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Inspector Alan Banks 10 In einem heißen Sommer

Titel: Inspector Alan Banks 10 In einem heißen Sommer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Robinson
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Schneeglöckchen in Rowan Woods und schließlich Glockenblumen, Krokussen und Narzissen. Brad und Charlie waren nun unsere ständigen »Kavaliere«, und Billy Joe, der schmollte, als er merkte, dass er Gloria an einen Piloten verloren hatte, sahen wir nur noch selten.
      Anders als die Engländer schienen die Amerikaner ihre Dienstgrade lockerer zu sehen. Ich nehme an, der Grund dafür liegt in unserem Klassensystem, das uns von Geburt an eingetrichtert wird, während alle Amerikaner gleich sind, sagen sie wenigstens. Das muss schön sein für sie; für uns wäre es wahrscheinlich verwirrend. Wenn Offiziere und einfache Soldaten zusammen essen, trinken und untergebracht sind, ist das eine Sache, aber es ist ganz etwas anderes, wenn ein Leutnant einem einfachen Feldwebel das Mädchen ausspannt.
      Ich hatte Angst, dass Billy Joe sich wieder schlagen würde, er war ja aggressiv veranlagt, aber er fand bald ein neues Mädchen und sprach sogar wieder mit uns, wenn wir uns beim Tanzen oder im Pub trafen. Einmal belästigte er Gloria, sie solle zu ihm zurückkehren oder wenigstens noch einmal mit ihm schlafen, aber sie konnte ihn auf Abstand halten, obwohl sie etwas getrunken hatte.
      PX blieb für uns natürlich lebenswichtig, deshalb bemühten wir uns, ihn uns weiterhin warm zu halten. Da keine von uns mit ihm gegangen war, gab es für uns keinen Anlass zu glauben, unsere neue Beziehung zu Brad und Charlie könne sich auf die alte Freundschaft auswirken, und es sah auch nicht danach aus.
      Ich will nicht behaupten, dass meine Affäre mit Charlie eine leidenschaftliche Angelegenheit war, aber wir wurden mit der Zeit weniger unbeholfen, was die körperliche Seite anging, und so wurde er der erste Mann, mit dem ich schlief. Er war zärtlich, geduldig und feinfühlig, genau das, was ich brauchte, und so freute ich mich mit der Zeit auf die Stunden, die wir mit freundlicher Genehmigung von Gloria zusammen im Bett von Bridge Cottage verbrachten.
      Unsere Beziehung blieb auf intellektueller Ebene wichtiger; mit Hingabe tauschten wir Bücher aus: Forster, Proust, Dostojewski. Aber Charlie war gar kein trockener Langeweiler; er tanzte gern und war ein riesiger Fan von Humphrey Bogart. Er nahm mich mit in Casablanca und Der Malteser Falke, obwohl er beide Filme schon gesehen hatte. Auch begeisterte er sich viel mehr für klassische Musik als ich und manchmal besuchten wir Konzerte. Einmal, das weiß ich noch, gingen wir die ganze Strecke nach Huddersfield zu Fuß, um uns Benjamin Britten anzusehen, der seine Hymn to St. Cecilia persönlich dirigierte.
      Bei all der Abwechslung machten wir uns wahrscheinlich an den Menschen schuldig, die in den schlimmsten Tagen nach Matthews Verschwinden zu uns gestanden hatten, insbesondere Michael Stanhope. Wir machten es ein wenig gut bei ihm, als er eine Ausstellung in Leeds hatte. Charlie und ich dehnten den Besuch übers Wochenende aus und übernachteten im Metropole Hotel.
      Charlie, der viel mehr von Malerei verstand als ich, lobte die Ausstellung in den Himmel, und ich glaube, Mr. Stanhope war ziemlich von ihm eingenommen. Selbst Gloria besuchte Mr. Stanhope im Sommer und Herbst in seinem Atelier weitaus häufiger als zuvor.
      Ich versuchte, mir die Gefahren nicht vor Augen zu führen, die Charlies Beruf mit sich brachte, und er für seinen Teil schien auch nie darüber sprechen zu wollen. In den Stunden, wenn wir zusammen lasen oder uns liebten, rückte der Krieg in weite Ferne, obwohl er sonst schwer zu ignorieren war. Die Amerikaner flogen tagsüber gezielte Bombenangriffe auf Deutschland, oft ohne Jagdschutz, ihre Verluste waren entsetzlich hoch. Jetzt hörte ich das Dröhnen der startenden Flugzeuge nicht mehr nach Einbruch der Dunkelheit, sondern am Morgen. Die Fliegenden Festungen waren viel lauter als die Flugzeuge der RAF vorher. Gegen fünf Uhr morgens, wenn ich normalerweise sowieso aufwachte, ließen sie die Motoren warm laufen. Dann lag ich im Bett, genoss noch ein paar Minuten Wärme und stellte mir vor, wie Charlie seine Karten prüfte und sich auf den nächsten Angriff vorbereitete.
      Charlie erzählte mir, dass sie in zwanzigtausend Fuß Höhe bei Temperaturen zwischen minus 30 und 45 Grad Celsius flogen. So eine Kälte konnte ich mir gar nicht vorstellen. Er musste lange Wollunterwäsche und einen elektrisch beheizten Fliegeranzug unter seiner mit Wolle gefütterten Lederjacke tragen. Ich musste lachen, als er sagte, er brauche eine halbe Stunde,

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