Inspector Alan Banks 05 In blindem Zorn
Claude. Dieses Miststück! Egal, er hat es nie so gesehen. Er hat immer Caroline als Feindin gesehen, als Entführerin seiner Frau, und Veronica als Opfer. Er glaubte, wenn Caroline erst mal genug von ihr hätte, würde sie schließlich gedemütigt und abgeschoben werden. Denn immerhin lagen zehn Jahre Altersunterschied zwischen ihnen.« Sie hob ihre Hand, bevor jemand ein Wort sagen konnte. »Schon gut, ich weiß, ich weiß. Ich habe kein Recht, darüber zu urteilen. Zwischen Claude und mir liegen fast dreißig Jahre. Aber das ist etwas anderes.«
Niemand widersprach ihr. Banks hatte seinen Whisky fast ausgetrunken und Lust auf einen weiteren. Mit einem Einfachen würde er noch unterhalb der Promillegrenze bleiben. Dieses Mal bot Susan an, die Drinks zu holen.
»Was versuchen Sie zu sagen, Ms Janowski?«, fragte Banks und schwenkte die goldgelbe Flüssigkeit am Boden des Glases. »Dass Sie eifersüchtig auf Claude Ivers' Beziehung zu seiner Frau waren und dass Sie ihm in dieser Nacht gefolgt sind, um herauszufinden, ob er sich noch heimlich mit ihr traf?«
»Ich bin ihm nicht direkt gefolgt«, korrigierte sie. »Sie müssen verstehen, wie schwierig das alles zwischen Claude und mir gewesen war. Wir haben uns ein paarmal gestritten, nachdem er sich mit Veronica getroffen hat, meistens wenn er mit ihr essen war und spät nach Hause kam. Ich weiß auch nicht, wahrscheinlich bin ich ein furchtbar eifersüchtiger Mensch, aber ich konnte nicht einfach dasitzen und die Sache hinnehmen. Und dabei habe ich gar nicht mal geglaubt, sie hätten eine Affäre oder so. Manchmal kann eine emotionale Zuneigung zu einem anderen Menschen genauso sehr Bedrohung oder Betrug sein wie eine sexuelle - vielleicht sogar noch mehr. Können Sie das verstehen?« Banks nickte. Susan kam mit den Getränken zurück. »Wie auch immer«, fuhr Patsy fort, »er hat mir an diesem Abend nicht gesagt, wo er hinfährt, und wegen unserer Streitereien dachte ich, er verheimlicht mir, dass er sich mit ihr treffen wollte. Ich war total beunruhigt. Ich konnte einfach nicht alleine zu Hause bleiben, deswegen beschloss ich, bei Veronica vorbeizufahren, um zu schauen, ob ich Recht hatte.«
»Und was ist passiert?«
»Ich konnte seinen Wagen nirgendwo sehen. In der Straße kann man zwar nicht parken, aber er stand auch nicht an der King Street. Dann habe ich all meinen Mut zusammengenommen und bin zum Haus gegangen. Ich klopfte an die Tür und Caroline Hartley machte auf. Ich hätte nicht gedacht, dass sie mich erkennt, denn wir haben uns so gut wie nie gesehen, aber sie wusste sofort, wer ich war. Anscheinend konnte sie sich sehr gut Gesichter merken. Sie bat mich herein, aber ich wollte nicht. Als ich sie fragte, ob Claude da wäre, lachte sie. Sie sagte, er wäre da gewesen, aber Veronica wäre weg, und er habe natürlich keine Minute länger mit ihr allein sein wollen als nötig. Er hätte sein Geschenk dagelassen und wäre gegangen. Ich dankte ihr und ging zurück zum Wagen. Dann bin ich nach Hause gefahren. Das ist alles.«
»Um wie viel Uhr sind Sie bei Caroline angekommen?«
»Ungefähr Viertel nach sieben, vielleicht zwanzig nach. Von Redburn fährt man ungefähr eineinviertel Stunden. Dann musste ich noch von da, wo ich den Wagen geparkt hatte, fünf Minuten oder so zu Fuß gehen.«
»Als Sie Caroline verließen, haben Sie da jemand anderen zum Haus kommen gesehen?«
Patsy schüttelte den Kopf. »Nein, ich glaube nicht. Es war ruhig auf der Straße. Ich ... ich kann mich wirklich nicht erinnern. Auf der King Street waren ein paar Leute mit Einkaufstaschen. Das macht mich alles so durcheinander.«
»Denken Sie nach«, forderte Banks sie auf. »Versuchen Sie, die Ereignisse noch einmal im Kopf durchzuspielen. Sagen Sie uns, wenn Sie sich an irgendetwas erinnern können. Es könnte wichtig sein. Wollen Sie es versuchen?«
Patsy nickte. »In Ordnung.«
»War Mr Ivers zu Hause, als Sie zurückkamen?«
»Nein. Er kam später mit den Einkäufen zurück.«
»Haben Sie ihn gefragt, wo er gewesen ist?«
»Ja. Wir haben gestritten. Heftig. Aber wir haben uns wieder versöhnt.« Sie errötete und schaute in den Kamin.
Banks steckte sich eine Zigarette an und ließ ein paar Minuten verstreichen. »Was für einen Eindruck hat Caroline auf Sie gemacht, als Sie sie gesehen haben?«, fragte er dann.
Patsy zuckte mit den Achseln. »Einen guten, würde ich sagen. Ich habe eigentlich nie
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