Inspector Alan Banks 11 Kalt wie das Grab
Name der Band gefiel Banks nicht sonderlich; Jimson Weed klang viel zu sehr nach Sechzigerjahren und Drogen, aber was wusste er schon?
Die Musik war das, worauf es ankam, und Banks stellte erfreut fest, dass sie ihre Coverversion von Dylans »Love Minus Zero/No Limits« aufgenommen hatten, einen Song, den sie zu seiner Überraschung gespielt hatten, als er das einzige Mal bei einem ihrer Liveauftritte gewesen war. Die restlichen Songs waren Originale, hauptsächlich geschrieben von Brian und Jamisse, bis auf »Avalon Blues«, eine alte Nummer von Mississippi John Hurt. Sie waren keine Bluesband, aber der Blues beeinflusste ihre Musik, manchmal überlagert von Rock, Folk und Hip-Hop-Elementen: Die Grateful Dead treffen Snoop Doggy Dogg. Banks war außerordentlich geschmeichelt, dass Brian im Covertext seinem Vater dafür dankte, sein Musikinteresse unterstützt zu haben. Hatte allerdings nicht erwähnt, dass sein Dad Polizist war, was in der Musikbranche sicher nicht gut angekommen wäre.
Banks hatte keine Zeit, sich die CD anzuhören, bevor er ins Büro fuhr. Wenn er erwartete, dass sein Team sich rund um die Uhr voll auf den Mord an Emily konzentrierte, dann musste er mit gutem Beispiel vorangehen. Gedanken an die Arbeit führten rasch zu Gedanken an Annie, die ihm eine weitere schlaflose Nacht beschert hatte. Er verstand nicht, was sie an Dalton fand, der Banks wie ein langweiliger, wenig anziehender Typ vorgekommen war. Besonders gut sah Dalton auch nicht aus. Aber, wie Banks nur zu gut wusste, regierten in Fragen von Sex und Liebe weder Sinn noch Verstand.
Er wünschte nur, er könnte die Bilder von den beiden aus dem Kopf bekommen. Letzte Nacht hatte er sich im Bett gewälzt, unfähig, die Vorstellung zu verdrängen, wie sie sich in jeder nur möglichen Stellung liebten, wobei Dalton Annie mehr befriedigte, als Banks es je geschafft hatte, ihr ekstatische Schreie entlockte, während sie ihn wie wild ritt. Der Morgen, dunkel und nasskalt, brachte eine Erlösung von den Bildern, wenn auch nicht von den Gefühlen, die sie hervorgerufen hatten. Die Arbeit mit Annie stellte sich als viel schwieriger heraus, als er erwartet hatte. Vielleicht hatte sie Recht, und er brachte es einfach nicht auf die Reihe.
Als er sich dem Stadtzentrum näherte und im Verkehrsstau auf der North Market Street stecken blieb, deren Läden gerade für den Tag öffneten, fragte er sich, ob andere wohl auch so unter Eifersucht litten wie er. Bei ihm war es schon immer so gewesen; Eifersucht hatte bereits die Beziehung mit seiner allerersten Freundin zerstört.
Ihr Name war Kay Summerville, und sie wohnte in Peters-borough im selben Viertel wie er. Wochenlang war er scharf auf sie gewesen, wenn er sie in ihren Jeans und der gelben Jacke vorbeigehen sah, das blonde Haar fast hüftlang. Sie schien unerreichbar zu sein, ätherisch wie die meisten Frauen, auf die er scharf war, aber zu seiner Überraschung brachte er eines Tages, als er mit ihr vom Zeitungskiosk über die Straße zurückging, den Mut auf, sie zu fragen, ob sie mit ihm ausgehen würde, und sie sagte ja.
Alles lief gut, bis Kay die Schule verließ und einen Bürojob in der Stadt annahm. Sie fand neue Freunde, ging Freitags nach der Arbeit regelmäßig mit ihnen auf einen Drink. Banks war immer noch in der Schule, bereitete sich auf das Abitur vor, und ein Schuljunge hatte weit weniger zu bieten als diese etwas älteren, besser gekleideten, erfahreneren Männer von Welt. Sie hatten mehr Geld, mit dem sie herumprotzen konnten, und, wichtiger noch, manche besaßen Autos. Kay bestand darauf, dass sie mit keinem was hatte, aber Banks wurde von Eifersucht gequält, von eingebildeter Untreue, und am Ende machte Kay mit ihm Schluss. Sie konnte sein ständiges Herumgereite darauf, mit wem sie ausging und was sie machte, nicht mehr ertragen, ebenso wenig wie seine pampige Art, wenn sie einen anderen Mann auch nur ansah.
Kurz darauf war Banks nach London gezogen und dort aufs College gegangen. Ein oder zwei Jahre und mehrere oberflächliche Beziehungen später lernte er Sandra kennen. Nach ein paar bewegten Monaten am Anfang, als ihm klar wurde, wie sehr er sie wollte, und er den Gedanken nicht ertragen konnte, sie mit jemand anderem zusammen zu sehen, erkannte er, dass er, wenn er seine Karten richtig ausspielte, der Einzige sein würde, und während der nächsten zwanzig Jahre oder so hatte er nur wenig Probleme mit Eifersucht gehabt. Dann verließ sie ihn,
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