Inspector Alan Banks 11 Kalt wie das Grab
Walker.«
Banks verschluckte sich fast. »Ruth Walker ist Ihre Tochter? Emilys Halbschwester?«
Rosalind nickte.
»Mein Gott, warum haben Sie mir das nicht schon früher gesagt?«
»Ich verstehe nicht, welche Bedeutung das haben sollte.«
»Die Beurteilung überlassen Sie besser mir. Wusste Emily davon?«
»Ich glaubte nicht.«
»Was soll das heißen?«
»Soviel ich damals wusste, waren sie sich nur einmal begegnet. Ruth kam immer in mein Büro in Eastvale. Da haben wir all unsere ... unsere Geschäfte abgewickelt. Ob Sie es glauben oder nicht, ich kannte nicht mal ihre Adresse. Sie hatte mir nur erzählt, sie sei in Salford aufgewachsen. Einmal - ich glaube, es war letzte Ostern - war Emily bei mir im Büro. Sie wollte sich von mir Geld zum Einkaufen leihen. Ruth kam herein. Ich stellte ihr meine Tochter vor und sagte, Ruth sei wegen der neuen Computeranlage da, die wir vielleicht installieren wollten. Sie haben sich ein bisschen unterhalten, über Musik, auf welche Schule Emily ging, solche Sachen. Nur höfliches Geplauder. Mehr nicht. Dachte ich zumindest.«
»Also wusste Emily nicht, wer Ruth wirklich war?«
»Das habe ich damals geglaubt.«
»Und was hat Ihre Ansicht verändert?«
»Nachdem Emily heimkam ... nachdem Sie Emily zurückgebracht hatten, klingelte eines Tages das Telefon. Ruth war am Apparat. Ich dachte, sie wollte mich anrufen. Ich war wütend, weil ich sie ausdrücklich darum gebeten hatte, nie bei uns zu Hause anzurufen, aber sie wollte Emily sprechen.«
»Und?«
»Später fragte ich Emily danach. Da erzählte sie mir, dass Ruth sie oft in der Schule angerufen hatte, dass sie einmal über das Wochenende nach London gefahren war und bei ihr übernachtet hatte. Dass sie Freundinnen waren.«
»Demnach wusste Emily, dass Ruth ihre Halbschwester war?«
»Ja.« (
»Wie hat sie reagiert?«
»Sie kannten Emily. Sie fand es ziemlich cool, dass ihre Mutter eine geheime Vergangenheit hatte. Sie hat mir versprochen, nichts zu sagen. Ihr war völlig klar, wie ihr Vater reagieren würde.«
»Haben Sie ihr vertraut?«
»Größtenteils ja. Emily war nicht gemein, obwohl sie unberechenbar sein konnte. Wissen Sie, in ihrem Alter war ich nicht anders. Wenn wir Gleichaltrige gewesen wären, wer weiß, vielleicht wären wir sogar Freundinnen geworden.«
»Ich kann mir vorstellen, was Sie beide alles angerichtet hätten.«
Rosalind lächelte wieder ihr Emily-Lächeln. »Ja.«
»?Wusste sie von der Erpressung?«
»Guter Gott, nein. Zumindest hat sie nie was darüber gesagt. Und ich bezweifle, ob Ruth es ihrer Halbschwester gegenüber zugegeben hätte. Emily war eigensinnig und verantwortungslos, aber im Grunde sehr ehrlich. Ich glaube nicht, dass sie Ruth verziehen hätte, wenn ihr das zu Ohren gekommen wäre.«
Das klang glaubhaft. Aber wenn Emily es nun allein herausgefunden hatte? »Warum erzählen Sie mir das jetzt alles?«, fragte er.
Rosalind zuckte die Schultern. »Aus einer Menge von Gründen. Jerry ist tot. Sie haben ihn gefunden. Sie haben Emily zurückgebracht. Wissen Sie, Sie sind, in Freud und in Leid, in letzter Zeit ein Teil unseres Lebens geworden. Ich musste es jemandem erzählen, und mir fiel niemand anderer ein. Ist das nicht zum Weinen? Seit Emily heimkam, bin ich fast verrückt geworden, es für mich behalten zu müssen, aber ich konnte da noch nicht riskieren, es Ihnen zu erzählen. Nicht, während Jerry am Leben war. Ich weiß, dass Sie ihn nicht mochten, aber ich weiß auch, dass ihr Polizisten zusammenhaltet. Und alles, was ihr herausfindet, landet oft in der Zeitung. Ich will damit nicht sagen, dass Sie etwas verraten hätten, aber ...«
»Die Wände haben Ohren?«
»So was in der Art.«
»Und jetzt?«
»Jetzt kommt es nicht mehr darauf an. Auf gar nichts mehr. Abgesehen von meiner Wut fühle ich mich nur leer.« Sie stellte ihr Glas beiseite und stand auf. »Ich muss jetzt wirklich gehen. Ich habe gesagt, was ich sagen wollte. Danke fürs Zuhören.«
Als Annie in Banks' Einfahrt kurz vor der Gratly-Brücke einbiegen wollte, kam ein Auto rückwärts herausgeschossen und so schnell auf sie zu, dass sie scharf bremsen musste, um einen Zusammenprall zu vermeiden. Das andere Auto wendete und fuhr dann den Hügel hinunter in Richtung Helm-thorpe.
Mit wild klopfendem Herzen bog Annie nach links und fuhr langsam zum Cottage von Banks. Sie sah
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