Inspector Alan Banks 08 Der unschuldige Engel
das eine Wunde sein, die eine ähnliche Menge Blut produziert, wenn ein Stoff daran streift?«
Tasker rutschte auf seinem Stuhl umher. »Nun, ich habe den Kratzer nicht gesehen, deswegen kann ich es nicht mit Sicherheit sagen, aber es handelte sich um eine geringe Menge, die durchaus von solch einer kleinen Verwundung herrühren kann, die Sie gerade beschrieben haben.«
»Wo haben Sie das Blut gefunden?«
»Auf dem Anorak des Angeklagten.«
»Wo genau auf dem Anorak des Angeklagten?«
»Auf dem linken Ärmel. Nahe der Schulter.«
»Und wir haben bereits erfahren, dass Deborah Harrison einen Meter achtundsechzig groß war und Owen Pierce einen Meter sechsundachtzig groß ist. Würde sich dadurch Deborah Harrisons linkes Auge auf der Höhe seines Oberarmes befinden?«
Tasker zuckte mit den Achseln. »Ich nehme an. Genau kann ich es nicht sagen.«
»Mit Eurer Erlaubnis, Euer Ehren«, sagte Shirley Castle an Richter Simmonds gerichtet, »würde ich gerne die Gelegenheit wahrnehmen, dem Gericht zu demonstrieren, dass es sich tatsächlich so verhält.«
Owen konnte sehen, dass sie den Atem anhielt. Die meisten Richter, hatte sie ihm erzählt, hassten alles, was nach übertriebener Theatralik roch. Sie musste Simmonds jedoch davon überzeugt haben, dass sie gerade ein wichtiges Thema verfolgte, denn ohne lange zu zögern, gab er ihrem Antrag statt.
Die Demonstration war eine simple Angelegenheit. Ein Mann und eine junge Frau wurden hereingebracht; Owen hatte keine Ahnung, wo Shirley die beiden aufgetrieben hatte. Die Frau war deutlich kleiner als der Mann. Ihre jeweilige Größe wurde offiziell mit einem Meter achtundsechzig beziehungsweise einem Meter sechsundachtzig ermittelt, dann stellten sich die beiden nebeneinander. Die Augen der jungen Frau befanden sich auf der Höhe des Oberarms des Mannes.
Shirley Castle dankte den beiden und fuhr fort: »Handelte es sich bei diesem Fleck um das einzige Blut, das auf der Kleidung meines Mandanten gefunden worden ist?«
»Ja.«
Shirley Castle bat darum, den Geschworenen Owens Anorak zu zeigen. Sie wies auf die mit einem Reißverschluss versehene Tasche im oberen Bereich des Ärmels hin. »Haben Sie, Dr. Tasker, Blut des Mädchens auf oder in der Nähe dieses Reißverschlusses gefunden?«
»Ja. In der Nähe.«
»Könnten Sie genauer werden?«
»Es war genau am Ende des Reißverschlusses.«
»Würden Sie bitte auf die Stelle des Beweismaterials zeigen?«
Tasker kam ihrer Bitte nach.
»Die Kante der Metallzähne ist ziemlich scharf«, fuhr Shirley Castle fort. »Deutet das für Sie nicht darauf hin, dass sich das Mädchen an dem Reißverschluss die Wange aufgekratzt haben könnte, als sie rückwärts im Nebel mit Mr Pierce zusammengestoßen ist?«
»Es gibt viele Möglichkeiten, wie es dorthin gelangt sein könnte.«
»Aber eine Möglichkeit könnte die sein, die ich gerade beschrieben habe?
»Ja, aber ...«
»Und mehr Blut wurde nicht gefunden?«
»Das habe ich bereits gesagt. Ich ...«
»Das ist nicht sehr viel, oder?«
»Wie gesagt, genug für eine Polymerase Kettenreaktionsanalyse.«
»Ja, genau, und für eine DNA-Analyse, den genetischen Fingerabdruck und so weiter. Zauberworte heutzutage. Und was beweist das, Dr. Tasker?«
»Dass das Blut auf dem Anorak des Angeklagten mit einer Wahrscheinlichkeit von ...«
»Ja, ja. Das haben wir schon alles durch, oder? Die Verteidigung hat nie geleugnet, dass es sich um Deborah Harrisons Blut handelt. Sie hat meinen Mandanten angerempelt und sich am Reißverschluss seines Anoraks gekratzt. Würden Sie zustimmen, dass die Menge und die Position des Blutes diese Erklärung bestätigt?«
»Ich nehme an.«
»Sie nehmen an. Haben Sie Blutspuren an den Ärmelmanschetten des Anoraks gefunden?«
»Nein.«
»Würden Sie nicht gerade dort Blut erwarten, wenn das Opfer aus der Nase geblutet hat, während der Angeklagte sie erwürgte?«
»Vielleicht.«
»Er hätte also Blut auf seine Unterarme bekommen, wenn er sie tatsächlich von hinten mit dem Riemen des Ranzens erwürgt hätte?«
»Nun, das ist möglich, aber ...«
»Und haben Sie im unteren Bereich der Ärmel Blut gefunden?«
»Nein, aber er könnte die Ärmel hoch...«
»Danke, Dr. Tasker. Sie haben meine Frage beantwortet. Gut, wäre es nicht angesichts des Kampfes um Leben und Tod, der stattgefunden
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