, wer die Platte gekauft hatte. Oder wusste er das nicht? Wie bei vielen Genies war sein Verhältnis zu den praktischen Seiten des Lebens wahrscheinlich nicht sehr ausgeprägt. Doch mit Caroline Hartleys Baby konnte er nichts zu tun gehabt haben, es sei denn, die beiden hatten sich schon vor ziemlich langer Zeit gekannt. Sehr unwahrscheinlich.
      »Leg doch Weihnachtslieder auf«, schlug Sandra vor, »und hör auf, auf dem Boden zu sitzen und Löcher in die Luft zu starren.«
      »Was? Oh, entschuldige.« Banks riss sich zusammen und stand auf, um die Gläser nachzufüllen. Er suchte durch den Stapel Platten und Kassetten nach geeigneter Musik. Kathleen Battie? Ja, das passte ausgezeichnet. Doch selbst als »O Little Town of Bethlehem« einsetzte, war er in Gedanken bei Vivaldis Requiem für ein totes Kind, bei Caroline Hartleys Baby und dem Foto von Ruth, der mysteriösen Frau. Weihnachten hin oder her, Veronica Shildon musste sich auf einen baldigen weiteren Besuch gefasst machen. Er ging in die Diele, nahm Zigaretten und Feuerzeug aus seiner Jackentasche und schlüpfte leise hinaus in den Garten, um in Ruhe eine zu rauchen.
     
    * II
     
    »Veronica Shildon, das ist Detective Constable Susan Gay.«
      Eine peinliche Vorstellung, aber sie war unumgänglich. Banks war sich sehr wohl bewusst, dass »gay« heutzutage ein Begriff für »schwul« war, aber er war für die Herabsetzung des Wortes genauso wenig verantwortlich wie für Susans Nachnamen. Banks bemerkte, wie ein ironisches Lächeln über Veronicas Lippen huschte und Susan mit einem leidgeprüften Lächeln reagierte. Unter anderen Umständen hätte sie das niemals getan.
      Veronica streckte ihre Hand aus. »Schön, Sie kennen zu lernen. Nehmen Sie doch Platz.« Sie setzte sich ihnen gegenüber - gerader Rücken, übereinander geschlagene Beine, auf dem Schoß gefaltete Hände. Die übertriebene Förmlichkeit ihrer Körpersprache passte nicht zu ihren legeren Hosen und dem grauen Sweatshirt. Sie bot ihnen Sherry an, den die beiden nicht ablehnten, und als sie losging, um ihn zu holen, sah ihr Gang aus, als hätte sie eine Menge Zeit darauf verwendet, Leihbücher auf ihrem Kopf zu tragen.
      Nachdem schließlich jeder ein Glas hatte, hinter dem er sich verstecken konnte, schien Veronica bereit für Fragen zu sein. Um behutsam zu beginnen, kam Banks zuerst auf ihre Möbel zu sprechen und fragte, ob sie ihre Sofakissen und das Schaffell zurückhaben wolle. Sie sagte, nein, sie wolle beides nie wiedersehen. Sie hatte die Absicht, das Zimmer

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