Inspector Alan Banks 08 Der unschuldige Engel
wirklich nicht«, erwiderte Banks. » Aber möglich ist alles. Wusste Mr Clayton von Anfang an von Spinks?«
»Ja. Als die beiden draußen grillten, kam er zufällig vorbei. Er sagte Spinks etwas wegen des Trinkens und Spinks reagierte sehr unverschämt. Michael war damals einer Meinung mit mir, dass Deborah zu schade für den Jungen wäre. Ich habe ihm auch erzählt... dass ich die beiden im Bett überrascht hatte. Ich musste es einfach jemandem erzählen.«
Clayton schien verdammt häufig zufällig in Sir Geoffreys Haus aufzutauchen, dachte Banks. Besonders dann, wenn Sir Geoffrey unterwegs und nur Sylvie da war.
»Hat Mr Clayton selbst Familie?«, fragte er.
»Michael? Nein. Er und seine Frau, Gillian, haben sich vor drei Jahren getrennt. Die Ehe war kinderlos.« Sie lächelte. »Ich glaube, zum Teil bestand das Problem darin, dass Michael mit seiner Arbeit verheiratet ist. Manchmal habe ich den Eindruck, seine Computer sind direkt mit seinem Gehirn verkabelt. Jetzt hat er eine Freundin in Seattle und das scheint ideal für ihn zu sein. Eine Fernbeziehung. Er reist ziemlich oft geschäftlich nach Seattle.«
»Wie lange kennen sich er und Sir Geoffrey schon?«
»Seit Oxford. Sie waren immer unzertrennlich. Michael war auch dabei, als ich Geoffrey kennen lernte.«
Banks hielt einen Moment inne und nippte an seinem lauwarmen Tee. »Kennen Sie die Lehrer von St. Mary's?«, wollte er wissen.
»Manche von ihnen. Wenn man so viel Geld für die Schule ausgibt, auf die man sein Kind schickt, wie wir es tun, möchte man auch ein gewisses Mitspracherecht haben, wie sie geführt wird.«
»Und?«
»Und St. Mary's ist eine ausgezeichnete Schule. Wunderbare Einrichtungen, eine gute Lehrerschaft, eine gesunde Atmosphäre ... Ich könnte so weitermachen.«
»Hatten Sie jemals das Gefühl, dort geht etwas Unangenehmes vor sich?«
»Unangenehmes?«
»Entschuldigen Sie, aber genauer kann ich es nicht sagen. Aber wenn jemand, oder auch eine Gruppe, in der Schule in etwas verwickelt war - in etwas Illegales wie Drogen - und wenn Deborah das herausgefunden hätte ... Schließlich ist sie auf dem Heimweg von der Schule überfallen worden. Jemand hätte ihr von dort folgen können.«
Sylvie schüttelte langsam den Kopf. »Das sind Dinge, die sich Polizisten ausdenken. Nein, ich habe nie den leisesten Anflug eines Gerüchtes gehört, dass in St. Mary's irgendetwas nicht in Ordnung wäre. Und ich glaube, dass man davon hört, wenn solche Dinge vor sich gehen.«
»Haben Sie Grund zu der Annahme gehabt, dass John Spinks oder jemand anderes Deborah mit Drogen in Berührung gebracht hat?«
Sie seufzte. »Ich kann nicht behaupten, dass ich mir deswegen keine Sorgen gemacht hätte.« Dann schüttelte sie den Kopf. »Aber ich glaube nicht. Ich habe nie Anzeichen dafür gesehen. Deborah war ein sehr aktives Mädchen. Sie hat ihre körperliche Gesundheit, ihre sportlichen Fähigkeiten viel zu sehr geschätzt, um sie durch Drogen zu zerstören.«
»Kennen Sie Patrick Metcalfe?«
»Ich habe ihn kennen gelernt, ja.«
»Hat Deborah mal von ihm gesprochen?«
»Nein, daran kann ich mich nicht erinnern.«
»Hat sie ihn gemocht?«
»Sie sagte weder das eine noch das andere. Sie kam in Geschichte ganz gut zurecht, obwohl es nicht ihr bestes Fach war. Aber warum fragen Sie?«
»Er ist einfach nur ein Teil des Gesamtbildes, das ist alles. Wahrscheinlich kein wichtiger Teil. - Hatte Deborah noch Kontakt zur Kirche, nachdem Sie und Ihr Mann nicht mehr hingegangen sind?«
»Das glaube ich nicht. Geoffrey hat hartnäckig darauf bestanden, dass wir alle fern bleiben. Aber die Schule und die Kirche blieben eng verbunden. Vielleicht hatte sie doch noch etwas Kontakt.« Sie rieb sich die Augen und stand auf. »Bitte entschuldigen Sie mich, Chief Inspector, aber ich fühle mich sehr müde. Ich glaube, ich habe Ihnen im Moment alles erzählt. Und ich hoffe, dass Sie diskret sind. Es wäre mir lieb, wenn Sie Geoffrey nicht erzählen, was ich Ihnen heute gesagt habe.«
Banks lächelte. »Natürlich nicht. Wenn Sie ihm auch nicht erzählen, dass ich hier gewesen bin. Mein Chef ist leider ...«
Doch bevor er den Satz beenden konnte, ging die Eingangstür auf und Sir Geoffrey rief: »Ich bin wieder da, Liebling! Wie geht es dir?«
* III
Auf der Rückseite des Eastvaler Busbahnhofes, hinter dem Lärm der heulenden Motoren und dem Gestank
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