Inspector Alan Banks 11 Kalt wie das Grab
sechzehnjährigen Nutte, und ich soll glauben, da sei nichts passiert? Denkst du, ich bin von gestern?«
»Emily Riddle war keine Nutte.«
»Oh, entschuldige bitte! Ist das nicht grandios? Der edle Ritter, der die hilflose junge Maid verteidigt.«
»Annie, das Mädchen ist tot. Zumindest könntest du ...«
»Was? Ihr Respekt erweisen?«
»Ja.«
»Hast du ihr Respekt erwiesen, als du mit ihr in dem Hotelzimmer geschlafen hast?«
»Das hab ich dir doch schon gesagt. Ich habe nicht mit ihr geschlafen.«
»Und ich glaube dir nicht. Oh, vielleicht wolltest du sie nur trösten, sie ein bisschen in den Arm nehmen, ihr sagen, dass jetzt alles in Ordnung sei, aber nach dem, was ich von ihr gehört habe, und nach dem, was ich über Männer weiß, bezweifle ich sehr, dass das alles war.«
»Ich habe sie nicht angefasst.«
»Du hättest ihr ein eigenes Zimmer besorgen sollen.«
»Das wollte ich ja, aber sie ist auf dem Bett eingeschlafen.«
»Ach, erzähl mir doch nichts.«
»Wirklich. Sie war stoned. Genau das ist passiert.«
»Und du? Wo warst du? Ich erinnere mich an die Zimmer. Sie sind nicht sehr groß.«
»Im Sessel am Fenster. Ich habe eine Zeit lang Musik mit dem Walkman gehört, dann habe ich den Rest der Nacht damit verbracht, ihrem Schnarchen zuzuhören, während ich zu schlafen versucht habe, wenn du es genau wissen willst.«
Annie schwieg. Sie versuchte dahinter zu kommen, ob er die Wahrheit sagte oder nicht. Sie vermutete, dass er es tat, aber sie war entschlossen, ihn nicht so leicht vom Haken zu lassen. Wie sehr es Annie auch verletzte oder ärgerte - ob Banks mit Emily Riddle geschlafen hatte, war nicht die eigentliche Frage, sagte sie sich. Er konnte schlafen, mit wem er verdammt noch mal wollte, selbst wenn es ein sechzehnjähriges Mädchen war. Annie hatte keine Macht über ihn. Es kam nur darauf an, dass er ihr wichtige Informationen vorenthalten hatte, wie schon zuvor während dieser Ermittlung, und es fiel ihr immer schwerer, ihm zu vertrauen.
»Ich muss schon sagen«, fuhr Banks fort, »du hast ganz schön Nerven, mir vorzuwerfen, dass ich die Sache vermassele.«
Annie versteifte sich. »Was soll das heißen?«
»Was ist mit dir? Findest du wirklich, dass du dich in letzter Zeit voll eingesetzt hast?«
Annie zuckte bei dem Vorwurf zusammen. »Ich hatte ein paar Probleme. Mehr nicht. Ich hab's dir gesagt. Persönliche Probleme.«
»Ein paar Probleme? Nennst du das so, wenn du dich davonschleichst, um mit Inspector Dalton zu schlafen, kaum dass ich dir den Rücken zugekehrt habe ? Glaub doch nicht, dass ich es nicht bemerkt hätte. Ich bin nicht blöd.«
Annie schoss hoch und versetzte ihm eine Ohrfeige. Sie sah, dass es ihm wehtat. Sein Kopf ruckte zurück, die Wange rötete sich. Wütende Tränen standen ihr in den Augen.
»Tut mir Leid«, sagte er. »Ich wollte es nicht so schroff klingen lassen. Aber du musst zugeben, dass du dich ziemlich offensichtlich verhalten hast. Was glaubst du, wie ich mich gefühlt habe?«
Annie spürte, wie das Blut durch ihre Adern rauschte und das Herz gegen die Rippen schlug, sogar lauter und schneller als bei dem Beinahe-Zusammenstoß mit dem Auto vorhin. Sie schwieg, stundenlang, wie es ihr vorkam, atmete langsam und tief durch, versuchte sich zu beruhigen und die Panik und Wut loszuwerden, die sie zu überwältigen drohten. Als sie endlich sprach, war ihre Stimme zu einem Flüstern herabgesunken. »Du dämlicher Idiot. Zu deiner Information, Inspector Dalton war einer der Männer, die mich vergewaltigt haben. Aber kümmer dich nicht darum. Ich gehe jetzt.« Sie stand auf.
»Großer Gott, Annie! Nein, geh nicht. Bitte geh nicht.« Banks griff nach ihrem Handgelenk. Sie sah auf seine Hand und setzte sich dann wieder. All ihr Kampfeswille war erloschen. Banks goss ihr und sich Wein nach. »Ich weiß nicht, was ich sagen soll. Ich komme mir wirklich wie ein Idiot vor. Warum hast du nichts gesagt?«
»Was denn? Sollte ich in meiner ersten Woche im neuen Job weinend zu meinem Chef gerannt kommen?«
»Du hättest sagen können: >Das ist der Mann, der mich vergewaltigt hat.< Ist er derjenige, der ...«
»Einer der anderen. Aber das heißt nicht, dass er es nicht auch getan hätte, wenn er dazu gekommen wäre. Was mich betrifft, sind sie aüe drei gleichermaßen schuldig.«
»Aber,du hättest es mir sagen können. Du weißt, dass ich
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