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Inspector Alan Banks 11 Kalt wie das Grab

Titel: Inspector Alan Banks 11 Kalt wie das Grab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Robinson
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gelegentlich sogar die Kriminellen. Es war nach all seinen Jahren als Polizist nicht leicht, diese Einstellung beizubehalten, aber er hatte sich geschworen, kurz nachdem er Dawn Wadleys verstümmelte Leiche in einer Gasse von Soho gefunden hatte, dass er sofort den Dienst quittieren würde, wenn er kein Mitgefühl mehr empfand. Er hatte gemeint, dass seine Versetzung von der Metropolitan Police in die sanfteren Gefilde von Eastvale ihm das Leben leichter machen würde, aber irgendwie schien ihm auch ohne das schiere Ausmaß des menschlichen Elends, das in London sein tägliches Brot gewesen war, jeder Fall mehr zuzusetzen. So ähnlich wie bei Leuten, denen es schwer fällt, auf den Tod Tausender Menschen bei einer fernen Flutkatastrophe oder einem Erdbeben zu reagieren, die aber zusammenbrechen, wenn der nette alte Nachbar überfahren wird.
      »Der Tod jedes Menschen schwächt mich, weil ich mit der Menschheit verbunden bin«, hatte John Donne gesagt, und Banks wusste genau, was Donne meinte.
      Das Seltsame am täglichen Kampf gegen Mörder, Zuhälter, Drogendealer, Straßenräuber und den Rest war, dass man sich davon distanzieren konnte. Zum einen dadurch, dass man einen makaberen Sinn für Humor entwickelte, geschmacklose Witze an Tatorten riss, sich nach einer Obduktion mit den Jungs betrank, und zum anderen, weil man eine Mauer um seine Gefühle errichtete. Aber in Eastvale, wo Banks mehr Zeit hatte, sich auf wichtige Fälle zu konzentrieren - vor allem bei Morden -, war seine Abwehr allmählich ausgehöhlt worden, bis er nur noch ein Bündel bloßliegender Nervenenden war. Jeder Fall fraß ein bisschen mehr an seiner Seele, so schien es ihm zumindest.
      Banks erinnerte sich an einige der Opfer, besonders die jungen - Deborah Harrison, Sally Lumb, Caroline Hartley. Alle diese Opfer waren ihm ans Herz gewachsen. Sogar Gloria Shackleton, lange vor Banks' Geburt ermordet, hatte erst vor ein paar Monaten regelrecht von ihm Besitz ergriffen. Und jetzt Emily Riddle. Es spielte keine Rolle, dass alle sagten, man dürfe sich nicht persönlich in einen Fall hineinziehen lassen, dachte Banks. Man musste sich persönlich hineinziehen lassen; schließlich ging es doch wohl um mehr als nur reine Verbrechensstatistiken.
      »Das Problem ist«, fuhr Burgess fort, »dass wir einfach nicht genug über ihn wissen.«
      »Ist er vorbestraft?«
      Burgess schnaubte. »Wurde '74 wegen Drogenbesitz verhaftet. Halbes Pfund schwarzer Nepalese. Sagte, der sei für den Eigenbedarf. Tja, ich hätte ihm geglaubt - könnte ich selbst in einer Woche leicht aufbrauchen -, aber der Richter nicht. Clough hat achtzehn Monate gekriegt, war nach neun wieder draußen.«
      »Dealt er immer noch?«
      »Nicht dass wir wüssten. Wenn ja, macht er das nicht in großem Stil.« Burgess schob seinen Teller weg. »Zu zäh für meine Zähne«, sagte er. Abgesehen von seinen schiefen und verfärbten Zähnen, bemerkte Banks, schien Burgess in besserer Verfassung zu sein als bei ihrem letzten Treffen. Er hatte sogar etwas abgenommen. Sein graues Haar trug er immer noch zum Pferdeschwanz gebunden, was Banks irritierte, weil er fand, dass Männer mittleren Alters mit Pferdeschwanz wie Wichser aussahen, und Burgess' graue Augen waren so scharf, zynisch und weltverdrossen wie immer.
      Ihr letztes Treffen hatte, wie Banks sich erinnerte, vor über einem Jahr in Amsterdam stattgefunden, als Burgess betrunken in einen Kanal gefallen war. Banks hatte ihm rausgeholfen und ihn mit zurück ins Hotel genommen, und er sah es noch vor sich, wie Burgess eine Spur dreckigen Kanalwassers durch die Hotelhalle hinter sich herzog, mit quatschenden Schuhen und hoch erhobenem Kopf in gerader Linie zu gehen und seine Würde zu bewahren versuchte. Er hatte dieselbe abgeschabte Lederjacke angehabt wie heute.
      »Wie bezahlt er diese riesige Villa?«, fragte Banks.
      »Welche?«
      »Little Venice. Sie meinen, er hat mehr als eine?«
      »Klar. Wir wissen von zwei. Die eine in Little Venice und eine bei Arenys de Mar in Spanien.«
      »Wo kriegt er sein Geld her?«
      »Er ist ein Gangster.«
      »Das hab ich auch gehört. Ich wusste nicht, dass die wieder in Mode sind.«
      »Sind eigentlich nie aus der Mode gekommen. Haben sich nur angepasst, die Namen geändert, sich auf andere Geschäfte vërlegt.«
      »Und was für eine Art Gangster ist Clough?«
      Burgess zündete sich eine seiner kleinen Zigarren an, bevor er antwortete. »Zunächst

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