Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Inspector Alan Banks 10 In einem heißen Sommer

Titel: Inspector Alan Banks 10 In einem heißen Sommer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Robinson
Vom Netzwerk:
gewesen wäre, wären meine Reflexe vielleicht schneller oder meine Bewegungsabläufe glatter gewesen. Egal, ich konnte zwei ^von ihnen lange genug außer Gefecht setzen, um bis zur Tür zu kommen. Der dritte holte mich ein, und da war der, den ich mit dem Ellenbogen getroffen hatte, auch schon wieder auf den Beinen. Sie schwitzten, hatten rote Gesichter und waren fuchsteufelswild. Einer schlug mich in den Magen, der andere traf mich hart an der Brust. Ich sackte zusammen. Ich glaube, ich übergab mich. Ich dachte, jetzt ginge es wieder los, jetzt würden sie da weitermachen, wo sie aufgehört hatten, aber die Luft war raus. Es war alles zu real geworden. Plötzlich waren sie wieder Menschen, jeder dachte an sich selbst, ihnen wurde bewusst, was sie getan hatten. Zeit, die Reihen zu schließen. Sie sagten, ich wäre eine alte Lesbe, ich solle bloß abhauen, und wenn ich wüsste, was gut für mich ist, dann würde ich kein Wort sagen. Ich ging.«
      »Hast du sie angezeigt? Annie, um Himmels willen, du bist vergewaltigt worden!«
      Sie lachte harsch. »Das ist ja so einfach zu sagen für einen Mann! Darüber zu urteilen, was ein Mensch in der Lage tun sollte oder nicht? Wir sind ja sooo verständnisvoll!« Sie schüttelte den Kopf. »Weißt du, was ich gemacht habe? Ich bin fast die ganze Nacht vollkommen betäubt durch die Stadt gelaufen. Die Leute müssen mich für verrückt gehalten haben. Ich war nicht mehr betrunken, ich war stocknüchtern, aber ich war ausgelaugt, taub, ich konnte nichts fühlen. Ich weiß noch, dass ich versuchte, irgendein Gefühl zu empfinden, dass ich dachte, ich müsste doch Schmerz oder Wut spüren. Ich war richtig wütend auf mich, weil ich keine Wut empfand. Ich weiß, das hört sich unwahrscheinlich an, aber anders kann ich es nicht beschreiben. Ich spürte nichts. Nur eine tiefe, kalte Taubheit. Als ich schließlich irgendwann wieder in meiner Wohnung war, nahm ich ein langes, heißes Bad. Stundenlang muss ich da gelegen haben, hörte einfach nur Radio. Nachrichten. Wetterbericht. Normales Leben. Irgendwie beruhigte das. Und weißt du was? Ich verstehe jedes einzelne Vergewaltigungsopfer, das nicht vortritt und das Verbrechen anzeigt.«
      Banks sah in ihren Augenwinkeln Tränen glänzen, aber als ihr auffiel, dass er es bemerkt hatte, schien sie sie wieder einzuziehen.
      »Was geschah dann?«, fragte er.
      »Am nächsten Morgen hatte ich mich etwas beruhigt. Als Erstes ging ich zum Chief Superintendent, um ihm zu sagen, was sie getan hatten. Und weißt du was?«
      »Was denn?«
      »Zwei von denen waren schon vor mir da gewesen und hatten mir einen Strich durch die Rechnung gemacht. Präventivschlag. Sie hatten dem Chef erzählt, es hätte am Abend zuvor auf einer Party eine kleine Meinungsverschiedenheit gegeben, nur ein außer Kontrolle geratenes Aufnahmeritual, nichts Ernstes, aber ich würde wahrscheinlich vorbeikommen und mich beschweren und die wildesten Anschuldigungen erheben. Ihnen zufolge war ich stockbesoffen und hätte es total übertrieben, hätte geprahlt, ich würde es mit jedem aufnehmen, und als es so weit war, hätte ich einen Rückzieher gemacht.«
      »Und er glaubte ihnen?«
      »Ihr Wort gegen meins. Außerdem waren das alles Freunde. Die Leute auf der Dienststelle fanden mich sowieso ein bisschen komisch. Ein paar nannten mich hinter meinem Rücken sogar »Hippie-Bulle«, wenigstens glaubten sie, dass ich es nicht mitbekam. Weißt du, ich machte Yoga und meditierte, ich aß kein Fleisch, guckte mir keinen Sport im Fernsehen an und quatschte nicht den ganzen Tag über Sex. Das reicht schon aus, um verdächtig zu sein. Außerdem sagte man mir nach, ich sei nicht sonderlich an Männern interessiert, nur weil ich keinen von den Kerlen, mit denen ich arbeitete, besonders attraktiv fand. Ich bin mir sicher, dass sie mich alle für lesbisch hielten. Manche Männer bekommen so was in den falschen Hals. Sie glauben, eine Lesbe muss nur mal einen richtig harten Schwanz reingesteckt bekommen, dann gelangt sie schon zur Besinnung. Zufälligerweise hatte ich damals einen Freund, nichts Ernstes, aber ich hielt Beruf und Privatleben nun mal streng getrennt.«
      »Hast du deinem Chef erzählt, was wirklich passiert war?«
      »Ja. Bis ins kleinste Detail.«
      »Und wie reagierte er?«
      »Er sah sehr beschämt aus.«
      »Hat er keine Untersuchung eingeleitet?«
      »Wie schon gesagt, ihr Wort stand gegen meins. Und abgesehen von einer

Weitere Kostenlose Bücher