Inspector Alan Banks 08 Der unschuldige Engel
machen?«
Banks nickte. Dann untersuchte er die Oberfläche der Schreibtischplatte, um zu schauen, ob Deborah irgendwelche Initialen eingeritzt hatte, so wie er es einst in der Schule getan hatte. Aber er entdeckte nichts.
»Danke«, sagte er zu Dr. Green. »Dürfen wir uns jetzt mit Megan Preece unterhalten? Ist sie hier?«
Dr. Green nickte. Nachdem sie die Mäntel ihrer beiden Besucher und ihren eigenen Regenschirm aus ihrem Büro geholt hatte, führte die Schulleiterin die beiden nach draußen.
»Wohin gehen wir?«, wollte Banks wissen.
»In die Krankenstation der Schule. Megan ist dort. Leider hatte sie einen ziemlich schlimmen Zusammenbruch, als ich den Schülerinnen heute Morgen in der Aula die Nachricht überbracht habe.«
* II
Der Ziegelstein, der um halb zehn am Morgen das Fenster des Pfarramtes durchschlug, weckte Rebecca aus einem unruhigen Dösen, in das sie gefallen war, nachdem sie drei Aspirin mit einem Glas Wasser genommen hatte.
Zuerst blieb sie in der Angst, jemand könnte eingebrochen sein, erschrocken liegen. Ganz langsam, damit die Bettfedern nicht quietschten, richtete sie sich dann auf und lauschte. Aber sie konnte kein weiteres Geräusch hören.
Sie zog ihren Morgenrock an und schaute aus dem Schlafzimmerfenster. Außer dem Nieselregen zwischen den Bäumen und Gräbern und den Polizisten in ihren Capes, die den Boden absuchten, konnte sie nichts entdecken. Auf Zehenspitzen ging sie nach unten, und als sie in das Wohnzimmer kam, sah sie den Schaden.
Über den ganzen Boden lagen Glasscherben verteilt, manche waren sogar auf dem Sofa und dem Couchtisch gelandet. Der Ziegelstein war eindeutig von dem Weg am Fluss aus geworfen worden, von jenseits des kleinen Gartens, wo keine Wachen standen, weil man von dort nicht auf den Friedhof gelangte.
Der Stein war vom Couchtisch gesprungen und vor dem Regal gegenüber liegen geblieben. Ein Stück Papier war darum gewickelt und mit einem Gummiband befestigt. Langsam bückte sich Rebecca, hob den Stein auf und machte das Papier ab.
Wenn du erst einmal den Teufel in dein Herz gelassen hast, wird er jede Zelle deines Körpers verderben, und genau das ist bereits passiert. Du musst deine Sünden beichten. Das ist die einzige Möglichkeit. Ansonsten müssen wir die Dinge selbst in die Hand nehmen.
Es klopfte an der Hintertür. Rebecca stopfte den Zettel in ihre Tasche, zog den Morgenrock zu und schaute dann nach, wer es war.
»Ist alles in Ordnung bei Ihnen?«, fragte einer der uniformierten Constables, die den Friedhof absuchten. »Ich dachte, ich hätte Glas zerbrechen gehört.«
»Das stimmt«, sagte Rebecca. »Aber es ist alles in Ordnung. Nur ein kleiner häuslicher Unfall.«
»Sind Sie sicher?«
»Ja.« Rebecca schob die Tür zu. »Vielen Dank, alles in Ordnung.« Als sie die Tür geschlossen hatte, lehnte sie sich mit dem Rücken dagegen und horchte. Nach ein paar Minuten hörte sie Schritte, die sich auf dem Weg entfernten.
Sie holte Kehrblech und Handfeger, und während sie die Glasscherben zusammenfegte, überlegte sie, womit sie das zerbrochene Fenster abdecken konnte, bevor sie sich eine schwere Erkältung einfing und starb. Aber vielleicht wäre das für alle das Beste, dachte sie. Außerdem wäre es sehr passend. War nicht Emily Bronté an einer Erkältung gestorben, die sie sich bei der Beerdigung ihres Bruders eingefangen hatte? Aber nein. Diese Genugtuung würde sie den erbärmlichen, gemeinen Mistkerlen nicht gönnen.
Gerade als sie versuchte, ein Stück Pappe über das Fenster zu kleben, klingelte das Telefon.
»Kannst du reden?«, fragte die vertraute Stimme.
»Patrick. Ja. Ja, ich kann.«
»Wir haben den Tag freibekommen, Schüler und Lehrer. Wegen der furchtbaren Sache mit dem Mädchen. Für dich muss es ja besonders schrecklich sein. Wie kommst du zurecht?«
»Ach, es geht so.«
»Ist Daniel ...?«
»Er ist unterwegs. Ein Termin in York. Er konnte nicht absagen.«
»Können wir uns sehen? Ich könnte rüberkommen.«
»Ich weiß nicht«, sagte Rebecca und fühlte sich wie ein dummes Schulmädchen schwindelig vor Verlangen, während sie sprach. »Nein, lieber nicht. Nicht in dieser Situation.«
»Aber ich will dich sehen.«
Rebecca legte eine Hand über die Sprechmuschel und holte tief Luft.
»Willst du mich nicht sehen?«
»Doch, natürlich will ich dich sehen, Patrick. Das weißt du
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