Inspector Alan Banks 08 Der unschuldige Engel
fort. »Er hat den Wagen etwas demoliert, aber nicht besonders schlimm. Richtig nervös geworden ist Clayton, weil sein Notebook im Wagen war. Wir wissen, dass es ein sehr teurer Computer war, mit allem Schnickschnack, aber Clayton ist ein reicher Mann. Er hätte sich leicht einen neuen leisten können. Sorgen hat er sich darum gemacht, was in seinem Computer war. Wenn ich mich richtig erinnere, tauchte er ein paar Wochen später auf dem Markt auf, ohne einen Kratzer.«
»Nach meiner Einschätzung«, sagte Banks, »hat Spinks von Computern ungefähr so viel Ahnung wie ein OrangUtan. Aber zu der Zeit hat er sich immer noch mit Deborah getroffen. Möglich, dass sie wusste, was er getan hatte. Sie war gerade mitten in einer rebellischen, aufmüpfigen Phase und hat wohl weder Clayton noch ihren Eltern von dem Diebstahl erzählt. Und Deborah war intelligent, sie kannte sich mit Technik aus. Diesen Computer zu bedienen, war bestimmt ein Kinderspiel für sie.«
»Was wäre also, wenn sie in dem Computer etwas gefunden hat?«, mutmaßte Gristhorpe. »Etwas Wichtiges.«
»Vielleicht ging es gar nicht darum, dass Clayton eine Affäre mit Lady Harrison hatte«, sagte Banks. »Daran habe ich vorher geglaubt. Aber vielleicht waren sie in eine Intrige verwickelt. Vielleicht hatte Clayton Sir Geoffrey betrogen.«
»So weit muss man gar nicht gehen«, meinte Gristhorpe. »Denk daran, HarClay Industries steckt tief im Rüstungsgeschäft. So tief, dass sich Sir Geoffrey privat mit Oliver Jackson vom Sicherheitsdienst traf, und zwar an dem Tag, an dem seine Tochter ermordet wurde.«
»Und du glaubst, es gibt da eine Verbindung?«
»Ich sage nur, dass es eine geben könnte. Mikroelektronik, Computer, Mikrochips, Waffensysteme. Mit solchen Dingen macht man nicht nur großes Geld, sie haben auch eine eminent politische Dimension. Wenn Deborah auf etwas gestoßen ist, was sie nicht hätte wissen sollen ... Wenn Clayton für jemanden gearbeitet hat, für den er nicht hätte arbeiten dürfen ... Wenn er zum Beispiel Waffensysteme an feindliche Regierungen verkauft hat...«
»Falls Deborah gedroht hat, die Sache auffliegen zu lassen, hätten entweder Clayton oder seine Auftraggeber sie umbringen lassen können.«
»Genau.«
»Und Ellen Gilchrist war einfach ein zufälliges Opfer, um Pierce erneut in Verdacht zu bringen?«
Gristhorpe zuckte mit den Achseln. »Nichts einfacher als das. Auf jeden Fall für solche Leute.«
»Aber sie haben nicht mit Barry Stotts Ego gerechnet.«
»Kein Plan ist perfekt.«
»Aber warum haben sie so lange gewartet?«, meinte Banks. »Das verstehe ich nicht. Deborah hat den Computer so um den 20. August herum geknackt - vorausgesetzt, so ist es gewesen -, sie wurde aber erst am 6. November getötet. Das sind fast drei Monate.«
Gristhorpe kratzte sein stoppeliges Kinn. »Gute Frage«, sagte er. »Aber auch dafür könnte es eine Erklärung geben. Vielleicht hat es so lange gedauert, bis sie begriffen hat, was sie da entdeckt hat. Oder es hat so lange gedauert, bis Clayton gemerkt hat, dass jemand an seinem Notebook herumgefummelt hat. Du weißt, wie schnell sich eine Situation verändern kann, Alan. Vielleicht ist drei Monate später eine Situation eingetreten, in der die Information, die sie entdeckt hatte, überhaupt erst eine Bedeutung gewann.«
Banks nickte. »Möglich. Aber ich bin mir nicht sicher, ob selbst Deborah intelligent genug war, um Claytons Grafiken und Dateien zu verstehen. Ich habe sie nicht verstanden. Neulich habe ich welche bei ihm gesehen und sie kamen mir wie Chinesisch vor.«
»Tja, du weißt ja, dass ich erst recht keinen Schimmer von Computern habe«, sagte Gristhorpe. »Aber für Deborah könnte es eindeutig gewesen sein. Sie muss ja nicht alles verstanden haben, vielleicht hat sie nur einen Namen erkannt oder so. Vielleicht war jemand, den sie kannte, auch in die Sache verwickelt?«
»Gut«, sagte Banks. »Aber ich glaube, unsere Fantasie geht ein bisschen mit uns durch. Würde Clayton eine so wichtige Information überhaupt in seinem Notebook speichern? Wie auch immer, ich habe einen einfachen Vorschlag: Warum holen wir nicht Spinks her? Mal sehen, ob wir die Wahrheit aus ihm herauskriegen können.«
»Gute Idee«, meinte Gristhorpe.
»Und dieses Mal«, fügte Banks hinzu, »haben wir vielleicht sogar einen Köder für ihn.«
* II
Wo war er? Ach ja, Swiss Cottage. In London. Die
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