Inspector Alan Banks 05 In blindem Zorn
komplett neu einzurichten, und sobald die Feiertage vorüber und die Geschäfte wieder geöffnet waren, wollte sie eine neue Sitzgarnitur und einen neuen Teppich kaufen.
»Wie kommen Sie mit dem Blumenladen zurecht?«, fragte er.
»Ich habe eine sehr vertrauenswürdige Mitarbeiterin - Patricia. Sie kümmert sich um alles, bis ich wieder so weit bin.«
»Hatte Caroline jemals etwas mit Ihren Angelegenheiten zu tun, mit dem Laden, Ihrem Partner ... ?«
Veronica schüttelte den Kopf. »David, mein Partner, lebt in Newcastle und lässt sich selten hier blicken. Er war ein Freund von Claude, einer der wenigen, die zu mir gehalten haben, als ... Wie auch immer, für ihn ist der Laden mehr eine Kapitalanlage.«
»Und Patricia?«
»Sie ist erst achtzehn. Ich nehme an, sie hat ihren eigenen Freundeskreis.«
Banks nickte, trank einen Schluck Sherry und zog dann das signierte Foto aus seiner Tasche.
»Sind Sie sicher, dass Sie uns nicht mehr über diese Frau erzählen können?«
Veronica schaute sich das Foto erneut an. »Das war Carolines Privatsache«, antwortete sie. »Ich war nie neugierig. Manche Dinge hat sie für sich behalten. Ich konnte das akzeptieren. Ich weiß nur, dass sie Ruth hieß und Gedichte geschrieben hat.«
»Wo lebt sie?«
»Ich habe keine Ahnung, aber Caroline wohnte schon ein paar Jahre in London, bevor sie hierher zog.«
»Und Sie haben diese Ruth nie kennen gelernt oder gesehen?«
»Nein.«
Banks beugte sich vor, um das Foto zurück in seine Tasche gleiten zu lassen, und noch bevor er sich aufgerichtet hatte, um sie wieder anzusehen, fragte er beiläufig: »Haben Sie gewusst, dass Caroline wegen Prostitution verurteilt worden ist?«
»Prostitution? Ich ... ich ...« Veronica wurde blass und schaute auf die Wand, sodass sie ihre Augen nicht sehen konnten. »Nein«, flüsterte sie.
»Gibt es überhaupt etwas, das Sie uns über Carolines Zeit in London erzählen können?«
Veronica erlangte ihre Fassung wieder. Sie nahm einen Schluck Sherry und sah die beiden an. »Nein.«
Banks fuhr mit einer Hand durch sein kurz geschorenes Haar. »Ich bitte Sie, Ms Shildon«, sagte er. »Sie haben zwei Jahre lang mit ihr zusammengelebt. Sie werden doch über ihre Vergangenheit gesprochen haben. Soviel ich weiß, haben Sie sich einer Therapie unterzogen. Caroline auch. Erwarten Sie ernsthaft von mir, dass ich glaube, zwei Menschen, die derart in ihrer Psyche graben, hätten niemals über wichtige Dinge miteinander gesprochen?«
Veronica richtete sich noch gerader auf und bedachte Banks mit einem Blick, der so kalt und grau wie die Nordsee war. »Glauben Sie, was Sie wollen, Chief Inspector. Was ich weiß, habe ich Ihnen gesagt. Caroline hatte einige Jahre lang in London gelebt. Sie hatte dort keine besonders glückliche Zeit. Was sie in ihrer Analyse besprochen hat, war ihre Privatangelegenheit.«
»Wie war sie, als Sie sie kennen lernten?«
»Als ich ...?«
»Als Sie sie zum ersten Mal trafen.«
»Das habe ich Ihnen doch bereits erzählt. Sie lebte mit Nancy Wood zusammen. Sie schien einigermaßen glücklich zu sein. Es war keine ... es war nur eine lockere Beziehung. Sie teilten sich eine Wohnung, glaube ich, aber es gab keinerlei Verpflichtungen. Was soll ich noch sagen?«
»War sie damals mehr oder weniger durcheinander als in jüngster Zeit?«
»Mehr. Auf jeden Fall mehr. Wie gesagt, sie schien einigermaßen glücklich zu sein. Wenigstens nach außen hin. Aber sie hatte mit ein paar furchtbaren Problemen zu kämpfen.«
»Welcher Art?«
»Es waren persönliche, psychische Probleme, wie wir sie alle haben. Kennen Sie nicht das Gedicht: >They fuck you up, your mum and dad / They may not mean to, but they do« Als sie fertig war, wurde sie rot, so als wäre ihr erst jetzt aufgefallen, dass es in ihrem literarischen Zitat ein paar schmutzige Wörter gab. »Philip Larkin.«
Banks, der von Susan alles über das Haus der Hartleys erfahren hatte, konnte das nicht so einfach glauben. Durch Gristhorpe und eine Sendung, die kürzlich auf Channel Four gelaufen war, wusste er auch ein bisschen über Larkins Gedichte Bescheid und nahm sich vor, dieses Gedicht später noch einmal nachzulesen.
»Aber sie machte Fortschritte?«, fragte er.
»Ja, langsam kam sie zu sich. Die Narben verschwinden nicht, aber man erkennt sie und lernt, mit ihnen zu leben. Je besser man versteht, warum
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