Inspector Alan Banks 07 Die letzte Rechnung
lange stehen. Das Auf und Ab der Gespräche spülte über ihn hinweg. Am lautesten waren zwei Paare mittleren Alters, die hinter dem gravierten Rauchglas und der dunklen Holzwand auf einer Seite der Tür saßen. Neben Banks und dem Barpersonal waren sie die einzigen Gäste über fünfundzwanzig und alle vier hatten schon ein bisschen zu viel getrunken. Die Männer tranken Pints und die Frauen ein seltsam gefärbtes Gebräu, aus dem kleine Schirmchen und Fruchtstücke stakten. So, wie es klang, feierten sie die Verlobung der Tochter des einen Paares, die nicht anwesend war, und aus diesem Anlass wurden all die alten, schlüpfrigen Witze ausgepackt, die Banks schon tausend Mal in seinem Leben gehört hatte.
»Also, da sind drei Frauen, okay?«, sagte einer der Männer. »Die Prostituierte, die Nymphomanin und die Ehefrau. Nach dem Sex sagt die Prostituierte: >Das war's.<, ganz sachlich. Die Nymphomanin sagt: >Das war's?< Und die Ehefrau sagt: >Beige, ich glaube, die Decke sollte beige gestrichen werden.<«
Sie brachen in brüllendes Gelächter aus. Eine der Frauen, eine ziemlich schlampige Wasserstoffblondine, ähnlich der Diana Dor der späten Phase, mit zu viel Make-up und verschwommenem Blick, schaute herüber und zwinkerte Banks zu. Er zwinkerte zurück, und nachdem sie ihrer Freundin einen Stups gegeben hatte, begannen beide zu lachen. Einer der Männer, wahrscheinlich ihr Ehemann, wie Banks vermutete, steckte seinen Kopf um die Trennwand. »Sie können sie haben«, sagte er. »Aber ich warne Sie, in einer Woche sind Sie erledigt. Die kann nicht genug kriegen.« Sie schlug ihn spielerisch, und dann lachten alle los, bis sie Tränen in den Augen hatten. Banks lachte mit ihnen und wandte sich schließlich ab. Die Bardame hob ihre Augenbrauen und fuhr mit einem Finger über ihre Kehle. Banks trank aus und zog weiter.
Der nächste Pub, in einer anderen Seitengasse vom Briggate, war besser besucht. Draußen standen Gruppen junger Leute herum oder saßen auf den Holzbänken. Im Lokal tanzten lange Schatten über die Wände wie in einem alten Orson-Welles-Film. Banks ging mit seinem Pint wieder hinaus in die enge, von weiß getünchten Mauern umgebene Gasse und stellte es auf einer Fensterbank ab, die sich wie eine Theke genau in Ellbogenhöhe befand.
Er dachte an sein letztes Treffen mit Pamela Jeffreys. Sie war in Tränen aufgelöst davongelaufen, und er war wie ein Idiot im Park stehen geblieben und hatte seinem Eis beim Schmelzen zugeschaut. Er hatte sich bei ihr dafür entschuldigen wollen, ihre Gefühle so schäbig behandelt zu haben, aber gleichzeitig wusste eine andere Seite von ihm - die professionelle Seite -, dass er seine Fragen stellen musste und eine Entschuldigung deshalb nie völlig aufrichtig sein würde. Er war eben auch nur ein Mensch und empfänglich für Schönheit. Er fand sie attraktiv, ihm gefiel ihr warmherziger, offener Charakter, ihre Lebensfreude und ihr Sinn für Humor. Außerdem begeisterte ihn, dass sie etwas mit Musik zu tun hatte. Wie viel von alledem würde sie behalten haben, nachdem sie aus dem Krankenhaus kam? Wenn sie überhaupt herauskam.
Während er nun sein Bier in einer Hintergasse von Leeds schlürfte, grübelte er wieder über Blackstones Theorie von ihrer Verwicklung in die Angelegenheit nach; er glaubte jedoch nicht, dass Pamela Jeffreys eine so gute Schauspielerin war. Sie hatte Calvert gemocht, die beiden hatten einfach Spaß miteinander gehabt, ohne gegenseitige Forderungen, ohne Bedingungen und ohne große Verpflichtungen. Und was war daran falsch? Sie mochte verletzt gewesen sein, als er eine andere Frau kennen gelernt hatte, denn schließlich litt jeder an einer Zurückweisung, aber sie hatte ihn so gerne, dass sie ihren Stolz unterdrücken und mit ihm befreundet bleiben konnte. Sie war jung, sie hatte genug Kraft, mit ein paar Rückschlägen fertig zu werden. Wenn ihre Eifersucht sie zu einem Mord getrieben hätte, dann hätte sie Robert Calvert wahrscheinlich in seiner Wohnung in Leeds getötet, und wenn sie gemeinsam mit Rothwell und Calvert in die Geldwäsche verwickelt gewesen wäre, dann hätte sie nicht auf dem Revier in Eastvale angerufen und ihnen von Calvert erzählt.
Mittlerweile war es fast elf Uhr, die meisten Leute waren nach Hause gegangen. Da er nicht fahren musste, sondern zu Fuß unterwegs war, bestellte Banks noch ein letztes Bier. Er war froh, noch weggegangen zu sein. Das Bier hatte ihm geholfen, seine Wut zu vertreiben
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