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Inspector Alan Banks 10 In einem heißen Sommer

Titel: Inspector Alan Banks 10 In einem heißen Sommer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Robinson
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sollte sie tun? Sie war zu alt und zu müde, um zu fliehen. Sie war auch zu alt, um ins Gefängnis zu gehen. Ihr blieb jetzt nichts anderes übrig, sich welcher Anklage auch immer zu stellen und zu hoffen, dass ihr Anwalt seine Sache gut machte.
      Es würde wohl niemand die Presse davon abhalten können, die genauen Umstände herauszufinden, und es bestand kein Zweifel, dass der Skandal so richtig ausgewalzt werden würde. Sie wusste nicht, ob sie eine öffentliche Demütigung ertragen würde. Wenn man sie nicht verhaftete, würde sie das Land möglicherweise wieder verlassen, wie sie es so viele Male mit Ronald getan hatte. Warum nicht? Sie konnte überall arbeiten, und sie hatte genug Geld, um sich in einer warmen Gegend ein kleines Haus zu kaufen: auf Bermuda vielleicht oder auf den Jungferninseln.
      Noch einmal rief sich Vivian die fünfzig Jahre zurückliegenden Ereignisse in Erinnerung. Hatte sie etwas übersehen? Hatte sie alles falsch verstanden? Hatte sie Matthew so bereitwillig verdächtigt, dass ihr die Möglichkeit eines anderen Schuldigen entgangen war? Banks' Fragen zu Michael Stanhope und PX, Billy Joe, Charlie und Brad hatten sie anfangs überrascht und erschrocken. Jetzt war sie immer weniger überzeugt von ihrer damaligen Schlussfolgerung. Hätte es einer von ihnen tun können? Charlie natürlich nicht - der war da schon tot -, aber was war mit Brad? Er und Gloria hatten sich zum Ende hin oft gestritten; sie hatte sie sogar bei der Siegesfeier durch die Flammen streiten sehen. Vielleicht war er in der Nacht ihres Todes zu ihr gegangen, um ein letztes Mal sein Anliegen vorzutragen, und als sie ihn abwies, verlor er den Kopf? Vivian versuchte sich zu erinnern, ob Brad der Typ gewesen war, der manchmal den Kopf verlor, aber sie kam nur zu dem Schluss, dass es jedem unter den richtigen Umständen hätte passieren können.
      Dann war da noch PX. Er hatte Gloria auf seine schüchterne Art mit Unmengen von Geschenken überhäuft. Vielleicht hatte er dafür eine Gegenleistung erwartet? Die sie ihm nicht gewähren wollte? Und obwohl sich Billy Joe recht unverdrossen der anderen Frau zuwandte, hatte Vivian seine Verbitterung, wegen eines Piloten sitzen gelassen worden zu sein, nicht vergessen, diesen schwelenden Klassenhass, der sich als Hohn und Spott tarnte.
      Angeblich gab es in Amerika keine Klassengesellschaft, aber Billy Joe stammte zweifellos aus der Arbeiterklasse, wie die Landarbeiter in Yorkshire. Charlie kam aus einer angesehenen Familie, verfügte über eine Ausbildung an einer Eliteuniversität, und Brads Vater war ein neureicher Ölmagnat von der Westküste. Vivian glaubte, dass es den Amerikanern nicht so sehr an Klassenunterschieden mangelte, sondern an der Tradition vererbter Adelstitel und geerbten Reichtums - deshalb waren sie wahrscheinlich so verzückt vom englischen Königshaus.
      Der Zug näherte sich nun dem Hauptbahnhof von Leeds, mit quietschenden Rädern schlängelte er sich durch das zunehmend komplizierte System aus Signalen und Weichen. Die Fahrt war viel schneller und angenehmer gewesen als damals mit Gloria nach London und zurück. Vivian erinnerte sich an den blauen Lichtpunkt, an die schnarchenden Soldaten, an ihren ersten Blick auf das Elend des Krieges in der trüben Dämmerung. Auf der Rückfahrt nach Leeds, damals eine sechs- bis siebenstündige Reise, hatte sie fast nur geschlafen, und als sie wieder in Hobb's End eintraf, war ihr London im Kopf immer fremder und geheimnisvoller geworden, bis es genauso gut der Mars oder das alte Rom hätte sein können.
      Im Rückblick begann sie sich zu fragen, ob es vielleicht alles doch nur eine Geschichte war. Wenn die Jahre unerbittlich vergehen und alle Menschen sterben, die wir kennen und lieben, wird dann die Vergangenheit zur Fiktion, zur Phantasiegeburt, bevölkert von Geistern, Szenen und Bildern, die für immer im Wasserglas schweben?
      Müde erhob sich Vivian und griff nach ihrer Reisetasche. Es gab noch etwas, das sie sich für ihren LeedsAufenthalt vorgenommen hatte, dafür hatte sie sich den Freitagnachmittag nach dem Interview freigehalten. Davor jedoch würde sie sich die Zeit nehmen, in der Kunstgalerie vorbeizusehen und Michael Stanhopes Gemälde zu betrachten.
     
    Als am Donnerstagmorgen das Telefon klingelte, riss Banks den Hörer so heftig von der Gabel, dass er ihn nicht richtig zu fassen bekam und auf den Tisch fallen ließ.
      »Alan, was ist los? Was war das für ein Krach?«
      »Oh,

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