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Inspector Alan Banks 10 In einem heißen Sommer

Titel: Inspector Alan Banks 10 In einem heißen Sommer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Robinson
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Brad konnte ich nicht sehen. Einer fiel die Treppe herunter. Irgendwann sah ich einen Schwarzen auf dem Klavier tanzen. PX war betrunken, seine Augen nur noch schmale Schlitze, er küsste eine Frau. Sie schob ihn fort und er wurde rot im Gesicht. Dann stürmte er davon. Cynthia kam mit einem Matrosen im Schlepptau zurück. Ich weiß nicht, wo sie ihn aufgegabelt hatte, wir waren mindestens fünfzig Meilen von der Küste entfernt. Es war fast ein Uhr, und als wir wieder draußen auf der Straße standen, sagte ich Cynthia und Gloria, wir müssten gehen.
      Wir drei waren ein bisschen beschwipst. Ich glaube, es waren genauso sehr die Gefühlswallungen und die Aufregung wie der Alkohol. Wir bemühten uns noch nicht einmal' eine Mitfahrgelegenheit zu bekommen, sondern tanzten stattdessen kichernd zu Fuß nach Hause. In Hobb's End herrschte Grabesstille.
      Bridge Cottage war dunkel. Ich ging mit Gloria hinein, um mich zu vergewissern, dass alles in Ordnung war. Sobald wir die Tür öffneten, hörten wir Matthew auf dem Sofa schnarchen. Gloria legte den Finger auf die Lippen und schob mich in Richtung Küche. Bei geschlossener Tür goss sie uns beiden noch einen Whisky ein, der wahrscheinlich das letzte war, was wir brauchen konnten. Gloria legte ihre Handtasche auf den Schrank, doch sie blieb nicht liegen, sondern fiel zu Boden. Ich bückte mich, um sie aufzuheben, und merkte, wie schwer sie war. Neugierig öffnete ich den Bügel und fiel fast in Ohnmacht, als ich den Revolver erblickte. Gloria drehte sich mit Flasche und Gläsern zu mir um.
      »Das solltest du nicht sehen«, sagte sie.
      »Aber Gloria, wo hast du den denn her?«
      »Von einem Amerikaner auf der Party, er war so betrunken, dass er es nicht merken wird.«
      »Nicht von Brad.«
      »Nein, nicht von Brad. Keiner, den wir kennen.«
      »Aber er wird großen Ärger bekommen.«
      »Das glaube ich nicht. Ist mir auch egal. Geschieht ihm recht, wenn er nicht aufpasst, oder? Er hat die ganze Zeit versucht, mir die Hand unter den Rock zu schieben.«
      »Wofür brauchst du die Waffe?«
      Sie zuckte mit den Achseln. »Als Erinnerung.«
      »Gloria!«
      »Schon gut!« Sie flüsterte, um Matthew nicht zu wecken. »Vielleicht fühle ich mich ein klein wenig sicherer, wenn ich weiß, dass er da ist, mehr nicht.«
      »Aber Matthew ist harmlos. Er tut dir nichts.«
      Sie sah mich an, als sei ich der größte Narr, der ihr je begegnet war. »Wer redet denn hier von Matthew?«, fragte sie und machte sich nicht einmal mehr die Mühe zu flüstern. Dann nahm sie mir den Revolver ab und legte ihn in einen Küchenschrank hinter die mageren Vorräte an Tee und Kakao. »Nimmst du jetzt endlich das Glas?«
     
    ***
     
    Vivian Elmsley ging es nicht gut. Kurz vor Mitternacht saß sie in ihrem nüchtern eingerichteten Wohnzimmer, den dritten Gin Tonic in der Hand, im Fernsehen lief irgendein furchtbarer Mist. Der Schlaf wollte nicht kommen. Der geheimnisvolle Anrufer hatte sich nicht wieder gemeldet, aber sie betrachtete das Telefon weiterhin als Instrument des Terrors, das immer kurz davor war, den letzten Rest von Seelenruhe zu zerstören, den sie noch besaß. Sie fragte sich, ob sie der Polizei von ihm hätte erzählen sollen. Aber was wollten die schon unternehmen? Es war alles so unklar.
      Sie hatte gewusst, dass die Polizei herausfinden würde, wer sie war, und dass sie irgendwann zu ihr kommen würde - das hatte sie in der Minute gewusst, als sie hörte, dass Glorias Leiche ausgegraben worden war -, aber sie war nicht auf die Wirkung vorbereitet gewesen, die dieser Besuch auf sie haben würde. Sie hatten gemerkt, dass sie log; das war sonnenklar. Chief Inspector Banks war nicht dumm; ihm war klar, dass niemand, der den Betroffenen so nah gewesen war wie Vivian, so ahnungslos sein konnte, wie sie vorgegeben hatte. Und sie konnte nicht gut lügen.
      Warum hatte sie ihnen nicht die Wahrheit gesagt? Aus Angst um ihr eigenes Wohlergehen? Teilweise. Sie wollte nicht ins Gefängnis. Nicht in ihrem Alter. Aber würde sie wirklich nach so langer Zeit strafrechtlich verfolgt werden, auch wenn die Gesetze es vorschrieben? Wenn sie die ganze Geschichte hörten, würden sie dann wirklich weitermachen und ihr den Schmerz und die Demütigung einer Gerichtsverhandlung und eines Gefängnisaufenthalts aufbürden? Gab es nicht so was wie mildernde Umstände?
      Sie wusste nicht, was die Polizei machen würde, und das war das Problem. Wenn wir es uns

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