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Inspector Alan Banks 05 In blindem Zorn

Titel: Inspector Alan Banks 05 In blindem Zorn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Robinson
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knarrten die Bänke.
      »Was ist die Liturgie?«, fragte Banks.
      »Aber ich bitte Sie, Mr Banks«, sagte Catcott mit einem dünnlippigen Lächeln. »Das wird doch wohl selbst ein Heide wie Sie wissen, oder?«
      »Tun Sie mir den Gefallen.«
      Catcott legte einen blassen, schmalen Finger an seine Lippen. »Na schön. Die Liturgie. Der Begriff wird natürlich häufig verwendet, wenn man vom >Buch des gemeinsamen Gebetes< spricht, aber die Bedeutung geht weiter zurück, viel weiter. Im Grunde genommen ist es einfach der Begriff für die Formen des Gottesdienstes. Wie wahrscheinlich selbst Sie wissen, halten wir zu unterschiedlichen Zeiten des Jahres verschiedene Gottesdienste ab: Weihnachten, Ostern, Erntedank und so weiter. Und - daran erinnern Sie sich vielleicht aus Ihrer vergeudeten Jugend - singen wir unterschiedliche Lieder und halten gemäß der Art der Gottesdienste unterschiedliche Predigten. Können Sie so weit folgen?«
      Banks nickte.
      »Es gibt einen liturgischen Kalender, der die jährlichen Gottesdienste umfasst. Mit dem ersten Advent, dem vierten Sonntag vor Weihnachten, beginnt das Kirchenjahr, dann kommt Weihnachten und schließlich das Erscheinungsfest des Herrn, der sechste Januar, oder die zwölfte Nacht für Sie. Dann haben wir die Fastenzeiten, in der man seine schlechten Gewohnheiten aufgeben sollte...«, hier hielt er inne und schaute Banks mit zusammengekniffenen Augen an, »... und die letzten drei sind die Osterzeit, Pfingsten und das Dreifaltigkeitsfest. Aber wozu um Himmels willen wollen Sie das alles wissen? Sie denken doch bestimmt nicht daran ...«
      »Nein, denke ich nicht. Und glauben Sie mir, Herr Pfarrer, es ist besser, wenn Sie nichts wissen. Ich bin vor allem an der Musik interessiert, die zu diesen Gottesdiensten gehört.«
      »Liturgische Musik? Nun, das ist eine etwas andere Sache. Eine sehr komplizierte. Geht zurück auf die gregorianischen Gesänge. Aber im Grunde hat jeder Teil des Jahres seine eigenen biblischen Texte, die frühe Komponisten vertont haben. Das geschieht natürlich heute immer noch, zum Beispiel haben Vaughan Williams, Finzi und Britten ein wenig in dieser Richtung gearbeitet, aber heutzutage wird diese Musik kaum in normalen Gottesdiensten gespielt. Ihnen geht es wahrscheinlich um biblische Texte oder Textabschnitte, die vertont wurden. Und die meisten von ihnen wurden 1563 abgeschafft.«
      »Über welche Art von Musik sprechen Sie?«
      »Alle Arten, angefangen bei frühen mehrstimmigen Motetten. Ein Komponist nimmt einen Text, vielleicht einen Psalm, und vertont ihn. Selbstverständlich in Latein.«
      »So wie ein Gloria oder ein Magnifikat?«
      »Das Gloria ist eigentlich Teil der Messe und die hat ihre eigene Liturgie. Wie gesagt, es kann ziemlich kompliziert werden.«
      Banks musste an die Untertitel seiner Kassette mit Messen und Requiems denken: Kyrie Eleison, Agnus Dei, Credo. »Ich glaube, ich verstehe«, sagte er. »Was ist mit Laudate pueril«
      »O ja, >Laudate pueri, Dominum ...< Heißt so viel wie >Lobet den Herrn, Kinder Gottes.< Basiert auf Psalm 112, wenn mich mein Gedächtnis nicht täuscht.«
      »Kennen Sie Vivaldis Vertonung?«
      »Aber ja. Großartig.«
      »In den Anmerkungen zu meiner Kassette steht, dass das Stück möglicherweise als Teil eines Begräbnisgottesdienstes für ein kleines Kind verwendet worden ist. Stimmt das?«
      Catcott rieb sein glattes Kinn. »Ja, das würde Sinn machen.«
      »Ist das allgemein bekannt?«
      »Nun, Sie wussten es, nicht wahr? Ich würde sagen, jeder einigermaßen gebildete Mensch hat die Möglichkeit, es zu wissen.«
      »Ob es jemand wie Claude Ivers weiß?«
      »Ivers? Selbstverständlich. Ich erinnere mich, einen Artikel über ihn in Grammophone gelesen zu haben. Er ist in der geistlichen Musik äußerst bewandert. Schade, dass er anstatt des monotonen Zeugs, das er am laufenden Band produziert, es nicht für angebracht hält, selbst welche zu schreiben.«
      Banks lächelte. Jetzt reichte die Zeit zwar nicht aus, das Thema weiter zu verfolgen, aber da hatte Catcott die Saat für eine weitere Diskussion im Queen's Arms gelegt.
      »Ich danke Ihnen, Herr Pfarrer.« Banks stand auf, schüttelte Catcott die Hand und ging dann zum Ausgang. Auf dem kalten Stein hallten seine Schritte. Kurz bevor er die Tür erreichte, hörte er den Pfarrer hinter ihm rufen: »Die Kollektebüchse für den Restaurierungsfonds befindet sich zu Ihrer

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