Inspector Alan Banks 11 Kalt wie das Grab
Riddle befreite.
Craig hob die Augenbrauen. »Ihr Vater ...?« Dann schien er plötzlich die Entwicklerdose wahrzunehmen, die er immer noch schüttelte. »Mist. Hören Sie, ich muss das hier fertig machen, sonst ist die Arbeit einer ganzen Woche im Eimer. Kommen Sie mit, wenn Sie wollen.«
Banks folgte ihm nach oben, wo Craig ein Zimmer in eine Dunkelkammer verwandelt hatte. Im Moment war keine völlige Dunkelheit erforderlich, daher brannte ein schwaches rotes Licht an der Wand. Mit geübten, sparsamen Bewegungen leerte Craig den Entwickler aus der Dose, goss das Stopbad hinein und schüttelte die Dose wieder eine Weile lang. Danach leerte er sie erneut und füllte sie mit dem Fixierer.
Banks bemerkte verschiedene Fotos von Emily Riddle, die an eine Korkwand gepinnt waren. Keine Nacktfotos, aber professionelle Aufnahmen. Auf manchen trug sie ein trägerloses schwarzes Abendkleid und hatte ihr Haar hochgesteckt. Ein anderes zeigte sie in einer Weste und ausgebeulten Jeans, mit freiem Nabel und der Spinnentätowierung; sie versuchte, wie Kate Moss oder Amber Valletta auszusehen.
»Die sind gut«, sagte er zu Craig.
Craig warf einen Blick darauf. »Sie könnte als Model arbeiten«, sagte er traurig. »Sie ist ein Naturtalent.«
Der scharfe Chemikaliengeruch versetzte Banks nicht in das Leben mit Sandra zurück, die eine begeisterte Amateurfotografin war, sondern in seine Kindheit, wo er mit seinem Onkel Ted gern in die Dunkelkammer auf dem Speicher gegangen war und beim Entwickeln und Vergrößern zugeschaut hatte. Das Vergrößern gefiel ihm am besten - wenn das leere Fotopapier in die Entwicklerschüssel gelegt wurde und man sehen konnte, wie das Bild langsam zum Vorschein kam. Das war wie Magie. Jedes Mal, wenn sie Onkel Ted besuchten, drängelte er ihn, mit in die Dunkelkammer gehen zu dürfen. »Auch dort war ein rotes Licht an der Wand befestigt, fiel ihm ein, gerade hell genug, dass man etwas sehen konnte, und es tauchte den kleinen Raum in ein merkwürdiges Glühen. Aber am besten erinnerte er sich an die scharfen Chemiegerüche und wie die Chemikalien Onkel Teds Fingernägel braun gefärbt hatten, genau wie das Nikotin Banks' Finger verfärbt hatte, als er zu rauchen anfing. Er hatte die Finger mit Bimsstein geschrubbt, damit seine Mutter nichts merkte.
Dann hörten die Besuche bei Onkel Ted abrupt auf, und niemand sagte warum. Erst Jahre später dachte Banks wieder an diese Zeit und bekam es allein heraus. Er erinnerte sich an die Hand seines Onkels auf seinem Po, die ihn vielleicht ein bisschen rieb, oder den Arm, den er ihm in onkelhafter Weise lässig um die Schultern legte. Mehr nicht. Nie mehr als das. Aber es hatte so was wie einen Skandal gegeben, der nichts mit Banks zu tun hatte, sondern mit jemand anderem. Onkel Ted brach plötzlich die Verbindung zum örtlichen Jugendclub ab und fungierte nicht mehr als Führer der Jungsbrigade. Nichts wurde gesagt, die Polizei wurde nicht eingeschaltet, und doch galt Onkel Ted von nun an als Paria in der Gemeinde. So ging man damals mit solchen Dingen in diesen eng miteinander verbundenen Arbeiterschichtgemeinden um. Zweifellos lauerten ein oder zwei Väter eines Nachts Onkel Ted auf und verprügelten ihn, aber Banks hatte nichts davon gehört. Onkel Ted wurde einfach nie mehr erwähnt, und wenn Banks nach ihm fragte oder ihn besuchen wollte, presste seine Mutter die Lippen zu einem scharfen weißen Strich zusammen - eine deutliche Warnung, den Mund zu halten, sonst würde es was setzen. Schließlich sprach auch Banks nicht mehr von ihm und wandte sich den Mädchen zu.
»Okay«, sagte Craig, goss den Fixierer aus und steckte einen Schlauch in die Dose, der an einen Kaltwasserhahn angeschlossen war. »Jetzt haben wir eine halbe Stunde Zeit.«
Banks folgte ihm nach unten, in Gedanken immer noch halbwegs bei Onkel Ted, ging langsam zu Erinnerungen an Sandra über und wie sie sich einmal im roten Dunkelkammerlicht geliebt hatten.
Im Wohnzimmer waren die »Simpsons« von einer Dokumentation über Hollywood abgelöst worden. Craig schaltete den Fernseher aus, und sie setzten sich in dem schmalen Raum einander gegenüber.
Banks griff nach seinen Zigaretten; er hatte schon lange ohne eine auskommen müssen. »Macht es Ihnen was aus, wenn ich rauche?«
»Nein, überhaupt nicht.« Craig reichte ihm einen kleinen Aschenbecher vom Kaminsims. »Ich rauche selbst nicht, aber es stört mich nicht.«
»Zumindest
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